Netzer und Linsi liefern keine neuen Erkenntnisse

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Nach der Ankündigung, das Verfahren gegen Theo Zwanziger einzustellen, sitzt nur noch der DFB auf der Anklagebank im Sommermärchen-Prozess um dubiose Millionen-Überweisungen im Vorfeld der WM 2006. Am Mittwoch sagten Urs Linsi und Günter Netzer aus - neue Erkenntnisse gab es nicht.

 Günter Netzer.

Seine Aussage führte nicht zu neuen Erkenntnissen: Günter Netzer. IMAGO/Oliver Langel

Es war einer der letzten Versuche, mit der Zeugenvernehmung des ehemaligen FIFA-Generalsekretärs und des früheren TV-Rechte-Managers Licht in die Hintergründe der Überweisungen in Höhe von 6,7 Millionen Euro im Jahr 2002 an Franz Beckenbauer und der Rückzahlung des Darlehens durch den DFB im Jahr 2005 zu bringen.

Der 75-jährige Linsi und der 80-jährige Netzer reihten sich mit ihren Aussagen in die lange Liste weiterer Zeugen ein, die sich aufgrund der inzwischen vergangenen Zeitspanne und ihres Alters nicht mehr an Details erinnern konnten oder wollten. Netzer widersprach in seiner Aussage per Videoübertragung aus der Schweiz sogar Angaben, die er selbst vor einigen Jahren gegenüber der Staatsanwaltschaft Frankfurt gemacht hatte.

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Als Infront-Manager hatte er vor gut 20 Jahren versucht, für den Miteigentümer des Unternehmens, Robert Louis-Dreyfus, die Rückzahlung eines Darlehens durchzusetzen. Beckenbauer hatte 2002 zehn Millionen Schweizer Franken erhalten, die nach Katar an Mohammed Bin Hammam, von 1996 bis 2011 im FIFA-Exekutivkomitee tätig, geflossen waren.

Ab 2003 telefonierte Netzer mehrfach mit DFB-Generalsekretär Horst R. Schmidt. Auf Bitten von Louis-Dreyfus chauffierte er Schmidt und Theo Zwanziger, die im DFB und im WM-OK Spitzenpositionen bekleideten, vom Flughafen Lugano zum Anwesen des Infront-Mitbesitzers nach Caslano im Tessin.

Ich habe damals in der Garage oder im Garten gewartet

Bei den Gesprächen des Trios selbst will Netzer nicht dabei gewesen zu sein, "ich habe damals in der Garage oder im Garten gewartet". Auch mit einem anderen Mitglied des WM-OKs, Wolfgang Niersbach, habe er nie über das Darlehen gesprochen, trotz der Freundschaft, die beide verbindet.

Nur noch der DFB auf der Anklagebank

Der seit März 2024 laufende Prozess vor dem Landgericht Frankfurt am Main wird am Montag fortgesetzt. Nachdem am Mittwoch der Beschluss fiel, dass auch das Verfahren gegen Zwanziger gegen Zahlung einer Geldauflage eingestellt wird, läuft er nur den gegen den DFB. "Es ist vorbei. Ich bin ein glücklicher Mensch", betonte der ehemalige DFB-Präsident Zwanziger, der nun in Ruhe seinen 80. Geburtstag im Juni feiern will.

"Die geringe Höhe der Geldauflage steht auch im gebotenen Abstand zu den Beträgen in deutlich mehr als doppelter Höhe für Wolfgang Niersbach, in deutlich mehrfacher Höhe für Horst R. Schmidt und in beachtlich vielfacher Höhe für Urs Linsi", meint Zwanziger-Anwalt Hans-Jörg Metz. Niersbach musste 25.000 Euro zahlen, Schmidt 65.000 Euro und Linsi 150.000 Euro.

Spiegel-Bericht brachte Prozess ins Rollen

Nach einer Enthüllung des Nachrichtenmagazins Der Spiegel im Oktober 2015 begannen die Ermittlungen vor fast zehn Jahren. Die Vorsitzende Richterin Eva-Marie Distler erläuterte, warum es überhaupt zu einem langwierigen und kostenintensiven Prozess vor dem Landgericht gekommen ist.

"Aufgrund der konkreten Indizien war es nicht nur richtig, sondern auch die Pflicht, die Ermittlungen aufzunehmen. Dass dies nicht allen gefallen hat, ist verständlich, aber nicht weiter entscheidend. Polizisten, Finanzbeamte, Staatsanwälte, aber auch Richter werden gerade im Umfeld des Fußballs teilweise sehr kritisch gesehen. In vielen Fällen steht der Fußball über allem", bemängelt die Richterin.

Michael Ebert

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