Krieg in Gaza: US-Stiftung verteilt Hilfsgüter erstmals außerhalb der Zentren

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 Members of a private US security company, contracted by the Gaza Humanitarian Foundation (GHF), a private US-backed aid group which the UN refuses to work with over neutrality concerns, direct displaced Palestinians as they gather to receive relief supplies at a distribution centre in the central Gaza Strip on June 8, 2025. (Photo by Eyad BABA / AFP) (Photo by EYAD BABA/AFP via Getty Images)
© Eyad Baba/​AFP/​Getty Images

Nach Schüssen an Verteilzentren fahren erstmals wieder Lkw mit Lebensmitteln durch den Gazastreifen. Israels Marine will Thunbergs Boot heute Nacht abfangen. Das Liveblog

Aktualisiert am 8. Juni 2025, 22:41 Uhr

Lennart Jerke

Viele Tote nach israelischen Angriffen im Gazastreifen

Im Laufe des vergangenen Tages sind erneut mehrere Menschen im Gazastreifen von der israelischen Armee getötet worden. Unter Berufung auf Angaben des palästinensischen Gesundheitsministeriums berichtet unter anderem die Zeitung Haaretz von bis zu 106 Toten und knapp 400 Verletzen in den letzten 24 Stunden. Unter ihnen sollen auch mindestens fünf Menschen sein, die bei erneuten Schüssen in der Nähe von Verteilerzentren der Gaza Humanitarian Foundation (GHF) getötet wurden.

Die genaue Anzahl und Orte der Angriffe am Sonntag lässt sich nur schwer rekonstruieren. Die arabische Nachrichtenagentur Al-Jazeera berichtet unter anderem von vier Getöteten bei einem Drohnenangriff in Chan Junis. Dort seien zuvor zudem mehrere Menschen bei einem israelischen Luftangriff getötet worden, darunter zwei, die sich in einem Flüchtlingslager versteckt hätten. 

Lennart Jerke

Israels Armee will Thunbergs Schiff offenbar heute Nacht abfangen

Die israelische Marine bereitet sich laut einem Medienbericht darauf vor, das Freedom Flotilla-Schiff mit Greta Thunberg an Bord heute Nacht vor der Küste des Gazastreifens abzufangen. Die Seestreitkräfte hätten mehrere Szenarios erprobt, um das Schiff an der Landung zu hindern, berichtet die israelische Zeitung Ha'aretz, ohne eine Quelle zu nennen. Demnach soll dabei so wenig mediale Aufmerksamkeit wie möglich erregt werden.

Der israelische Verteidigungsminister Israel Katz hatte zuvor betont, man werde "alles, was nötig ist" tun, um das Schiff den Gazastreifen nicht erreichen zu lassen. Die Aktivistinnen und Aktivisten an Bord des Schiffs kündigten daraufhin an, ihre Mission dennoch fortzusetzen. 

Lennart Jerke

USA und Israel wollen wohl Unifil-Mission im Libanon beenden

Die USA und Israel wollen offenbar das Mandat der UN-Friedenstruppe Unifil im Libanon auslaufen lassen. Das berichtet der arabische Nachrichtensender Al-Jazeera. Demnach wollen die USA ihr Vetorecht im UN-Sicherheitsrat nutzen, um eine Verlängerung des Mandats zu blockieren. Der Plan ist noch nicht offiziell bestätigt.

Die UN-Friedensmission Unifil ist seit Jahrzehnten im Libanon aktiv. Seit Israels Einmarsch in den Südlibanon 1978 war die Truppe regelmäßig im Einsatz, auch während der israelischen Besetzung von 1982 bis 2000 und im israelisch-libenesischen Krieg 2006. In den jüngsten Auseinandersetzungen zwischen der israelischen Armee und der Hisbollah-Miliz gerieten auch immer wieder Unifil-Truppen unter Beschuss. Vor Ort überwachen sie die Einhaltung der Waffenruhe zwischen den beiden Kriegsparteien.

Das Mandat der Unifil läuft am 30. August aus. 

