Nach Trump-Putin-Treffen: Berlin ist vorsichtig optimistisch

vor 10 Stunden 3

Bundeskanzler Friedrich Merz hat am Samstag sein Kabinett über das Treffen des amerikanischen Präsidenten Donald Trump mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin in Alaska informiert. Zuvor hatte Trump die europäischen Partner über den Inhalt des Gesprächs in Kenntnis gesetzt. Das teilte ein Regierungssprecher mit. Was Merz seinen Ministerinnen und Ministern im Detail gesagt hat, teilte der Sprecher nicht mit. Zu hören ist jedoch, dass es immerhin vorsichtigen Optimismus gebe. Zwar hat es in puncto Waffenstillstand oder gar Friedensverhandlungen keine konkreten Fortschritte gegeben, doch es herrscht offenbar Erleichterung darüber, dass Trump und Putin nicht im Alleingang ein Abkommen getroffen haben.

Im ZDF sagte Merz später, dass er Friedensverhandlungen zwischen der Ukraine und Russland auch ohne vorherigen Waffenstillstand für vertretbar halte, auch wenn die Bundesregierung dies vor dem Gespräch gefordert hatte – vorausgesetzt, es komme schnell zu einem Abkommen. „Wenn das gelingt, ist das mehr wert als ein Waffenstillstand, der möglicherweise über Wochen andauert – ohne weitere Fortschritte in den politischen, diplomatischen Bemühungen“, sagte er. Außerdem scheine Russland bereit zu sein, die Verhandlungen entlang der aktuellen Frontlinie und nicht entlang der Verwaltungsgrenzen zu führen, berichtete der Kanzler. Das sei ein „gewaltiger Unterschied“, denn bisher stelle Russland Ansprüche auf Gebiete, die es militärisch gar nicht besetzt habe.Dass Putin keinen einzigen der vorher von den Europäern und Selenskij festgelegten fünf Kernpunkte infrage gestellt, nennt Merz ein „gutes Ergebnis“.

Als zentralen Punkt hat die Bundesregierung ausgemacht, dass es einen Friedensschluss nur geben könne, wenn die Ukraine weitreichende Sicherheitsgarantien erhalte. Das ist auch der Tenor einer Erklärung, die Deutschland und die europäischen Partner am Samstag veröffentlichten. Absender des Schreibens sind neben Merz der französische Präsident Emmanuel Macron, die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni, der britische Premier Keir Starmer, der finnische Präsident Alexander Stubb, der polnische Ministerpräsident Donald Tusk sowie António Costa, Präsident des Europäischen Rates, und Ursula von der Leyen, Präsidentin der Europäischen Kommssion.

Trump und Putin in Alaska

:Szenen einer speziellen Gastfreundschaft

Donald Trump mag zuletzt verärgert über Wladimir Putin gewesen sein, in Alaska bereitet er ihm einen herzlichen Empfang. Die Bilder des Treffens.

Man merkt der Erklärung an, dass die Unterzeichner um jedes Wort gerungen haben; sie ist ein Paradebeispiel für die Sprache der Diplomatie. Es findet sich zum Beispiel dieser Satz: „Die Staats- und Regierungschefs begrüßten die Bemühungen von Präsident Trump, das Töten in der Ukraine zu beenden, den russischen Angriffskrieg zu beenden und einen gerechten und dauerhaften Frieden zu erreichen.“ Klingt nach einer Selbstverständlichkeit. Das Interessante an dem Satz ist jedoch, dass er Trump unterstellt, diese Ziele zu verfolgen. Ob das wirklich so ist, lässt sich in Anbetracht des erratischen Kurses des US-Präsidenten kaum einschätzen. Der Satz der Europäer klingt daher ein bisschen so, als stecke dahinter der Gedanke: Aber wenn er es oft genug hört, glaubt er vielleicht, dass das seine Ziele seien.

Überhaupt lesen sich Teile der Erklärung, als seien sie vor allem mit Blick auf Trump verfasst worden. Es finden sich Sätze wie: „Wie Präsident Trump sagte: Es gibt keinen Deal, bevor es keinen Deal gibt.“ Solche Banalitäten schreibt man eher nicht in solche Kommuniqués, aber man weiß eben, dass der Präsident gerne seinen Namen liest. So heißt es dann im Folgenden auch nicht einfach, es müssten nun weitere Gespräche mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenskij folgen, sondern: Diese müssten folgen, „wie von Präsident Trump vorgesehen“.

