Dieser Artikel gehört zum Angebot von SPIEGEL+. Sie können ihn auch ohne Abonnement lesen, weil er Ihnen geschenkt wurde.
Konstantin von Hammerstein
Hauptstadtbüro
Die Familie Merz sitzt schon in der ersten Reihe der Ehrengastribüne. Alexander Dobrindt, der designierte CSU-Innenminister, hat es sich nicht nehmen lassen, Merz-Ehefrau Charlotte persönlich zu ihrem Platz zu führen. Die Stimmung scheint bestens zu sein. Als Erstes macht eine der Töchter ein Selfie von allen. Inzwischen ist auch Friedrich Merz gekommen. Er steht mit etlichen Kollegen aus der Fraktion zusammen, darunter auch der neue Unionsfraktionschef Jens Spahn.
Solveig Grothe
Geschichtsressort
Historisch: Kanzlerwahl überschattet
Manch einer mag heute Morgen zuerst auf die Nachrichten aus den USA geschaut haben, ob es da mal wieder Überraschungen gibt. Denn auch eine Kanzlerwahl ist nicht davor gefeit, von anderen Ereignissen überschattet zu werden. So erging es übrigens Helmut Kohl (CDU) bei seiner Wahl zum ersten gesamtdeutschen Bundeskanzler am 17. Januar 1991. In der Nacht zuvor hatten die USA die »Operation Wüstensturm« gestartet und bombardierten zahlreiche Ziele im Irak. Die Aktion sollte Machthaber Saddam Hussein zum Rückzug aus Kuwait zwingen. Damit begann der zweite Golfkrieg. Direkt nach seiner Vereidigung ging Kohl mit einer Regierungserklärung darauf ein und betonte, der Einsatz geschehe in voller Übereinstimmung mit den Vereinten Nationen und würde von der Bundesregierung mitgetragen.
Charlotte Lüder
Nachrichtenressort
Merz gilt als Mann mit Wirtschaftskompetenz, allerdings hatte er noch nie ein Regierungsamt inne. Ist Fachkenntnis in Sachen Wirtschaft gut für einen Kanzler? Mein Kollege Christian Reiermann hat sich mit dieser Frage beschäftigt und schreibt, was Merz von seinen Vorgängern lernen kann. Lesen Sie hier den ganzen Artikel.
Röhlig, Marc
Hauptstadtbüro
Merz will mit eigens angekarrtem Bier aus dem Sauerland feiern
Der erste Abend wird für den Bald-Kanzler Friedrich Merz eng getaktet: Kabinettsitzung, Fototermin, TV-Auftritt. Doch ab 20 Uhr soll Ruhe einkehren und Merz will seine Regierungsmannschaft zu einem rustikalem Abendessen ins Kanzleramt laden. Das meldet die »Bild«-Zeitung. Dafür habe er extra ein 10-Liter-Fass Bier aus seiner Heimat im Sauerland im Kofferraum seines Wagens mit nach Berlin gebracht.
Marc Röhlig
Hauptstadtbüro
Neue Regierung will zahlreiche Posten streichen
Die künftige Bundesregierung aus Union und SPD meint es ernst mit dem Bürokratieabbau – und will zum Start mehr als zwei Dutzend Sonderbeauftragte streichen. Das geht aus einer der Nachrichtenagentur Reuters am Montagabend vorliegenden Beschlussvorlage für das Kabinett hervor. Viele Funktionen sollen künftig wieder in das jeweils zuständige Ministerium eingegliedert werden oder ganz wegfallen.
Laut der Beschlussvorlage soll es künftig keinen Botschafter für feministische Außenpolitik mehr geben, ebenso keinen Sonderbeauftragten des Auswärtigen Amts für Libyen. Gestrichen wird ferner der Radverkehrsbeauftragte im Verkehrsministerium, dort ebenso Beauftragte für Ladesäuleninfrastruktur. Auch der Beauftragte für Soziale Innovationen im Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt soll wegfallen. Auch weitere Stellen wie die Sonderbevollmächtigte für Migrationsabkommen oder der Sonderbeauftragte für internationale Klimapolitik oder für den Schienenverkehr sollen als eigenen Stellen wegfallen.
»Beauftragte, Sonderbeauftragte und Koordinatorinnen und Koordinatoren werden künftig ausschließlich durch Kabinettbeschluss oder Organisationserlass des Bundeskanzlers bestellt, sofern die betreffende Funktion nicht gesetzlich vorgeschrieben ist«, heißt es in der Kabinettsvorlage.
Charlotte Lüder
Nachrichtenressort
Das sind die Regeln für die Wahl
Wie der Kanzler gewählt wird, ist in Artikel 63 des Grundgesetzes festgelegt. Dort heißt es, dass der Bundeskanzler auf Vorschlag des Bundespräsidenten vom Bundestag ohne Aussprache gewählt wird.
- Notwendig ist die »Stimmen der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages«, die sogenannte Kanzlermehrheit. Das sind im aktuellen Parlament mindestens 316 von 630 Stimmen.
- Wird der Vorgeschlagene nicht gewählt, kann der Bundestag binnen vierzehn Tagen nach dem Wahlgang mit mehr als der Hälfte seiner Mitglieder einen Bundeskanzler wählen.
