
Die getesteten Nakiri-Messer: Schneiden schön, wenn sie scharf sind
Foto: Peter WagnerIn der traditionellen, von Gemüse geprägten japanischen Küche hat das Nakiri einen festen Platz. Sein Name wird als »Blattschneider« oder »Gemüseschneider« übersetzt und leitet sich davon ab, dass diese Art von Messern in erster Linie verwendet wird, um Obst und Gemüse zu bearbeiten. Mit der dünnen, beidseitig extrem scharf geschliffenen Klinge lässt sich auch großes und hartes Gemüse wie Kohl mühelos in sehr dünne Streifen schneiden, ohne dass an den Schnittkanten allzu viele Zellen zerquetscht werden. Das ist eine Voraussetzung dafür, dass Gemüse, Obst und Kräuter nach dem Schneiden nicht zu schnell oxidieren.
Für die im Westen verbreitete Wiege-Schneidetechnik sind Nakiris weniger gut geeignet, sie spielen ihre Überlegenheit primär bei der fernöstlichen Schiebe- und Stoßtechnik aus. Am besten hält man ein Nakiri mit dem »Pinch-Grip«, also mit Daumen und Zeigefinger an der Klinge, während die übrigen Finger den Griff eher locker umschließen. Das Schnittgut wird von der waagrecht gehaltenen Klinge mit wenig Kraft von hinten nach vorn zerteilt. Dabei fährt das Messer an den Knöcheln der Greifhand entlang. Aufgrund der großen Klingenbreite – bei unseren Testmessern 47–50 Millimeter – besteht dabei kaum Verletzungsgefahr.
Deutsche Hersteller verwenden meist hierzulande gängigen Standard-Messerstahl. In Japan wird die Klinge dagegen oft mit gefalteten Metallschichten, etwa aus der Stahlsorte AUS-10, geschmiedet. Sie kann bei Nakiris glatt sein oder Kullen haben. Handgeschmiedete japanische Damaszener-Klingen erzielen mit einem Hammerschlag-Finish, einer brünierten Klinge, einem Kuroshiage- oder Nashiji-Finish einen Antihaft-Effekt.
Rösle Wolfgrey Nakiri-Messer

Die im Ostallgäu seit Beginn des 20. Jahrhunderts auf die Herstellung von Küchenutensilien spezialisierte Firma Rösle verwendet für die Klinge ihres Nakiris die in Europa gängige Stahlsorte X50CrMoV15, eine Stahllegierung mit Chrom, Molybdän und Vanadium. Das Material ist mit einer mittleren Härte von 56 Rockwell ausreichend gehärtet, um statt auf den bei hiesigen Küchenmessern gängigen 20-Grad-Schleifwinkel auf einen steileren Winkel von ca. 14 Grad geschliffen zu werden. Das ist um einiges schärfer. Messer aus dem hier verwendeten Stahl haben allerdings oft keine besonders gute Schnitthaltigkeit.
Das 31 Zentimeter lange Rösle hat eine für diesen Messertypus ungewöhnlich dicke Klinge sowie einen durch den gesamten Griff gezogenen Erl (Kern). Beides trägt dazu bei, dass es mit 271 Gramm das schwerste der drei Testkandidaten ist. Dabei ist es aber gut ausbalanciert und lässt sich dank des ausgeprägten, kantenfrei und griffbreit ausgeführten Kropfes bequem, sicher und halbwegs ermüdungsfrei einsetzen. Bei verschwitzten oder fettigen Händen ist der durchgenietete Griff aus dem namensgebenden (»Wolfgrey«) mattgrauen Pakkaholz sehr angenehm. Auch deshalb sollte das Rösle per Hand und nicht in der Spülmaschine gereinigt werden.
Das Erste, was nach dem Auspacken dieses Messers auffällt, sind die eher geringe Werksschärfung und die auffällig schmale, steile Fase (das ist der abgeschrägte Teil der Klinge). Den Tomatentest bestand es jedenfalls nicht: Klinge auf eine reife Salattomate legen und ohne Druck, nur mit dem Eigengewicht des Messers nach vorne schieben. Das Gemüse wurde vom Rösle nur minimal angeritzt. Ein sofort einsatzbereites Nakiri wie das Wüsthof (siehe unten) müsste glatt durch die Tomate ziehen.

