Auch nach dem erneuten Torwartwechsel zurück zu Michael Zetterer bleibt die Defensive von Eintracht Frankfurt eine Baustelle. Gegen den FC Liverpool zeigte die SGE trotz früher Führung erneut zu wenig Gegenwehr. Sportvorstand Markus Krösche wurde nach dem Spiel deutlich.

Enttäuschte Blicke auf der Ehrenrunde: Robin Koch (vorne) und Eintracht Frankfurt unterlagen dem FC Liverpool. picture alliance / HMB Media
Der fulminante Saisonstart ist in Frankfurt längst vergessen. Nach zehn Pflichtspielen - das 5:0 im Pokal gegen Fünftligist Engers ausgenommen - stehen 29 Gegentreffer zu Buche. In den letzten vier Partien gab es drei deutliche Niederlagen und ein Remis.
Dass Eintracht Frankfurt gegen Atletico Madrid (1:5), den FC Bayern (0:3) und auch am Mittwochabend gegen den FC Liverpool (1:5) verlieren kann, steht außer Frage. Doch es stellt sich die Frage nach dem "Wie". Besonders nach der Pause ergab sich Frankfurt über weite Strecken förmlich, kam nicht in die Zweikämpfe und war weit weg von einem möglichen Anschlusstreffer zum 2:3, der die zweifelsfrei für die Königsklasse würdige Stimmung noch einmal aufgeheizt hätte.
Koch: "Müssen anders dagegenhalten"
Ähnlich war es schon gegen den FC Bayern, als die Mannschaft von Dino Toppmöller sich nach dem 0:2 zur Pause quasi nicht mehr wehrte. Dass das Ergebnis diesmal nicht noch höher ausfiel, hatte die Eintracht zum einen dem wieder zur Nummer 1 beförderten Michael Zetterer, der einige Chancen vereitelte, und zum anderen dem Umstand, dass die Gäste nicht mehr mit der letzten Entschlossenheit agierten, zu verdanken.
"Natürlich hat Liverpool extrem viel Wucht, das wussten wir vorher. Aber gerade dann müssen wir anders dagegenhalten", resümierte Kapitän Robin Koch "natürlich gefrustet", nachdem seine Mannschaft fünf zumeist recht simple Treffer gegen die Reds kassiert hatte.
Es fehlt "die nötige Konsequenz"
Wie schon über die gesamte Saison hinweg resultieren die Tore auch am 3. Spieltag der Königsklasse mal aus einfachen individuellen Fehlern, mal aus Standards und mal aus Naivität. Beim ersten Gegentreffer rückte die Eintracht trotz der Führung viel zu hoch auf und ließ sich mit nur einem langen Pass überwinden. Anschließend nickte erst Virgil Van Dijk und fünf Minuten später Ibrahima Konaté jeweils völlig frei infolge einer Ecke ein. Im zweiten Durchgang fielen die Tore nach einem Fehlpass von Fares Chaibi und Nnamdi Collins' unnötigem Kopfball in den Fuß von Federico Chiesa.
"Es geht im Fußball um eine gewisse Zweikampfführung und eine Aggressivität gegen, aber auch mit dem Ball. Da haben wir momentan nicht die nötige Konsequenz. Deshalb kriegen wir so einfache und so viele Gegentore", wurde Markus Krösche nach dem Spiel entsprechend deutlich.
Krösche: "Wir müssen mehr wehtun wollen"
Was offensiv möglich ist, wenn es mal läuft, hat die Eintracht in dieser Saison bereits bewiesen. Doch der Offensivfußball ist eben erst der zweite Schritt, zu dem es aktuell kaum kommt, da Schritt eins, die Basis, völlig vernachlässigt wird.
"Dass wir gut Fußball spielen und jung sind, das kann ich bis zu einem bestimmten Grad gelten lassen. Aber jetzt geht es darum, erwachsen zu werden, als Mannschaft zu wachsen und darum, dass jeder Einzelne Verantwortung übernimmt", stellte der Sport-Vorstand klar. "Wir müssen seriöser werden und auch ein bisschen mehr wehtun wollen. Nur Fußball spielen, das wird nicht funktionieren." Denn in entsprechende Situationen, in denen die spielerische Qualität zum Tragen kommen kann, gelange man nur über die nötige Aggressivität.
Dabei betonte der Sport-Vorstand, dass die Probleme weder mit der Qualität der Mannschaft, noch mit fehlender Führung zu tun haben. Vielmehr gehe es um "Fokussierung" und, was Krösche mehrmals unterstrich, "Verantwortung, die ich als Spieler für meine Mannschaft übernehmen muss."
Wir laufen ein bisschen nebenher, wir halten Abstand.
Bei knapp drei Gegentoren pro Partie im Schnitt spiele mittlerweile natürlich auch der Kopf eine Rolle. "Trotzdem müssen wir sehen, dass wir deutlich mutiger und aggressiver sind." Besonders in der eigenen Hälfte vermisste Krösche den Druck auf den Gegner. So konnte Dominik Szoboszlai beispielsweise vor dem 1:4 problemlos Vorlagengeber Florian Wirtz in Szene setzen. "Wir laufen ein bisschen nebenher, wir halten Abstand. Je höher die Qualität des Gegners ist, desto bessere Lösungen finden sie dann."
Am Samstag, wenn der FC St. Pauli zu Gast ist, wird die Qualität auf der anderen Seite zweifelsohne geringer sein als am Mittwoch. Eine andere Einstellung ist dennoch vonnöten. "St. Pauli kommt genau über diese Aggressivität und Umschaltmomente. Da müssen wir besser werden und eine ganz andere Konsequenz, individuell, aber auch als Mannschaft, an den Tag legen", nahm Krösche die Mannschaft klar in die Pflicht.
Jetzt ist die Herausforderung, selbstbewusst voranzugehen.
Innerhalb des Kaders stimme es jedenfalls trotz der jüngsten Rückschläge "zu 100 Prozent", beteuerte Koch. "Wir dürfen nicht den Fehler machen, uns herunterzuziehen, sondern müssen positiv nach vorn schauen. Wir wissen, dass wir Qualität haben", erklärte der Kapitän. "Jetzt ist die Herausforderung, selbstbewusst voranzugehen."
Und dabei kommt - bei aller Eigenverantwortung - natürlich Toppmöller ins Spiel. Der Trainer wird eine Erklärung dafür finden müssen, warum der Großteil seines Kaders in den vergangenen Wochen der eigenen Form hinterherläuft - und Ansätze, um die Formkurven schnellstmöglich umzubiegen.
Dennis Zaremba

vor 1 Tag
2











English (US) ·