Trotz diverser Nackenschläge geht Mainz 05 mit spürbarer Vorfreude in die letzten beiden Spiele. Gelingt nach dem atmosphärischen auch noch mal ein tabellarischer Aufschwung?

Auf sie mit Gebrüll: Der Mainzer Trainer Bo Henriksen lässt vor der Partie in Bochum keine Zweifel an seinem Glauben ans eigene Team. IMAGO/osnapix
Ganz nüchtern betrachtet ließe sich der Eindruck gewinnen, dass Mainz 05 die Zielgerade der Saison auf dem Zahnfleisch entlang kriecht. Seit sieben Spielen sind die Rheinhessen ohne Sieg und in diesem Zeitraum von Platz 3 auf Rang 7 abgerutscht. Zugleich brechen Trainer Bo Henriksen zunehmend tragende Säulen weg. Für Dominik Kohr (Knieblessur) und Moritz Jenz (Nasen-OP) ist die Saison beendet, vor der Auswärtspartie in Bochum stehen zudem dicke Fragezeichen hinter den angeschlagenen Danny da Costa und Robin Zentner. Zu allem Überfluss drückt die am Mittwoch erlittene Trainingsverletzung von Youngster Maxim Dal auf die Stimmung, die sich inzwischen als Kreuzbandriss herausgestellt hat.
Tristesse pur also rund um den Bruchweg? Aus der Nähe besehen erwiese sich das als Trugschluss. Vielmehr scheint, nicht zuletzt infolge des starken 1:1 gegen Frankfurt am vergangenen Sonntag, schon der atmosphärische Turnaround geschafft: Weg von der Enttäuschung, die Chance auf Europa und sogar den historischen Einzug in die Champions League nicht mehr in eigener Hand zu halten.
Hin zum Bewusstsein, eine über alle Erwartungen hinaus erfolgreiche Saison abzuliefern. Und zur Vorfreude auf die beiden letzten Spieltage, die - einen Sieg beim Schlusslicht vorausgesetzt - doch noch ein höchst spannungsgeladenes Saisonfinale in der MEWA-Arena gegen den entthronten Meister Leverkusen bereithalten könnten.
In der großen Perspektive haben wir eine überragende Saison gespielt.
Dieser konstruktive Realismus war bereits unmittelbar nach dem jüngsten Rhein-Main-Derby auf breiter Front zu spüren, bei den Profis wie bei ihrem Publikum. Von Coach Henriksen wurde er im Rahmen der Spieltagspressekonferenz am Donnerstag noch einmal verstärkt: "In der großen Perspektive haben wir eine überragende Saison gespielt. Das erkennen auch unsere Fans an, wir könnten für jedes Spiel 50.000 Karten verkaufen. Darauf müssen wir stolz sein." Zugleich räumt der Däne ein: "Natürlich sind wir enttäuscht, dass wir sieben Mal nicht gewonnen haben, alles andere wäre ja verrückt."
In den Partien beim BVB (1:3), gegen Kiel (1:1) und in Hoffenheim (0:2) sei sein Team "nicht voll dagewesen". Doch mit Blick auf die jüngsten drei Spiele gegen Wolfsburg (2:2), in München (0:3) und gegen die Eintracht sagt Henriksen: "Da haben wir wieder unser Allerbestes gegeben."
"Ich bin sehr, sehr stolz auf diese Mannschaft"
Zehn Mal, behauptet der Fußballlehrer vermutlich leicht übertrieben, habe er sich das Remis gegen Frankfurt bei der Analyse in den vergangenen Tagen angeschaut, und es habe "jedes Mal mehr Spaß" gemacht. Sein Fazit: "Ich bin sehr, sehr stolz auf diese Mannschaft und darauf, Trainer dieser Jungs zu sein." Bedeutender als nackte Statistiken, betont Henriksen, seien schließlich "Leistung und Gefühl. Das ist das Wichtigste für mich und hoffentlich auch für die Spieler." Zumal eine solche Einstellung ganz nebenbei die Wahrscheinlichkeit erhöhen dürfte, ganz am Ende doch noch nach Europa zu spurten...
Thiemo Müller