Der Tomatentest: Mit dem Rösle im Auslieferungszustand nur leicht angeritzt
Foto: Peter WagnerDurch die mittlere Stahlhärte und die mit der Tormek T1 Schleifmaschine exakt einstellbare 14-Grad-Winkelung ließ sich das Rösle aber zügig auf einen für den Nakiri-Verwendungszweck brauchbaren Schärfegrad bringen. Allerdings mussten wir die Wate (die eigentliche Schneide) im täglichen Gebrauch auch häufiger nachziehen als bei den anderen beiden Messern.
Negativ fiel auf, dass die Scheiben von Schneidgut wie Kartoffeln, Ingwerknollen und Topinambur unangenehm adhäsiv und fest an der Klinge anhafteten. Das ist weniger der glatten Ausführung ohne Kullen geschuldet, sondern liegt an dem nicht besonders edlen Finish des Stahls. Schön dagegen: Die Klingenrückseite bildet mit dem Griff eine fast perfekt waagrechte Linie. Mit der stumpfen Messerseite des Wolfgrey kann man das Schnittgut daher gut vom Schneidbrett schieben.
Was ist das? Ein im Vergleich günstiges und robustes Nakirimesser, das bei intensivem Gebrauch oft nachgeschliffen werden muss.
Wer braucht das? Alle, die große Hände haben und nicht jeden Tag kiloweise Gemüse schneiden müssen, dafür aber ein passendes und optisch schönes Messer an die Magnetleiste hängen wollen.
Was kostet das? Ca. 60 Euro.
Produktbesprechungen erfolgen rein redaktionell und unabhängig. Über die sogenannten Affiliate-Links oben erhalten wir beim Kauf in der Regel eine Provision vom Händler. Mehr Informationen dazu hier
Wüsthof Classic Ikon Nakiri

Das Nakiri aus der mehr als 200 Jahre alten Solinger Traditionsschmiede Wüsthof versagt in der Disziplin »Schneidgut mit der stumpfen Seite vom Brett schieben« kläglich. Der ergonomisch geformte Griff ist dafür ungünstig geformt. Beim Schneiden liegt er dafür sehr angenehm in der Hand. Köchinnen und Köchen mit großen Händen könnte dieser Griff allerdings zu schlank sein. Das sind allerdings die einzigen Kritikpunkte an diesem in allen anderen Disziplinen hervorragend abschneidenden Nakiri, das mit nur 205 Gramm auch noch schön leicht ist.
Wüsthof benutzt für das 29,5 Zentimeter lange Messer (Klingenlänge 16,5 Zentimeter) den gleichen X50CrMoV15-Stahl wie Rösle, härtet ihn aber auf stattliche 58 Rockwell. Wohl deshalb traut sich das Unternehmen auch, dieses Messer mit einem bei europäischen Klingen eher seltenen Schleifwinkel von 10 Grad auszuliefern. Direkt nach dem Auspacken war das Classic Ikon das mit Abstand schärfste der drei Testmesser. Die Schneide zog ohne Druck, nur mit ihrem Eigengewicht, durch eine Tomate wie durch ein Stück zimmerwarme Butter.

Tomatentest mit dem Classic Ikon: Wie durch warme Butter
Foto: Peter WagnerWie alle Nakiris ist auch beim Wüsthof das vordere Ende der rechteckigen Schneide leicht abgerundet. An der Spitze weist es sogar eine Fehlschärfe von zwei Millimetern auf, ist dort also bewusst stumpf gehalten. Eine Feinheit, die beim ausgiebigen Gemüseschneiden mit der Schiebetechnik dafür sorgt, dass sich die Spitze nicht verkantet. Da es außerdem kaum grifflastig ist, die Klinge ein hochwertiges Finish hat, sehr dünn und mit 15 kleinen Kullen versehen ist, lässt sich damit lange ermüdungsfrei arbeiten. Selbst stärkehaltiges Schneidgut haftete nicht am Messer an.
Wüsthof liefert das Classic Ikon mit einer deutlich sichtbaren, nicht zu steilen Fase aus, sodass sich die feine Wate auf der Tormek-Schleifmaschine auf eine fast schon an japanische Supermesser erinnernde Nerd-Schärfe bringen ließ. Die hält es erwartungsgemäß nicht so lange wie seine fernöstlichen Topbrüder mit Rockwell-Härten jenseits der 60. Wir mussten es dennoch trotz intensiven täglichen Gebrauchs höchstens einmal pro Woche kurz nachziehen.
Was ist das? Das teuerste Nakiri im Test, das allerdings seine Schärfe lange behält und ausgesprochen angenehm zu bedienen ist.
Wer braucht das? Menschen mit normal großen Händen, die sich einmal im Leben ein richtig gutes Gemüsemesser gönnen wollen.
Was kostet das? UVP 149, Straßenpreis ca. 129 Euro.