- Kommt eine Wahl innerhalb dieser Frist nicht zustande, so findet unverzüglich ein neuer Wahlgang statt. Dann ist gewählt, wer die meisten Stimmen erhält. Im Grundgesetz heißt es dazu: »Vereinigt der Gewählte die Stimmen der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages auf sich, so muss der Bundespräsident ihn binnen sieben Tagen nach der Wahl ernennen. Erreicht der Gewählte diese Mehrheit nicht, so hat der Bundespräsident binnen sieben Tagen entweder ihn zu ernennen oder den Bundestag aufzulösen.«
Charlotte Lüder
Nachrichtenressort
Merz rechnet mit Sieg im ersten Wahlgang
CDU-Chef Friedrich Merz rechnet ungeachtet mehrerer Krankheitsfälle unter den Unionsabgeordneten damit, dass er heute im ersten Wahlgang zum Bundeskanzler gewählt wird. Bei der Wahl von Jens Spahn zu seinem Nachfolger als Vorsitzender der CDU/CSU-Fraktion hätten einige Kollegen krankheitsbedingt gefehlt, sagte Merz nach der Sitzung der Unionsfraktion am Montag. »Aber es werden morgen alle an Bord sein. Ausnahmslos alle«, ergänzte der CDU-Vorsitzende gestern.
SPD-Fraktionschef Lars Klingbeil erwartet bei der Wahl die volle Zustimmung seiner Fraktion. »Ich rechne damit, dass wir vollständig sind und ich rechne damit, dass alle mit Ja stimmen«, sagte der designierte Vizekanzler. In der direkt anschließenden Fraktionssitzung war CDU-Chef Merz zu Gast.
Er gehe davon aus, »dass sowohl bei den Sozialdemokraten als auch bei uns erstens alle da sein werden und zweitens auch alle zustimmen werden«, sagte Merz. Die schwarz-rote Koalition verfüge über eine Mehrheit von zwölf Stimmen bei seiner Wahl zum Kanzler. Bei der Wahl von Helmut Kohl zum Regierungschef im Jahr 1994 habe es eine Mehrheit von vier Stimmen gegeben, man habe die Kanzlerwahl damals trotzdem gut bestanden.
»Ich gehe davon aus, dass das auch morgen so der Fall sein wird. Insofern muss ich mich mit Alternativen nicht beschäftigen«, sagte Merz auf die Frage, was er tun werde, wenn die Mehrheit im ersten Wahlgang nicht ausreichend sein sollte.
Paul-Anton Krüger
Hauptstadtbüro
Auf dem kleinen Parteitag der CDU hieß es noch: »Wer Friedrich Merz kennt, weiß, bei Friedrich Merz geht es pünktlich los.« Ganz so strikt scheint das heute in der Unionsfraktion nicht gehandhabt zu werden. Um 8:00 Uhr sollte die Sitzung eigentlich losgehen. Doch auch ein paar Minuten später trudeln noch Nachzügler ein. Hier wie auch beim Koalitionspartner SPD ist ein Zählappell angesetzt, bevor um 9:00 Uhr der 21. Bundestag zu seiner zweiten Sitzung zusammentritt. Auf der Tagesordnung: die Wahl des Bundeskanzlers. Die Fraktionen checken zuvor noch einmal, dass alle Abgeordneten anwesend sind und ob sie, wie geplant, CDU-Chef Friedrich Merz zum zehnten Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland wählen wollen. Die neue Koalition hat im Bundestag nur zwölf Stimmen Mehrheit. Merz zeigte sich am Montagabend aber zuversichtlich, dass er alle Stimmen der Abgeordneten aus den Reihen von CDU, CSU und auch der SPD wird auf sich vereinen können. Er hatte den Genossen noch einen kurzen Besuch in deren Fraktionssitzung abgestattet und versucht, letzte Vorbehalte auszuräumen.
Charlotte Lüder
Nachrichtenressort
Das ist der Zeitplan
Um 9 Uhr soll die Bundestagssitzung beginnen. Auf der Agenda steht direkt die Kanzlerwahl.
- Für 10.20 Uhr ist eine Sitzungsunterbrechung vorgesehen, Merz soll im Anschluss seine Ernennungsurkunde von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Schloss Bellevue erhalten
- Um 12 Uhr soll der neue Kanzler im Bundestag seinen Amtseid ablegen
- Danach wird die Sitzung unterbrochen, Merz soll mit seinem (künftigen) Kabinett wieder ins Schloss Bellevue. Dort bekommen die Ministerinnen und Minister ihre Ernennungsurkunden, es soll eine kurze Rede des Bundespräsidenten geben
- Für 13.30 ist im Bundestag die Vorstellung der neuen Bundesregierung vorgesehen, kurz darauf sollen die neuen Ministerinnen und Minister vereidigt werden
- Das Sitzungsende ist für 13.45 vorgesehen
- Am Nachmittag gegen 15 Uhr möchte der scheidende Kanzler Olaf Scholz (SPD) die Amtsgeschäfte an Merz übergeben
Charlotte Lüder
Nachrichtenressort
Liebe Leserinnen und Leser, herzlich willkommen zu unserem Liveblog zur Kanzlerwahl. Auf den Tag genau ein halbes Jahr nach dem Bruch der Ampelregierung soll die Bildung einer neuen Bundesregierung von CDU, CSU und SPD heute abgeschlossen werden. CDU-Chef Friedrich Merz stellt sich am Morgen im Bundestag für das Amt des Bundeskanzlers zur Wahl. Obwohl das Polster der schwarz-roten Koalition zur erforderlichen »Kanzlermehrheit« von 316 Stimmen mit zwölf Stimmen recht dünn ist, gilt die Wahl als ziemlich sicher.
Aus Berlin und Hamburg halten wir Sie über alle Entwicklungen des heutigen Tages auf dem Laufenden.