Wie könnten die Sicherheitsgarantien der USA für die Ukraine aussehen?

Die inhaltlich spannendste Passage ist die, in der es um Sicherheitsgarantien für die Ukraine geht. Die Europäer begrüßen „die Erklärung von Präsident Trump, dass die USA bereit sind, Sicherheitsgarantien zu geben“. Auf europäischer Seite ist man sich einig, dass solche Garantien nicht nur Worte oder Verträge sein können. Die Frage ist jedoch, wie weitreichende Garantien aussehen könnten? Dass Trump gemeint hat, er könnte gegebenenfalls amerikanische Truppen in der Ukraine stationieren, kann als unwahrscheinlich gelten. Ganz abgesehen davon, dass Wladimir Putin sich kaum auf einen Deal einlassen würde, in dessen Folge Truppen an der russischen Grenze stünden, seien es amerikanische oder europäische.

Die Frage der Sicherheitsgarantien ist daher ebenso vertrackt wie die Frage, ob die Ukraine im Gegenzug für einen Friedensvertrag Gebiete an Russland abtreten müsste. In der europäischen Erklärung vom Samstag heißt es dazu: „Es ist Sache der Ukraine, Entscheidungen über ihr Territorium zu treffen.“ Da das für sich genommen wohl etwas zu realpolitisch klingt, in dem Sinne, dass ein Frieden ohne Gebietsabtretungen kaum möglich sein wird, folgt der Satz: „Internationale Grenzen dürfen nicht mit Gewalt verändert werden.“

Die Erklärung endet mit einem Bekenntnis. Die Ukraine könne auf die „unerschütterliche Solidarität“ der Europäer zählen. Der Verstärker „unerschütterlich“ steht da aus gutem Grund. Es gehe nämlich darum, die „vitalen Sicherheitsinteressen der Ukraine und Europas“ zu schützen. Ein weiterer wichtiger Punkt, denn es geht den Europäern natürlich auch um ihre eigenen Interessen. Sollte die Ukraine an Putin fallen, wäre dessen imperialistischer Hunger vermutlich nicht gestillt. Ein Aspekt, der zum Beispiel den polnischen Ministerpräsidenten Donald Tusk, dessen Land an Russland grenzt, besonders bewegen dürfte.

Die Opposition schwankt zwischen Hoffnung und Resignation

Von den deutschen Oppositionsparteien gab es einige weniger diplomatisch ziselierte Stellungnahmen, was insofern nicht überraschend ist, da diese nicht das Problem haben, unmittelbar mit dem unberechenbaren Trump arbeiten zu müssen. Für die Grünen teilt die Fraktionsvorsitzende Britta Haßelmann mit: „Dieses Treffen war für Putin ein willkommenes Ablenkungsmanöver und zugleich eine Bühne, auf der er sehr berechnend Gesprächsbereitschaft inszenieren konnte.“ Haßelmann betont besonders einen Punkt: „Putin ist der Aggressor. Er kann diesen Krieg sofort beenden. Das müssen wir uns immer wieder vor Augen führen.“ Für die Ukraine habe sich durch das Treffen nichts verbessert. Für eine echte Friedensperspektive sei nichts erreicht. Dann folgt ein Satz, den man ebenso hoffnungsvoll wie resignativ lesen kann: „Wer weiß, was noch kommt.“

Für die Linke äußerte sich deren Sprecherin für internationale Beziehungen, Lea Reisner. „Das Treffen zwischen Trump und Putin war keine Diplomatie, sondern eine Machtdemonstration.“ Europa dürfe dieses „Schauspiel nicht länger hinnehmen“. Deutschland müsse mit den europäischen Partnern eine eigene, völkerrechtsbasierte Friedensinitiative starten. Und: „Wer Putin wirklich unter Druck setzen will, muss China einbeziehen. Ohne Peking bleibt jeder Friedensappell wirkungslos.“ Diesen Punkt macht auch Linken-Parteichef Jan van Aken immer wieder.

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