Klimaschutz und Sparen: Einfache Lösung bleibt mit umweltschädlichen Subventionen ungenutzt

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Erst kam das Geld, dann die Regierung. Noch bevor ein fertiger Koalitionsvertrag präsentiert oder eine Ministerriege vorgestellt war, konnten Friedrich Merz, die Union und ihre designierten Partner von der SPD mit einem 100 Milliarden Euro schweren Sondervermögen für den Klimaschutz auftrumpfen. Die Grünen hatten es den künftigen Koalitionären noch in der alten Zusammensetzung des Bundestages abgerungen.

Die Geldspritze war ein wichtiges Signal: Der Klimaschutz wird auch unter der GroKo nicht einfach eingestellt. Im Gegenteil sind vielleicht neben den 100 Milliarden Euro, die in den Klima- und Transformationsfonds fließen, auch andere Investitionen möglich, die zu Ampelzeiten noch an der knappen Haushaltslage und der Schuldenbremse scheiterten.

Und tatsächlich, die Bundesregierung hat ausreichend finanziellen Spielraum, um im Koalitionsvertrag unter anderem den Erhalt des Deutschlandtickets zu versprechen, den Bürgerinnen und Bürgern die Rückzahlung von Einnahmen aus dem CO₂-Preis in Aussicht zu stellen (auch bekannt als Klimageld) und Elektroautos wieder mit Kaufanreizen gezielt zu fördern. Diese Subventionen sind gut investiertes Geld. (Mehr über die klimapolitischen Fort- und Rückschritte im Koalitionsvertrag lesen Sie hier ).

Widersprüchliche finanzielle Anreize

Umso paradoxer mag es wirken, dass dieselbe Bundesregierung an anderer Stelle Subventionen zahlt, die dem Klimaschutz zuwiderlaufen, auch wenn diese teils andere wichtige Zwecke erfüllen. Das Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) kommt in einer aktuellen Untersuchung  zu dem Schluss, dass sich die umweltschädlichen Anreize im Koalitionsvertrag auf jährlich zwischen neun und 15 Milliarden Euro summieren. Schon 2021 hatte das Umweltbundesamt errechnet, dass der Fiskus jährlich rund 65 Milliarden Euro umweltschädlicher Subventionen gewährt, 2023 war diese Summe demnach sogar auf 85 Milliarden angewachsen.

Das Kabinett Merz plant nun, etwa die Luftverkehrsteuer zu senken und damit das klimaschädlichste Verkehrsmittel zusätzlich zu fördern. Laut FÖS entgehen dem Steuerzahler so Einnahmen von etwa 580 Millionen Euro im Jahr. Außerdem will die Bundesregierung die Pendlerpauschale erhöhen, was zu jährlichen Mehrausgaben von 1,3 Milliarden Euro führe. Ein weiteres Beispiel: Die sogenannte Agrardiesel-Rückvergütung soll wieder eingeführt werden, bei der landwirtschaftliche Betriebe beim Einsatz von Kraftstoff entlastet werden. Im vergangenen Jahr hatte der Bundestag noch die schrittweise Abschaffung beschlossen, die Kehrtwende würde laut FÖS im kommenden Jahr 450 Millionen Euro kosten.

Hinzu kommen Kosten für eine geplante Strompreissenkung, neue Gaskraftwerke und Ausnahmen vom Emissionshandel für die Landwirtschaft. In vielen dieser Fälle ließen sich ökologisch sinnvollere Alternativen finden, die trotzdem etwa finanzielle Mehrbelastungen einkommensschwächerer Haushalte vermeiden, Konzepte dafür gibt es. Die Bundesregierung muss sie nur nutzen.

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