
João Neves im Clinch mit Chelseas Marc Cucurella
Foto: Franck Fife / AFPDieser Artikel gehört zum Angebot von SPIEGEL+. Sie können ihn auch ohne Abonnement lesen, weil er Ihnen geschenkt wurde.
Chelsea auf einem Wolkenkratzer: Vor dem großen Finale gab es noch einen Fototermin. Über den Dächern von New York City sollte ein Bild entstehen, um diese riesengroße Fußball-Show in den USA zu bewerben: ein Star von Paris Saint-Germain, einer vom FC Chelsea, dazu die bewegliche Gold-Trophäe der Klub-WM. Eine Hommage an das ikonische Motiv »Lunch atop a skyscraper« von 1932, das elf Stahlarbeiter zeigte, die während der Errichtung des Rockefeller Centers Mittagspause machten. Der Talisman für PSG war schnell gefunden, Ousmane Dembélé gilt schließlich als Favorit für die kommende Ballon d'Or-Wahl. Und Chelsea, dieser Klub, der in der vergangenen Spielzeit nicht einmal in der Champions League vertreten war? Entsandte Spielmacher Cole Palmer. Und wählte damit den perfekten Repräsentanten aus.
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Abkühlung: Ebenjener Palmer zerlegte den haushohen Favoriten aus Paris quasi im Alleingang. Der 23-Jährige, der sich einst bei Pep Guardiolas Manchester City nicht durchsetzen konnte, traf von der Strafraumkante zum 1:0 (23. Minute), wurde kurz darauf von PSG-Alleskönner Vitinha nicht wirklich attackiert und versenkte einen nahezu baugleichen Schuss zum 2:0 flach links unten (30.). Den Assist zum 3:0 ließ er wenig später folgen (43.). Als Jubel bot Palmer jeweils sein Markenzeichen dar, tat so, als würde er frieren. »Cold« Palmer eben, auch bei 28 Grad in New Jersey.
Das Ergebnis: So wurde Paris, französischer Meister, Pokalsieger, Champions-League-Sieger, kalt erwischt. Statt des Quadruples gab es ein 0:3 (0:3) beim Außenseiter aus London, der sich über 40 Millionen US-Dollar Siegesprämie für den Finalgewinn freuen darf.
Bäume sind Schäume: Dabei war im Vorfeld geunkt worden, diese Finale könnte viel zu einseitig werden – nur eben in die andere Richtung. Die Pariser Erfolge der Saison wurden dafür ins Feld geführt, aber auch der ungleich aufgeteilte Turnierbaum auf dem Weg ins Endspiel. Chelsea hatte die brasilianischen Klubs Palmeiras und Fluminense aus dem Weg geräumt, gute Teams zweifelsohne, aber monetär weit schlechter aufgestellt als die europäischen Granden. Luis Enriques Pariser hatten ihrerseits den FC Bayern München eliminiert, Real Madrid im Halbfinale dann gar auf eine Art und Weise versenkt, die man Demütigung nennen darf.
Ballon d'Orange: Apropos kontinentale Eigenheiten: Der Rahmen des Endspiels im MetLife-Stadion war amerikanisch. Sehr amerikanisch. Auf der Tribüne gab sich US-Präsident Donald Trump die Ehre, ging auf Tuchfühlung mit Fifa-Boss Gianni Infantino, mit dem er sich ja traditionell gut versteht. Vor dem Duell der Engländer und Franzosen wurde, na klar, der US-Hymne gelauscht. Dann machte sich einmal mehr Box-Ansager Michael Buffer ready to ramble, der, nicht immer textsicher, der Vorstellung beider Mannschaften seine Stimme lieh. Überspringen wollte der Funke nur bedingt.

Donald Trump und Gianni Infantino verfolgten das Geschehen gemeinsam
Foto: Brendan Smialowski / AFPMucho Gusto: Um noch einmal kurz ins Sportliche zu gehen: Wer wissen wollte, wie diesem scheinbar übermächtigen PSG beizukommen war, konnte sich beim FC Chelsea tatsächlich etwas abschauen. Alle drei Treffer fielen über die rechte Spur. Besonders die ersten beiden Treffer entlarvten, wie offen Paris auf der Seite von Linksverteidiger Nuno Mendes agierte, sobald entweder Außenverteidiger Malo Gusto sich offensiv einschaltete oder ein langer Ball die französische Abwehr im Umschaltmoment aushebelte. Mitunter sah das, was PSG da defensiv anbot, mehr nach dem ersten Testkick in der Vorbereitung aus und weniger nach dem Finale eines großen Turniers.
Ein Super Böwlchen: Wem diese skurrile Partie in der Nachmittagssonne, bei der es um achtstellige Summen ging, aber irgendwie nur bedingt um mehr Prestige als bei einem nationalen Supercup, noch nicht amerikanisiert genug war, der wurde in der Halbzeitpause fündig. Die hielt nämlich eine echte Halbzeitshow bereit. Die Idee dahinter ließ sich sogar irgendwo noch nachvollziehen: Reggaeton-Künstler J Balvin aus Kolumbien, Rapperin Doja Cat aus den USA, der australische Sänger Emmanuel Kelly, Nigerias Afrobeats-Shootingstar Tems und der sehr englische Coldplay-Frontmann Chris Martin, das war schon ein Cast an Interpreten, der diesen Globus ganz gut abbildete. Nur: Auch eine solche Inszenierung wäre wahrscheinlich unter Flutlicht und mit einem Publikum, das sich im Ansatz für das Dargebotene begeistern kann, weit mitreißender geworden.

Ein buntes Spektakel: Die Klub-WM
Foto: Charly Triballeau / AFPHaar, Haar, Haar: Betritt Marc Cucurella ein deutsches Stadion, sind ihm Buhrufe sicher. Der Linksverteidiger des FC Chelsea ist bei Freunden des DFB nach seinem offensichtlichen, aber nicht geahndeten Handspiel im EM-Viertelfinale gegen Deutschland unten durch. Ebenfalls die Schnauze voll vom Spanier mit der langen Haarpracht hatte offenbar PSG-Mittelfeldspieler João Neves. Am Ende einer Halbzeit der lauen Offensivbemühungen riss Neves seinem Gegenspieler entnervt am Haupthaar. Das hatte die Rote Karte zur Folge, denn diesmal hatte sogar der VAR eine Meinung zu einer Cucurella-Szene.
Enrique eskaliert: Nach Abpfiff wurde es dann erneut unschön. Zunächst schienen die PSG-Akteure fair mit dem FC Chelsea abzuklatschen und gratulieren, dann lag Chelsea-Angreifer João Pedro abseits der Kameras am Boden. Blues-Coach Enzo Maresca nahm sich seinen Landsmann Gianluigi Donnarumma zur Seite, doch der Übeltäter war jemand anders: Der Pariser Trainer Enrique hatte dem Stürmer, der das 3:0 für Chelsea erzielt hatte, ins Gesicht gegriffen. Das dürfte noch eine empfindliche Strafe für den Erfolgstrainer nach sich ziehen – und womöglich auch seinen Status als Sympathieträger beschädigen.