Der Rückzug von Thomas E. Herrich zum 30. Juni schafft Platz in der Geschäftsführung von Hertha BSC. Mit Jonas Boldt stocken die Gespräche, der einzige Kandidat ist er nicht. Auch Jochen Sauer steht nach kicker-Informationen auf der Berliner Liste.

Nicht zum ersten Mal ein Thema in Berlin: Bayerns Nachwuchs-Chef Jochen Sauer. picture alliance / Wagner
Am 14. April titelte der kicker: "Kommt der große Knall?" Keine zweieinhalb Wochen später ist klar: Er kam - und das schneller und heftiger, als es manche, die im Epizentrum des Bebens bei Hertha BSC standen und stehen, lange Zeit wahrhaben wollten. Am späten Abend des Ostersonntags trat Andreas "Zecke" Neuendorf als Direktor Akademie und Lizenzspielerbereich zurück, zehn Tage später folgte der nächste Protagonist.
Thomas E. Herrich, der erst im März 2024 seinen Vertrag als Geschäftsführer verlängert hatte, zieht sich zum 30. Juni zurück. "Thomas E. Herrich hat dem Präsidium von Hertha BSC mitgeteilt, dass er seinen laufenden Vertrag als Geschäftsführer zum Ende der Saison 2024/25 vorzeitig beenden möchte", erklärte der Hauptstadtklub in einer am frühen Mittwochnachmittag verkündeten Mitteilung. "Dieser Entscheidung gingen ausführliche und konstruktive Gespräche über die zukünftige strategische Neuausrichtung des Vereins voraus."
Das klang - wie schon im Fall von Neuendorf - harmonischer, als es tatsächlich war. Für Neuendorf wäre spätestens am Saisonende Schluss gewesen, auch Herrich wurde der Abgang nahegelegt. Das Großreinemachen bei Hertha BSC nach einer sportlich enttäuschenden Saison ist im vollen Gange, der seit dem vergangenen Wochenende auch rechnerisch feststehende Klassenerhalt hat die Basis geschaffen für die geplante personelle und strukturelle Zäsur.
Bisher hat Drescher Boldt nicht überzeugt
Herrichs Demission macht den Platz frei für einen neuen Geschäftsführer neben dem im Sommer 2024 vom SC Paderborn geholten Finanzgeschäftsführer Ralf Huschen. Die bisherigen Gespräche von Präsident Fabian Drescher mit Ex-HSV-Sportvorstand Jonas Boldt brachten nicht den von Klubseite erhofften Durchbruch.
Boldt ist dem Vernehmen nach bislang nicht überzeugt vom Berliner Veränderungswillen, der Gremien-Kompetenz und dem Gestaltungsspielraum, der sich ihm bei Hertha bieten würde - zumal angesichts der unverändert schwierigen Finanzlage, der Reduzierung des Lizenzspieler-Budgets und des sich abzeichnenden Abgangs mehrerer Leistungsträger Herthas Rahmenbedingungen im dritten Zweitliga-Jahr eher schwieriger werden.

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29.04.25 - 12:09 Uhr 14:54 Minuten
Ob die Gespräche nur ruhen oder mangels gemeinsamer Schnittmenge bereits beendet sind, darüber gibt es hinter den Kulissen seit Tagen unterschiedliche Aussagen. Fest steht: Neben Boldt beschäftigen sich Herthas Präsidium und Aufsichtsrat mit weiteren Kandidaten.
Dazu gehört Jochen Sauer, der seit 2017 Leiter der Nachwuchsabteilung des FC Bayern München ist und eine lange Berliner Vergangenheit hat. Bei Hertha fungierte der gebürtige Reutlinger zwischen November 2001 und Sommer 2009 als Assistent der Geschäftsführung. Seinem damaligen Chef Dieter Hoeneß folgte er später zum VfL Wolfsburg, ehe es für Sauer via RB Salzburg (2012-2017) zum FC Bayern ging.
Sauers Rückkehr war schon im Winter 2022/23 ein Thema
Sauer war bereits im Winter 2022/23, als der damalige Präsident Kay Bernstein über Wochen die Ende Januar 2023 vollzogene Trennung von Geschäftsführer Fredi Bobic vorbereitete, ein heißer Kandidat bei Hertha.
In jenen Winter-Wochen befassten sich die Hertha-Gremien sehr konkret mit Sauer als neuem starken Mann für die Operative - und dem seinerzeit arbeitslosen Sebastian Hoeneß (seit April 2023 VfB Stuttgart), der als Spieler etliche Jahre für Herthas U 23 aktiv war, als neuem Cheftrainer. Am Ende entschieden sich die Hertha-Bosse für den Verbleib des damaligen Trainers Sandro Schwarz, der schließlich im April 2023 gehen musste, und installierten als Bobic-Erben die Tandemlösung Benjamin Weber/Andreas "Zecke" Neuendorf.
Während Neuendorf Geschichte ist, plant Sportdirektor Weber im Verbund mit Trainer Stefan Leitl und Kaderplaner Timon Pauls weiter mit Hochdruck die Saison 2025/26. Dass auch das Sport-Ressort Zuwachs erhält, ist unverändert ein Thema. Aber Weber soll nach kicker-Informationen über den Sommer hinaus im Amt bleiben. Über allem steht jetzt die Frage, wer die Herrich-Nachfolge antritt - und künftig Herthas starker Mann ist.
Steffen Rohr