SPD-Chef und Vizekanzler Lars Klingbeil hat klargestellt, dass die Sozialdemokraten an der Juristin Frauke Brosius-Gersdorf für das Richteramt am Bundesverfassungsgericht festhalten. „Die SPD ist sehr klar, wir halten an unserer Kandidatin fest“, sagte Klingbeil am Mittwoch am Rande eines Treffens mit dem französischen Finanzminister Éric Lombard in Berlin. Klingbeil reagierte damit auf öffentlich geäußerte Erwartungen führender Unionspolitiker, den SPD-Personalvorschlag zu ändern.
Klingbeil äußerte sich weiter verärgert über das Vorgehen der CDU/CSU, auf deren Wunsch hin am vergangenen Freitag die Wahl von Brosius-Gersdorf und dann auch die Besetzung von zwei weiteren Richterstellen am Verfassungsgericht abgesagt worden war. Dadurch sei überlagert worden, dass an dem Tag im Bundesrat für das Land wichtige Reformpakete der Regierung beschlossen worden seien, sagte er.
Mit Blick auf Brosius-Gersdorf bekräftigte Klingbeil, diese sei „eine geeignete und professionelle Expertin“. Dies habe auch der Auftritt der Juristin am Dienstagabend in der ZDF-Sendung „Markus Lanz“ noch einmal in beeindruckender Weise gezeigt.
Klingbeil erinnerte auch daran, dass die Union deren Wahl unter Hinweis auf im Raum stehende Vorwürfe wegen ihrer Doktorarbeit abgesetzt habe. „Diese Vorwürfe sind ausgeräumt“, sagte der SPD-Chef dazu weiter. Schließlich habe zuvor der Richterwahlausschuss des Bundestages der Nominierung von Brosius-Gersdorf mit den Stimmen von CDU und CSU mit Zweidrittelmehrheit zugestimmt, betonte Klingbeil zudem.
Als Gründe für den Widerstand hatten Unionsabgeordnete vor allem die angeblich zu liberalen Positionen der Kandidatin beim Abtreibungsrecht und Plagiatsvorwürfe angeführt. Juristen, die im Auftrag von Brosius-Gersdorf ein Kurzgutachten erstellt hatten, konnten allerdings keine Plagiate finden, wie am Mittwoch bekannt wurde.
Die Professorin aus Potsdam hatte am Dienstagabend bei Markus Lanz ihre Positionen erklärt und deutlich gemacht, dass sie der Kritik zum Trotz an ihrer Kandidatur festhalten will. Anders überlegen würde sie es sich nur, wenn dem Bundesverfassungsgericht Schaden drohen würde, sagte sie. Die Vorwürfe hatte sie zuvor bereits als „unzutreffend und unsachlich“ bezeichnet.
Mit ihrem Auftritt bei Markus Lanz überzeugte sie nicht nur Klingbeil, sondern auch andere SPD-Politiker. Die Staatsrechtlerin habe „ihre Positionen sachlich, eindrucksvoll und überzeugend dargelegt“, sagte etwa die SPD-Vizefraktionschefin Wiebke Esdar dem „Spiegel“. Die wissenschaftliche Expertise Brosius-Gersdorfs sei unbestritten, fügte sie hinzu.
Esdar erwartet deshalb nun, dass die Union die Debatte um die Verfassungsrichterkandidatin „auf einem sachlicheren Niveau“ führt. Wer dem Ansehen des Bundesverfassungsgerichts nicht weiter schaden wolle, dürfe nicht weiter „unsachlichen Diffamierungen und Unwahrheiten Widerhall“ geben, befand sie.
Der SPD-Abgeordnete Sebastian Roloff lobte Brosius-Gersdorf ebenfalls für ihren Auftritt. Es spreche für sie, dass sie sich der öffentlichen Debatte stelle, sagte Roloff dem „Spiegel“. Er nannte den Auftritt „sehr souverän“ und urteilte, dass „die oft in böser Absicht aus dem Zusammenhang gerissenen Zitate“ nochmal eingeordnet werden konnten. „Die Union täte gut daran, sich mehr mit den tatsächlichen Aussagen zu befassen, als der bisherige Verlauf vermuten lässt“, riet er dem Koalitionspartner. (AFP, Tsp)