Die Lage am Abend Emission accomplished?
Die drei Fragezeichen heute:
Klimaneutralität – was bedeutet die neue »Flexibilität« der EU-Kommission?
Tennisprofi Alexander Zverev – was bedeuten seine Aussagen zu mentalen Problemen für seine Karriere?
Bürgermeisterkandidat für New York – was bedeutet der Höhenflug von Zohran Mamdani für die Demokraten?
02.07.2025, 17.40 Uhr
1. Kuhhandel der Kommission
Alle reden über die Hitze, ich schreibe übers Klima. Die Europäische Kommission hat heute beschlossen, die Treibhausgasemissionen in der EU bis 2040 um mindestens 90 Prozent im Vergleich zu 1990 senken zu wollen (hier die Meldung). Klingt erst mal nach einer guten Nachricht, nach Fortschritt, nach Einsicht, dass Extremwetterereignisse wie die aktuellen Rekordtemperaturen auch auf den menschengemachten Klimawandel zurückzuführen sind.

Blockheizkraftwerk in Brandenburg: Verbindliches Ziel bis 2040 fehlte bisher
Foto: Patrick Pleul / dpaDoch die Pläne müssen noch vom Europaparlament und den EU-Staaten ausgehandelt werden. Und da geht es schon los. Wie begeistert zum Beispiel die Bundesregierung von derartigen Vorhaben ist, konnte man gestern in der Sendung »Maischberger« beobachten. Dort schien Bundeskanzler Merz seine Energieministerin Katherina Reiche zu stützen. Sie stellt das festgeschriebene Ziel infrage, schon 2045 klimaneutral zu sein und hält es für vertretbar, es erst 2050 zu erreichen. Das habe »etwas mit der realistischen Einschätzung dessen zu tun, was wir tatsächlich erreichen können«, so Merz in der Talkshow. Kleine Übersetzungshilfe in drei Worten: hat keine Priorität.
Auch sonst ist der Beschluss der EU-Kommission eher Symbolpolitik. Bislang muss die EU ihre Klimaziele durch Treibhausgas-Minderungen auf eigenem Boden erreichen. Nun soll es dem Vorschlag zufolge ab 2036 auch möglich werden, Klimazertifikate aus Nicht-EU-Ländern anzuerkennen. Mit diesen könnten dann Treibhausgasemissionen, die in der EU entstehen, verrechnet werden. Die Kommission verkauft das als »Flexibilität«. Mein Kollege Jonas Schaible schreibt in seinem Leitartikel, wer mehr Flexibilität wolle, müsse die gesamte Statik des europäischen Klimaschutzes ändern. Es stelle sich die Frage: »Will die Regierung womöglich genau das?« (Lesen Sie hier seinen Leitartikel. )
Seit heute deutet einiges darauf hin. Denn für die schwarz-rote Bundesregierung war die Kompensation durch Klimazertifikate eine Voraussetzung für die deutsche Unterstützung des 90-Prozent-Ziels. Mit ihrer Entscheidung »ignoriert die EU-Kommission die Empfehlungen ihrer eigenen Behörde, dem EU-Klimarat«, so SPIEGEL-Wissenschaftsredakteurin Susanne Götze. Ab morgen kann die Kommission auch die Hitze wieder ignorieren, es wird nämlich kälter.
Lesen Sie hier mehr: Die heiklen Hintertürchen des neuen EU-Klimaziels
2. Bruderhiebe
Mischa Zverev hat die aufsehenerregenden Aussagen seines Bruders Alexander über dessen mentale Probleme am Tag nach dem Erstrunden-Aus in Wimbledon heruntergespielt. »Es tut halt immer weh, aber auch das gehört zum Sport und zum Leben dazu. Da muss man durch«, so der 37 Jahre alte Ex-Profi. Sein Bruder, Tennis-Weltranglistendritter, war gleich zum Auftakt in fünf Sätzen am französischen Underdog Arthur Rinderknech gescheitert. Nach dem Match berichtete Zverev, er fühle sich »im Moment im Allgemeinen ziemlich allein im Leben«.
Obwohl die Niederlage sportlich nicht dramatisch war, zeigte sich Zverev bei der Pressekonferenz tief verzweifelt und sprach offen über seine mentale Einsamkeit und die anhaltenden Schwierigkeiten seit den Australian Open. Er finde abseits des Tennis kaum Freude. Seit der Finalniederlage gegen Jannik Sinner in Melbourne hadert er mit seiner Form und seinem Selbstvertrauen, spricht regelmäßig über seine Probleme und die fehlende Motivation.
Zverevs Verhältnis zu seinem Team, insbesondere zu Vater und Bruder, sei angespannt, was die Situation weiter erschwere, schreibt mein Kollege Lukas Rilke vom Sportressort. (Lesen Sie hier seine Analyse. ) Erstmals denke Zverev wohl darüber nach, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.
Mischa Zverev sagte, er nehme seinen Bruder ernst. Um gleichzeitig zu sagen, dass sein Bruder kommende Woche wieder ins Tennistraining einsteige. »Das Team wird am Montag wieder zusammenkommen, dann geht es wieder los«, kündigte Mischa Zverev an, der als TV-Experte arbeitet. Zuvor stünden »ein paar Tage Pause, ein bisschen Golfspielen, ein bisschen ins Meer gehen« an.
Lesen Sie hier die ganze Geschichte: Wenn ein Erstrunden-Aus nicht das Problem ist
3. Big Battle
Nach seinem jetzt bestätigten Sieg bei den Vorwahlen der US-Demokraten für das Bürgermeisteramt in New York City ist der linke Kandidat Zohran Mamdani ins Visier von US-Präsident Donald Trump geraten. Mamdani hatte versprochen, im Falle seiner Wahl zum Bürgermeister in New York am 4. November die von der Trump-Regierung vorangetriebene massenweise Abschiebung von Einwanderern ohne gültige Papiere zu stoppen. Der 33-Jährige wurde in Uganda geboren und kam als Kind mit seinen aus Indien stammenden Eltern in die USA, wo er eingebürgert wurde.
Trump bezeichnete Mamdani als Kommunisten und warnte ihn davor, wie versprochen im Falle seiner Wahl zum Bürgermeister im November gegen die Festnahme illegaler Einwanderer in der Millionenmetropole vorzugehen. »Nun, dann müssen wir ihn verhaften«, sagte Trump.
So weit, so erwartbar. Überraschend ist allerdings, dass Mamdani auch innerhalb der eigenen Partei umstritten ist. Die Demokraten befinden sich seit der Wahlniederlage gegen Donald Trump »in einem quasikomatösen Zustand«, schreibt mein Kollege Jörg Schindler. Ein neues politisches Profil? Fehlanzeige. Wenn man schon selbst kein Profil hat, sollen es auch andere nicht haben, scheint das Motto zu sein. (Lesen Sie hier seine Analyse. )
Mamdani macht Wahlkampf mit Themen wie Mietpreise, Kinderbetreuung, öffentlicher Nahverkehr, gesunde Lebensmittel oder Reichensteuer. In New York City geht es im Herbst nicht nur um die Zukunft der mit Abstand größten US-Metropole, so Jörg – es geht ganz wesentlich auch um die Zukunftsaussichten einer gedemütigten, ratlosen und zerstrittenen Demokratischen Partei.
Lesen Sie hier die ganze Geschichte: Gesucht – ein halblinker Trump
Was heute sonst noch wichtig ist
Sean »Diddy« Combs ist teilweise schuldig: Am dritten Tag sind sich die Geschworenen im Missbrauchsprozess gegen Sean Combs einig geworden: Der Ex-Rapmogul wurde in den schwersten Anklagepunkten freigesprochen. Im Gefängnis könnte er trotzdem landen.
Kartellwächter kritisieren unfaire Preispolitik der Ölkonzerne: Den Verdacht hegen Autofahrer schon lange: Ein steigender Ölpreis wirkt sich sofort an der Tankstelle aus. Andersherum lassen sich die Multis Zeit. Eine Auswertung des Bundeskartellamts liefert jetzt die Bestätigung.
Niederlande verbieten Silvesterböller: In Deutschland wird es seit Jahren diskutiert, der Nachbar ist schon weiter: In den Niederlanden hat sich das Parlament auf ein Böllerverbot geeinigt. Silvesterfans bekommen allerdings noch eine Chance.
Kyjiw bestellt US-Diplomaten wegen Lieferstopps wesentlicher Waffen ein: Amerika stoppt die Lieferung bestimmter Waffensysteme an die Ukraine. Russland freut sich, Kyjiw hingegen zitiert einen US-Botschafter zum Rapport.
Meine Lieblingszeitschrift heute: Das Sommerheft von DEIN SPIEGEL
Im Sommerheft des Kindermagazins DEIN SPIEGEL steht ein toller Text über Daytona Hansen, 24. Sie ist deutsche Meisterin im Teqball und beim FC St. Pauli. Teqball ist ein junger Sport, der in Ungarn erfunden wurde und der eine Kombi aus Fußball und Tischtennis ist.
Es gibt auch einen Text über Anna, 14, deren Eltern sich in den Kopf gesetzt haben, die meisten Achterbahnen gefahren zu sein. In den Ferien reisen sie immer durch andere Länder, um Achterbahn zu fahren. 2060 haben sie schon geschafft.
Was heute weniger wichtig ist