Lennart Jerke

Mehrere Krankenhäuser in Gaza könnten bald abgeschaltet werden

Wichtige Kliniken im Gazastreifen stehen wegen Treibstoffmangels nach Angaben des palästinensischen Gesundheitsministeriums kurz vor der Schließung. Demnach soll das Al-Ahli Krankenhaus in Gaza-Stadt nur noch Treibstoff für die nächsten 24 Stunden haben, die Nasser-Klinik im Süden des Gebiets für zwei Tage, das Al-Shifa Krankenhaus, ebenfalls in Gaza-Stadt, noch für drei Tage.

„Die Abschaltung der Generatoren würde das Leben von Hunderten von Verletzten und kranken Patienten unmittelbar gefährden“, erklärte das Ministerium. Israel habe noch nicht auf eine entsprechende Anfrage reagiert, Treibstoff und wichtige Ersatzteile für die Kliniken in den Gazastreifen zu lassen. Man rufe die internationale Gemeinschaft deshalb dazu auf, Druck auf Israel auszuüben, um die Lieferung zu genehmigen, schrieb das Ministerium.

Christina Felschen

Armee hat offenbar Leiche von Hamas-Führer identifiziert 

Mehrere Wochen nach dem angeblichen Tod von Hamas-Chef Mohammed al-Sinwar hat die israelische Armee nach eigenen Angaben seine Leiche identifiziert. Sie sei in einem Tunnel unter dem europäischen Krankenhaus in Chan Junis im Süden des Gazastreifens gefunden worden, hieß es in einer Mitteilung. Die Armee hatte schon vor einigen Wochen über seinen Tod bei einem Angriff am 13. Mai berichtet, die Hamas hat das aber bisher nicht bestätigt.

Nach Angaben der Armee handelte es sich bei dem Tunnel um eine wichtige Kommandozentrale der Hamas. Dort seien auch Gegenstände von al-Sinwar gefunden sowie weitere Leichen von "Terroristen", unter anderem die eines Hamas-Generals, hieß es in der Meldung. Die Armee zeigte das Versteck heute mehreren Journalisten, darunter war auch ein Fotoreporter der Nachrichtenagentur dpa. Er sagte anschließend, der Tunnel befinde sich in unmittelbarer Nähe zur Klinik sehr tief unter der Erde. Ein Raum sei offenbar als Schlafraum genutzt worden, technische Ausrüstung sei nicht zu sehen gewesen. Er berichtete von starkem Verwesungsgeruch.

Israel hat der Hamas immer wieder vorgeworfen, medizinische Einrichtungen für militärische Zwecke zu missbrauchen. Die Hamas hat das immer dementiert. 

Christina Felschen

Greta Thunberg nimmt trotz Warnung weiter Kurs auf Gazastreifen

Nach Israels Warnung halten die Aktivisten rund um Greta Thunberg an ihrem Plan fest, mit ihrem Segelschiff am Gazastreifen anzulegen und Medikamente zu verteilen

"Wir werden bis zur letzten Minute dranbleiben – bis Israel das Internet und die Netzwerke kappt."

EU-Parlamentsabgeordnete Rima Hassan

Israels Verteidigungsminister Israel Katz hatte die Armee angewiesen, die Ankunft des Segelschiffs im Gazastreifen zu verhindern. Er nannte Thunberg eine "Antisemitin" und ihre Begleiter "Sprachrohr der Hamas-Propaganda".

Auf X schrieb die Gruppe daraufhin, sie rechne "jederzeit" damit, von Israel abgefangen oder angegriffen zu werden. Sie riefen ihre jeweiligen Regierungen auf, sie zu schützen. An Bord der Madleen sind zwölf Aktivisten aus Deutschland, Frankreich, Brasilien, der Türkei, Schweden, Spanien und den Niederlanden. Bisher habe keine Regierung reagiert, sagte die EU-Abgeordnete Rima Hassan der Nachrichtenagentur AFP. Das Ziel der Gruppe sei, die israelische Blockade für Hilfslieferungen "zu durchbrechen" und den andauernden "Völkermord" im Gazastreifen zu kritisieren.

