Fußball-EM 2025: Aitama Bonmati führt Spanien zum Viertelfinalsieg gegen die Schweiz

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Spaniens EM-Viertelfinalsieg über die Schweiz Ein kleines bisschen Magie

Gegen das übermächtige Spanien verschanzen sich die Schweizerinnen im EM-Viertelfinale hinter einem Defensivbollwerk. Ein genialer Moment der Unterschiedsspielerin entscheidet das Spiel schließlich für den Titelfavoriten.

18.07.2025, 23.44 Uhr

Aitama Bonmati war Spaniens überragende Spielerin gegen die Schweiz

Aitama Bonmati war Spaniens überragende Spielerin gegen die Schweiz

Foto: Sebastien Bozon / AFP

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Spielerin des Spiels: Aitana Bonmati stand an der Strafraumgrenze, umgeben von mehreren Schweizerinnen, trotzdem wurde sie angespielt. Mit dem Rücken zum Tor wusste die 1,61 Meter große Spielmacherin früher als der Rest, was als Nächstes passieren würde. An Bonmati vorbei schlüpfte die gerade erst eingewechselte Athenea del Castillo durch Richtung Tor. Ein flüchtiger Schulterblick, ein perfekter Hackenpass – und die Mitspielerin veredelte das Kunststück der quirligen Weltfußballerin, die mit fast jedem Ballkontakt Besonderes vollbringt.

Wenn es gegen Defensivbollwerke aus dem Spiel heraus nicht klappt, greifen viele Teams zur Brechstange: große Kopfballungeheuer, gefüttert mit Flanken. Doch wer benötigt eine Brechstange, der einen Dietrich hat?

Ergebnis: Spanien gewann das Viertelfinale gegen die Schweiz 2:0 (0:0) durch Tore von Athenea (66. Minute) und Clàudia Pina (71.). Zum ersten Mal seit 1997 und erst zum zweiten Mal überhaupt stehen die Spanierinnen im Halbfinale einer Fußball-EM. Gastgeber Schweiz scheidet aus, das Erreichen des Viertelfinals war aber das beste Abschneiden bei einer EM.

Klares Gefälle: Über die Rollen musste nicht diskutiert werden, Spanien ist Weltmeister und Nations-League-Sieger, hat in drei Gruppenspielen 14 (!) Tore erzielt, mit Alexia Putellas und Bonmati die beiden Spielerinnen, an die seit 2021 alle vier Ballon d’Ors gingen – die wohl sicherste Wette auf den EM-Titel. Und die Schweiz? War durch ein Tor in der Nachspielzeit gegen Finnland mit Ach und Krach ins Viertelfinale gestolpert, mit nur einem Sieg in der Vorrunde. Zuletzt trafen die beiden Nationalteams 2023 aufeinander, und das gleich dreimal. Spanien gewann 5:0, 5:1 und 7:1.

Hoffnung oder Verzweiflung? Die Schweizer Trainerin Pia Sundhage gab sich alle Mühe, jeden noch so berechtigten Pessimismus zu ersticken. »Die Worte, die mir in den Sinn kommen, sind: ›Es ist möglich‹«, sagte die Norwegerin vor dem Spiel: »Auch wenn es schwierig wird, ist es möglich. Und solange es möglich ist, versuchen wir es.« Offenbar glaubt Sundhage an Manifestation, denn nur ein paar Sätze später wiederholte sie noch ein weiteres Mal: »Es ist möglich.«

Rausch in Rot: 574.875 – so viele Zuschauer kamen vor drei Jahren zu den EM-Spielen in England, damals ein neuer Gesamtrekord. Diesmal lockte allein die Gruppenphase 461.582 Fans an, und das ohne die Riesenstadien wie in Manchester oder London. Und auch vor dem Viertelfinale war Bern in rot getaucht, vor allem der Schweizer Fanmarsch sorgte für virales Material.

