Migration: Bundesregierung will einfachere Abschiebungen in sichere Herkunftsländer

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Die Bundesregierung will mit einer einfacheren Einstufung von sicheren Herkunftsländern den angekündigten Kurswechsel in der Migrationspolitik vorantreiben. Das schwarz-rote Kabinett beschloss nach Angaben des Bundespresseamts eine entsprechende Formulierungshilfe des Innenministeriums für die Koalitionsfraktionen im Bundestag. Ziel der Maßnahme ist es, Migranten aus den entsprechenden Ländern schneller zurückschicken zu können.

Eine solche Einstufung soll die Bundesregierung durch eine einfache Rechtsverordnung vornehmen können – also ohne Zustimmung des Bundesrats. Denn dort haben Länder mit Regierungsbeteiligung von Grünen und Linken in der Vergangenheit entsprechende Vorhaben blockiert.

Die Asylverfahren von Staatsangehörigen aus sicheren Herkunftsländern werden vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) schneller bearbeitet und entschieden – meist mit dem Ergebnis einer Ablehnung. Im Bundesrat hatte es in der Vergangenheit gegen solche Einstufungen oft Widerstand gegeben, vor allem von Bundesländern mit Grünen-Regierungsbeteiligung. Diese Hürde will die Bundesregierung nun umgehen.

Sichere Herkunftsstaaten sind Staaten, bei denen wegen der allgemeinen politischen Verhältnisse keine politische Verfolgung oder unmenschliche Bestrafung oder Behandlung angenommen wird. Zurzeit sind das die EU-Mitgliedstaaten sowie Albanien, Bosnien und Herzegowina, Georgien, Kosovo, Mazedonien, Montenegro, Moldau, Serbien, Ghana und Senegal. Menschen aus diesen Ländern haben in der Regel keine Aussicht auf Asyl.

»Asylwende vollziehen«

Es gehe darum, die »Asylwende« zu vollziehen, sagte Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU). Von Deutschlands Nachbarstaaten werde dieser Kurswechsel insgesamt positiv aufgenommen.

In der vergangenen Woche hatte das Kabinett bereits die befristete Aussetzung des Familiennachzugs für Flüchtlinge ohne Asylstatus sowie die Beendigung der sogenannten Turbo-Einbürgerung beschlossen. Dobrindt ordnete vor rund einem Monat zudem verschärfte Grenzkontrollen an.

Fokus auf Maghreb-Staaten und Indien

Dobrindt stellte in Aussicht, dass die Bundesregierung einige der Maghreb-Staaten in Nordafrika sowie Indien als weitere sichere Herkunftsländer einstufen würde. Das werde aber erst entschieden, wenn die Regierung grundsätzlich die Möglichkeit per Rechtsverordnung habe. Darüber müsse der Bundestag entscheiden, eine Zustimmung des Bundesrats sei nicht nötig.

Die von Schwarz-Rot geplante Reform soll Asylentscheidungen für Menschen aus diesen Staaten beschleunigen und Abschiebungen abgelehnter Asylbewerber erleichtern. Möglich wird die Einstufung zusätzlicher Länder per Verordnung, weil sie sich nicht auf das im Grundgesetz verankerte Recht auf Asyl für politisch Verfolgte erstrecken soll, das ohnehin nur sehr wenigen Schutzsuchenden zugesprochen wird.

Bei den meisten Asylbewerbern, die in Deutschland einen Schutzstatus erhalten, greift der Flüchtlingsschutz oder der sogenannte subsidiäre Schutz für Menschen, denen im Herkunftsland ernsthafter Schaden droht. Im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD heißt es: »Wir beginnen mit der Einstufung von Algerien, Indien, Marokko und Tunesien.« Eine entsprechende Einstufung weiterer sicherer Herkunftsstaaten solle geprüft werden.

Kein Anwalt mehr vom Staat

Gestrichen werden soll laut Kabinettsbeschluss zudem eine Vorschrift, wonach Menschen, die von Abschiebungshaft oder Ausreisegewahrsam betroffen sind, einen vom Staat bestellten Anwalt bekommen. Diese Verpflichtung war erst in der Zeit der Ampelregierung auf Drängen der Grünen ins Aufenthaltsrecht aufgenommen worden. Sie gilt auch für Asylbewerber, die im sogenannten Dublin-Verfahren in einen anderen EU-Staat überstellt werden sollen und für die eine sogenannte Überstellungshaft angeordnet wurde.

SPD-Parlamentsgeschäftsführer Dirk Wiese verteidigte das Vorgehen der Bundesregierung als richtig. Das »Scheitern an den Grünen« im Bundesrat habe er bisher »bedauert«, sagte er.

Die Grünenpolitikerin Filiz Polat warf der Bundesregierung hingegen vor, »an den Grundpfeilern unseres Rechtsstaatsprinzips« zu rütteln. Die Mitwirkung der Verfassungsorgane bei der Einstufung sicherer Herkunftsländer sei »kein lästiges Verfahren, sondern ein verfassungsrechtliches Gebot«.

Die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl wertete das Vorhaben der Bundesregierung als »verfassungsrechtlich höchst problematisch«. »Schlag auf Schlag will die neue Bundesregierung die Rechte von Geflüchteten weiter abbauen«, erklärte Wiebke Judith, rechtspolitische Sprecherin von Pro Asyl.

Die Reformpläne des Bundeskabinetts bedürfen noch der Zustimmung des Bundestags.

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