Die humanitäre Lage im Gazastreifen ist seit Monaten katastrophal, nach UN-Einschätzung sind alle dort lebenden Menschen akut von Hunger bedroht

Christina Felschen

US-Stiftung verteilt Hilfsgüter erstmals direkt per LKW 

Die Gaza Humanitarian Foundation hat vor zwei Wochen die Verteilung dringend benötigter Lebensmittel und Medikamente im Gazastreifen übernommen – und nach tödlichen Schüssen an ihren Verteilzentren viel Kritik auf sich gezogen. Jetzt hat sie laut Berichten erstmals auch Lebensmittel außerhalb dieser Zentren an Palästinenser verteilt, mit Lastwagen. Israels Kan-Sender berichtete unter Berufung auf GHF, es seien mit etwa 20 Lastwagen Hilfsgüter verteilt worden, um die bestehenden Verteilungszentren zu entlasten.  

Auch andere israelische Medien berichteten über ein solches "Pilotprojekt" von GHF im Norden der Stadt Rafah, bei dem palästinensische Ortskräfte mitgeholfen hätten. Die Verteilung an den verschiedenen bereits bestehenden Zentren sei ohne Zwischenfälle verlaufen, berichtete das Nachrichtenportal ynet unter Berufung auf die Stiftung. 

Medizinische Kreise im Nasser-Krankenhaus hatten zuvor mitgeteilt, dass erneut mindestens vier Menschen in der Nähe eines solchen Zentrums getötet worden seien. Laut Augenzeugen ereignete sich der Vorfall einen Kilometer vom Verteilungszentrum von Rafah entfernt. Israels Armee sprach von mehreren Verdächtigen, die sich in der Nacht den Truppen genähert hätten – die Soldaten hätten sie erst mündlich gewarnt und dann Warnschüsse abgegeben.

Christina Felschen

Können Israels Schriftsteller diesen Krieg erklären?

An wenigen Orten der Welt ist es so wichtig, was die Autorinnen und Autoren zu sagen oder zu schreiben haben – niemand hat die innere Zerrissenheit des Landes von Anfang an so gut ausgedrückt wie sie. Unser Autor hat einige von ihnen getroffen – in der Hoffnung, dass sie den Krieg erklären können.

Lesen Sie hier den kompletten Text:

Iven Fenker

Israel will Freedom-Flotilla-Schiff den Gazastreifen nicht erreichen lassen

Israel will ein Schiff der Freedom Flotilla mit der Aktivistin Greta Thunberg und anderen Aktivisten am Erreichen des Gazastreifens hindern. Verteidigungsminister Israel Katz sagte, sein Land werde niemandem gestatten, die Seeblockade zu durchbrechen. Die Blockade sei notwendig, um die Hamas am Import von Waffen zu hindern.

Katz nannte Thunberg eine "Antisemitin", ihre Begleiter "Sprachrohr der Hamas-Propaganda" und forderte sie auf, umzukehren. "Dreht um, weil ihr niemals im Gazastreifen ankommen werdet", sagte Katz laut einer Mitteilung seines Büros.

Iven Fenker

Laut palästinensischen Angaben erneut Tote durch Schüsse israelischer Soldaten

In der Nähe eines Verteilungszentrums für humanitäre Hilfe im Gazastreifen soll es nach palästinensischen Angaben erneut Tote durch israelische Schüsse gegeben haben. Mindestens vier Menschen seien unweit eines solchen Zentrums in der Nähe von Rafah getötet worden, teilte medizinisches Personal im Nasser-Krankenhaus mit. Laut Augenzeugen habe sich der Vorfall ungefähr einen Kilometer vom Verteilungszentrum entfernt ereignet.

Der israelischen Armee zufolge hätten sich mehrere Verdächtige im Gebiet der Stadt Rafah den Truppen genähert. Nach der Anweisung, sich zu distanzieren, hätten die Soldaten Warnschüsse abgegeben. Nach Angaben des Militärs wurden die Schüsse in einem Gebiet abgegeben, das derzeit als "aktive Kampfzone" gilt. Der Armee liegen demzufolge Berichte über "verletzte Menschen" vor.

Beide Angaben ließen sich zunächst nicht unabhängig überprüfen.