Wenn man das HexClad erst mal auf eine richtig gefährliche Schärfe gebracht hat, ist es ein in allen Disziplinen sehr gutes Nakirimesser. Mit einem Gewicht von 228 Gramm, einer Gesamtlänge von 31,5 Zentimetern und einer 16,5 Zentimeter langen Klinge gehört es ins Mittelfeld. Beim Abstreifen des Schneidguts mit der stumpfen Seite liegt es ebenso perfekt auf dem Brett wie das Rösle. Mit seinem fast runden Griff und einem kleinen, geraden Kropf samt rechtwinkligem Klingenanfang orientiert es sich optisch und beim Handling aber an japanischen Originalen.
Das trifft auch auf das Klingenmaterial zu: Der Kern besteht aus der japanischen Stahlsorte AUS-10, die, wie europäische Sorten, mit Chrom für den Korrosionsschutz sowie Molybdän und Vanadium zur Verbesserung der Festigkeit versehen ist, aber einen deutlich höheren Kohlenstoffanteil hat. Das führt dazu, dass man die Messer meist noch einen Tick schärfer schleifen kann. Beim HexClad geschieht das mit einem Schleifwinkel von 12 Grad an einer recht steilen, kurzen Fase. Der Kern der Klinge wurde mit 67 Lagen des ebenfalls typisch fernöstlichen Damaststahls SUS-430 verschmiedet. Das sieht nicht nur schick und authentisch aus, sondern macht die Klinge insgesamt stabiler und weniger rostanfällig.
Das alles lässt ein Messer erwarten, das unsere Testtomaten durch schieres Auflegen der Schneide mit seinem Eigengewicht zerteilt. Immerhin wird das HexClad laut Werbung mit einer »dreistufigen Honbazuke-Methode« auf Schärfe gebracht. Unser Testexemplar kam trotzdem nahezu stumpf aus seiner schicken mattschwarzen Design-Verkaufsbox, hat die Testtomate nicht einmal angeritzt. Angesichts eines Verkaufspreises jenseits der 100 Euro ist das schade, weckte bei uns aber den Ehrgeiz, mit einer professionellen Schleiflösung das aus der Klinge herauszuholen, was auf dem Papier in ihr steckt.

Tomate mit HexClad-Messer: Ungeschliffen wird das nichts
Foto: Peter WagnerWir bearbeiteten die Schneide daher nach allen Regeln der Kunst mit dem neuen Rollschleifer HORL 3 Pro (ein ausführlicher Test dieses Modells folgt in Kürze). So konnten wir das HexClad mithilfe der beiden superfein gekörnten Whitestone-Schleifscheiben und finalem Abziehen über einen Lederriemen tatsächlich auf Rasiermesserschärfe bringen. Die Wate wurde dabei derart scharf, dass eine aus 20 Zentimeter Höhe auf das Messer fallen gelassene Tomate sauber in zwei Hälften zerlegt wurde. Noch schöner: Die Damaszener-Klinge behielt diese Schärfe dank ihrer extremen Härte von 60 Rockwell tagelang bei. Wir mussten sie nur ab und zu über das Leder ziehen.
Der schön gemusterte Pakka-Holzgriff mit innen verlaufendem, durchgehendem Erl liegt auch in einer feuchten Hand sicher. Zudem ist das Messer gut ausbalanciert, und seine zehn rechteckigen Kullen ermöglichen in Kombination mit dem sehr guten Finish der Klinge ein ermüdungsfreies Arbeiten mit geringer Adhäsion des Schnittguts. Die HexClad-Klinge ist die dünnste der drei Testmesser und kommt den Originalen aus japanischen Meisterschmieden in den Preisklassen jenseits der 200 Euro nahe. Und es darf natürlich nicht in die Spülmaschine.
Was ist das? Ein schickes, dem japanischen Original recht nahekommendes Damaststahl-Nakiri, mit dem man, wenn man es professionell nachgeschärft hat, Berge von Gemüse ermüdungsfrei zuschneiden kann.
Wer braucht das? Alle, die sich an einem auch optisch schönen Messer erfreuen können und wissen, wie man extraharte Klingen wie diese auf Schärfe bringen kann.
Was kostet das? 114 Euro.
HexClad Nakiri Messer, 16,5 cm japanische Damast-Edelstahlklinge, Vollzapfen-Konstruktion, Pakkawood-Griff
Ab 114,00 €
Preisabfragezeitpunkt 31.05.2025 09.27 Uhr Keine Gewähr
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