Eine rote Ader von Fußballfans floss durch die Schweizer Hauptstadt

Eine rote Ader von Fußballfans floss durch die Schweizer Hauptstadt

Foto: Priscila Bütler / SPP / Sports Press Photo / IMAGO

Die erste Hälfte: Für die 5-4-1-Schildkrötenformation der Schweizer kommen viele Wörter in Frage. Ängstlich etwa, wenn man es böse meint. Defensiv, wer sachlich bleiben möchte. Oder aber vernünftig, wer die Spanierinnen schon mal hat spielen sehen. Jedenfalls war zwischen dem Fünfer-Abwehrriegel und der Viererkette davor kaum Platz, sodass Spanien aus dem Spiel heraus wenig gelang. Dabei hätte die Schweizer Taktik gleich zu Beginn fast versagt, als eine grobe Grätsche von Nadine Riesen gegen Mariona Caldentey den wohl klarsten Elfmeter der Fußballgeschichte erzeugte. Die Gefoulte vergab aber (9.). Sonst gab es bloß einen Kopfball an den Pfosten von Irene Paredes (43.).

Falsche Vorbilder: Offenbar hatte Caldentey am Vorabend zum Viertelfinale zwischen Schweden und England eingeschaltet. Es endete im besten und bittersten – gleichzeitig aber schlechtesten Elfmeterschießen: Von 14 Versuchen gingen nur fünf rein, einige Fehlschüsse waren geradezu grotesk. Und Caldentey machte es nicht besser, der Ball wäre nicht mal bei einem leeren Tor gesessen, sondern kullerte klar links vorbei.

Die zweite Hälfte: Ein Kopfball von Patri landete am Pfosten, im Gestocher um den abgeprallten Ball entschärfte Schweiz-Torhüterin Livia Peng (61.). Auf der anderen Seite hatte die eingewechselte Alayah Pilgrim die beste Schweizer Chance (63.), worauf Bonmatis brillanter Assist zur spanischen Führung folgte. Das 2:0 verschuldete vor allem die Schweizer Kapitänin Lia Wälti, die sich von Patri gefoult fühlte und deshalb einfach den Zweikampf einstellte. Durch den Ballverlust hatte Pina Platz und schlenzte unhaltbar in den rechten Winkel. Ein hartes Foul von Iman Beney brachte Spanien einen zweiten Elfmeter, der aber ebenfalls kein Tor brachte, weil Putellas halbhoch und mittig schoss und Peng parierte (88.).

Livia Peng bei der Elfmeterparade gegen Alexia Putellas

Livia Peng bei der Elfmeterparade gegen Alexia Putellas

Foto: Denis Balibouse / REUTERS

Achtungserfolg: Für die Eidgenossinnen kann es keine Schmach sein, gegen den Weltmeister rauszufliegen. Immerhin war es nach 2017 und 2022 erst das dritte Mal, dass die Schweiz sich überhaupt für eine EM qualifiziert hatte. Mit dieser Vorgeschichte sogar die Gruppenrunde überstanden zu haben, als Gastgeber eines Turniers mit vollen Stadien und erstklassigen, teils spektakulären Spielen – Grund genug, um sich über eine gelungene Heim-EM zu freuen. Die Zeichen stehen günstig für die Zukunft des Fußballs der Frauen in dem kleinen Alpenland.

So geht’s weiter: Dieses Spanien trifft auf den Sieger des letzten Viertelfinals, das am Samstag zwischen Frankreich und Deutschland ausgefochten wird (21 Uhr, TV: ZDF, Liveticker: SPIEGEL.de). Die DFB-Elf macht ihren Fans große Sorgen: Gegen Schweden gab es ein deftiges 1:4, Bundestrainer Christian Wück steht für seinen Führungsstil in der Kritik – und jetzt kommen auch noch die Französinnen, die in drei Gruppenspielen elfmal getroffen haben. Sollte die fragile deutsche Defensive gegen Frankreich trotzdem für ein Weiterkommen genügen, wartet im Halbfinale ein mindestens genauso harter Brocken.

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