Wir raffen das: Die frühere Bundeskanzlerin Angela Merkel, 70, stellte sich im Innenhof des Schweriner Schlosses den Fragen der RND-Journalistinnen Eva Quadbeck und Kristina Dunz. Die wollten immer wieder wissen, was sie von ihrem Nachfolger Friedrich Merz hält. Merkel wich immer wieder aus, aber meine Kollegin Susanne Beyer kommt zu dem Schluss: »Sie hat in einer anderen Zeit regiert als er. Sie sieht die Dinge anders als er.«
Mini-Hohlspiegel

Aus einem Prospekt der Getränkemarktkette »Hol’ ab«

Als Leser und Leserin unserer Lage am Abend erfahren Sie auch heute wieder beim Wabenrätsel einen Buchstaben vorab. Gesucht wird nach einem anderen Wort für »empfehlenswert«, das mit einem R beginnt. Hier können Sie spielen, viel Spaß!
Cartoon des Tages

Entdecken Sie hier noch mehr Cartoons.
Thomas Plaßmann

Pianist Monty Alexander (2024)
Foto: Bruno Bebert / Bestimage / IMAGOKönnten Sie mal wieder gute Musik hören. Es ist Sommer, Zeit für Bossa Nova. Aber für einen ganz außergewöhnlich schönen, weil langsamen. Vielleicht der Hitze entsprechend. Hören Sie sich doch mal »Bossa Nova do Marilla« des Pianisten Monty Alexander an (hier bei YouTube ). Das Besondere daran: Der Titel wurde im Wohnzimmer des Industriellen Hans-Georg Brunner-Schwer im beschaulichen Villingen-Schwenningen aufgenommen. Der gründete in den Sechzigerjahren das Label MPS (Musikproduktion Schwarzwald) und produzierte über viele Jahre musikalische Perlen wie diese. (Lesen Sie hier mehr.)
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Ihr Janko Tietz, Leiter Nachrichtenressort