Iven Fenker

Israel meldet getötetes Hamas-Mitglied in Syrien

Das israelische Militär hat laut eigenen Angaben ein Mitglied der palästinensischen Terrororganisation Hamas in Syrien getötet. Der Angriff hat demnach im südsyrischen Mazraat Beit Jin stattgefunden – wenige Tage, nachdem Israel zum ersten Mal seit fast einem Monat Luftangriffe in dem Land durchgeführt hatte.

Die Hamas äußerte sich bisher nicht zu dem Angriff.

Vera Sprothen

Hilfszentren im Gazastreifen sollen wieder öffnen

Die US-Stiftung Gaza Humanitarian Foundation (GHF) will zwei Verteilzentren für humanitäre Hilfe im Süden des Gazastreifens heute Mittag wieder öffnen. Das teilte die Organisation auf ihrer arabischen Facebook-Seite mit. Am Freitag hatte die GHF vorläufig alle Hilfszentren wegen großen Andrangs geschlossen.

Wegen "direkter Drohungen" der Terrororganisation Hamas blieben die Zentren auch am Samstag zu, teilte die GHF mit. Sie forderte Bewohner auf, sich den Zentren nicht schon vor der Öffnungszeit zu nähern. Sonst werde man möglicherweise nicht in der Lage sein, Lebensmittelpakete zu verteilen, hieß es. 

Vera Sprothen

Tausende Israelis fordern Ende des Kriegs im Gazastreifen

In Tel Aviv haben erneut Tausende Menschen für die Freilassung der von der Terrororganisation Hamas verschleppten Geiseln und für eine Waffenruhe im Gazakrieg demonstriert. Die Tochter einer getöteten Geisel warf der israelischen Regierung bei der Kundgebung vor, den seit 20 Monaten andauernden Krieg in dem abgeriegelten Küstenstreifen auf Kosten der Verschleppten in die Länge zu ziehen, berichtet die Times of Israel. Laut Berichten gingen Sicherheitskräfte am Rande gewaltsam gegen Antikriegsdemonstranten vor. 

Von den 251 bei dem Anschlag auf Israel am 7. Oktober 2023 verschleppten Menschen befinden sich laut israelischen Behörden noch 55 Geiseln im Gazastreifen. Mindestens 31 von ihnen sind demnach tot.  

Marla Noss

Israels Armee tötet Anführer der Mudschahedin-Brigaden im Gazastreifen

Nach Angaben der israelischen Armee ist der Anführer der palästinensischen Mudschahedin-Brigaden, Asad Abu Scharia, im Gazastreifen getötet worden. Zusammen mit dem Inlandsgeheimdienst Schin Bet habe das Militär diesen Spezialeinsatz durchgeführt. Er soll in den letzten Jahren als Chef der verhältnismäßig kleinen Mudschahedin-Brigaden fungiert haben. Unter anderem sei er am 7. Oktober 2023 in den Kibbuz Nir Oz eingedrungen und gehörte zu den Anführern des Massakers der islamistischen Hamas.

Asad Abu Scharia sei zudem direkt an der Entführung der deutschen Staatsbürgerin Schiri Bibas und ihrer beiden Söhne aus Israel in das Küstengebiet sowie an deren Ermordung beteiligt gewesen, teilte das Militär mit.

Marla Noss

Netanjahu bestätigt Bewaffnung von Clans im Gazastreifen

Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat in einem Video mitgeteilt, Israel habe lokale Clans im Gazastreifen "aktiviert“, die die Hamas ablehnen. Damit bestätigte er den Vorwurf vieler Kritiker, Israel liefere Waffen an palästinensische Gegner der Hamas.

In einer Analyse für ZEIT ONLINE schreibt die freie Nahostkorrespondentin Steffi Hentschke, dass durch die Bewaffnung entsprechender Gruppierungen neue Gefahren entstehen könnten. Dabei sei insbesondere die fehlende Kontrolle ein Problem; die israelische Armee habe keine Übersicht über den Umgang mit den gelieferten Waffen. Hinzu komme, dass unklar ist, ob die Hamas durch diese Aktion tatsächlich geschwächt wird – oder ob nicht vielmehr die Gesellschaft im Gazastreifen weiter destabilisiert und die Bevölkerung neuer Gewalt ausgesetzt wird.

Lesen Sie hier die gesamte Analyse:

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