Flutkatastrophe in Texas mit 82 Toten: Medienstreit um die Frage, ob richtig gewarnt wurde

vor 2 Tage 2

Dass in der Flutkatastrophe im texanischen Kerr County zwei der vermissten Mädchen lebend gefunden worden seien, meldete am vergangenen Sonntag unter anderem ein Facebook-Nutzer namens Cord Shiflet, der zu den Ersthelfern in der von der Flut betroffenen Region gehört, in einem Live-Post. Die Nachricht verbreitete sich in Windeseile, die Lokalzeitung „Kerr County Lead“ griff sie – offenbar ohne Überprüfung – auf, ebenso eine örtliche NBC-Station in San Antonio und schließlich die „New York Post“. Die Hoffnung zerstob schnell, die Nachricht war falsch. „Wir alle wollten, dass diese Geschichte wahr ist“, schrieb der Chefredakteur des „Kerr County Lead“, Louis Amestoy, „aber es ist das klassische Beispiel von Falschinformation, die uns in einer Naturkatastrophe alle verzehrt.“

Shiflet entschuldigte sich ebenfalls und erklärte, er habe die Information von Mitarbeitern des texanischen Department of Public Safety erhalten. „Ich kenne ihre Namen und ihre Funktionen nicht“, sagte er, „aber wer könnte eine glaubwürdigere Quelle sein?“ Shiflet, ein Immobilienmakler, berichtet mit Fotos und Videos über die Lage vor Ort und versorgt Freiwillige mit Informationen, wo welche Hilfe gebraucht wird. Am vergangenen Freitag hatte er „auf Bitten anderer“ ein Bild von zwei Mädchen in einem Helikopter und einen eingebetteten Text gepostet, in dem es hieß, fünf Mädchen seien gemeinsam mit dem Chef des berühmten Ferienlagers „Camp Mystic“, Dick Eastland, gerettet worden. Auch das war eine Falschmeldung. Eastland gehört vielmehr zu den 82 Opfern der Überschwemmung.

Nun wird debattiert, ob der Wetterdienst funktionierte

Diskutiert wird nun die Frage, ob die Wetterbehörden in Texas ausreichend besetzt und finanziert sind. Dass beim National Weather Service (NWS) der „New York Times“ zufolge rund 600 von mehr als 4000 Mitarbeitern entlassen wurden, hatte schon zuvor Bedenken ausgelöst. Die Behörden wiesen indes darauf hin, dass sie rechtzeitig vor der Flut gewarnt hätten. Der Nationale Wetterdienst NWS teilte mit, man habe früh genaue Warnungen herausgegeben – die aber bei den Opfern der Überschwemmung am Guadalupe River nicht ankamen.

In den Medien aus Trumps MAGA-Lager herrscht Entrüstung über die Debatte, ob der Wetterdienst noch funktioniert. In einem Tiktok-Post empörte sich die frühere Fox-News-Moderatorin Megyn Kelly über die Frage des ABC-Reporters George Stephanopoulos, ob „maßgebliche Besetzungsengpässe“ in den NWS-Büros der Region im Zusammenhang mit der Katastrophe stünden; auf der Plattform X erregten sich mehrere Nutzer, dass „Demokraten Klimawandel-Lügen verbreiten, während die Leichen junger Mädchen aus den Fluten geborgen werden“, wie ein Nutzer mit Verweis auf eine CNN-Sendung schrieb. Darin fragte die Moderatorin Dana Bash, ob man besser auf durch den Klimawandel verschärfte Unwetter vorbereitet sein müsse. „Den seelenlosen Leichenfledderern in der demokratischen Partei und den Medien zufolge ist Präsident Trump an den Fluten in Texas schuld“, mokierte sich der MAGA-Blog „Victory Girls“.

Einem Bericht der „New York Times“ zufolge verlor der Meteorologe, der Wetterwarnungen im NWS-Büro im etwa 80 Kilometer von dem Überschwemmungsgebiet entfernten San Antonio koordinierte, seinen Job durch die Kürzungen von Elon Musks Abbruchtruppe „DOGE“; weitere Schlüsselpositionen in anderen texanischen NWS-Büros seien unbesetzt. Kürzlich sorgte in den sozialen Netzwerken ein Youtube-Video des Meteorologen John Morales für Aufsehen, in dem er prophezeite, Hurrikanwarnungen würden wegen der Kürzungen künftig weniger präzise sein.

Unabhängige Meteorologen bestätigen indes, dass der NWS in Kerr County angemessene Flutwarnungen abgesetzt habe. „In diesem Fall gibt es nichts, was mit Personalbesetzung oder Finanzierung der Bundesbehörden zu tun hat“, schrieb der texanische Meteorologe Matt Lanza. Der ehemalige NWS-Direktor Louis Uccellini merkte an, dass eine entscheidende Herausforderung die Koordinierung der Bundesbehörden mit den Kräften vor Ort sei. Das, meinte die „New York Times“, könnte durch gestrichene Reisebewilligungen für Behördenmitarbeiter erschwert worden sein. Es sei die Willkür der ­DOGE-Einschnitte, die das Ganze gefährlich mache, sagte John Sokich, früherer Direktor für parlamentarische Belange beim NWS. Künftige Probleme, warnte John Morales auf X, seien unausweichlich.

Gesamten Artikel lesen