Finale der Fußball-EM 2025: England schlägt Spanien im Elfmeterschießen – das passende Finale für dieses Turnier

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Englands EM-Triumph gegen Spanien Das passende Finale für dieses Turnier

Verschossene Elfmeter, ein Comeback und Chloe Kelly als Matchwinnerin: England gewinnt gegen Spanien ein dramatisches Endspiel, das die Facetten dieser EM widerspiegelte. Und setzt so eine kuriose Serie fort.

27.07.2025, 22.17 Uhr

Englands Spielerinnen feiern ihre Titelverteidigung

Englands Spielerinnen feiern ihre Titelverteidigung

Foto: Fabrice Coffrini / AFP

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Ein Best of der EM: Manchmal ist Fußball gleichzeitig überraschend und erwartbar. Manchmal weiß man, was kommt, weil man das alles schon mal gesehen hat, und fühlt sich dann doch überrumpelt. Manchmal ist der Fußball in seiner irrationalen Logik konsequent. So wie bei dieser Europameisterschaft. Es war ein Turnier voller dramatischer Comebacks, verschossener Elfmeter, englischer Resilienz und spanischem Kombinationsspiel. Und das Finale in Basel wurde zu einem Best of dieser EM.

Das Ergebnis: Englands Fußballerinnen verteidigen ihren Titel mit einem 3:1-Sieg gegen Spanien im Elfmeterschießen. Nach 120 Minuten hatte es 1:1 (1:1, 0:1) gestanden. Mariona Caldentey (25. Minute) brachte die Weltmeisterinnen in Führung, Alessia Russo gelang der Ausgleich (57.). Den Spielbericht finden Sie hier, das Minutenprotokoll hier.

Der Weg nach Basel: Mit fünf Siegen und 17 Toren marschierten die Spanierinnen ins Finale. Nur dem DFB-Team gelang es, ihnen gefährlich zu werden. Die Engländerinnen dagegen benötigten die Qualitäten einer Turniermannschaft – also: große Willensstärke und sehr viel Glück –, um es drei Jahre nach ihrem Heim-EM-Triumph erneut ins Finale zu schaffen. In der K.-o.-Phase lagen die »Lionesses« deutlich häufiger zurück als in Führung. Im Viertelfinale benötigten sie ein absurdes Elfmeterschießen zum Weiterkommen, im Halbfinale ein Tor in der Nachspielzeit, gefolgt von einem umstrittenen Strafstoß in der Verlängerung. Dennoch gingen die Engländerinnen selbstbewusst in die Neuauflage des WM-Finals von 2023. Einen Außenseiter gäbe es in diesem Spiel nicht, sagte Kapitänin Leah Williamson.

Hoch gepresst und tief verteidigt: Williamssons Einschätzung entsprechend verzichteten die Engländerinnen zunächst auf Außenseiterfußball und starteten mutig. Früh liefen sie Spanien an und wären fast belohnt worden: Lauren Hemp eroberte einen ungenauen Pass von Torhüterin Cata Coll im Strafraum, scheiterte aber aus spitzem Winkel an der Keeperin (19.). Es war ein temporeiches Endspiel, in dem England das hohe Pressing allerdings mit zunehmender Spieldauer einstellte und stattdessen tiefstehend verteidigte. Eine Taktik, mit der wohl keine Mannschaft so gut zurechtkommt wie die Spanierinnen. Bonmatí dirigierte und wuselte zwischen den Engländerinnen hindurch. Zusammen mit Alexia Putellas, ihrer Vorgängerin als Weltfußballerin, leitete Bonmatí das 1:0 ein, das Mariona Caldentey nach Flanke von Ona Batlle per Kopf erzielte (25.).

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Die Spanierinnen bejubeln das 1:0

Foto: Denis Balibouse / REUTERS

Die Statistik des Spiels: Mit der Führung, 68 Prozent Ballbesitz und den besseren Chancen ging Spanien in die Pause. Für die Engländerinnen war es ein gewohntes Gefühl: In vier von sechs EM-Spielen hatten sie 0:1 hinten gelegen und sich einen Ruf als »Comeback Queens« erarbeitet. Nicht nur deshalb dürften die englischen Fans der zweiten Hälfte hoffnungsfroh entgegengeblickt haben; für die Engländerinnen sprach auch eine kuriose Serie: In den vergangenen 13 Jahren gewann bei Welt- und Europameisterschaften von Männern sowie Frauen stets das Team das Finale, das vor dem Endspiel einen Tag länger pausieren konnte. Einmal wurden die Halbfinals am selben Tag ausgetragen, ansonsten holte in zwölf von 13 Fällen die Mannschaft mit der früheren Halbfinalpartie den Titel. Und das waren bei dieser EM die Engländerinnen.

Die Super-Jokerin: Kurz nach dem Gegentreffer musste Lauren James verletzt vom Feld. Trainerin Wiegman wurde damit schon früh zu einem Wechsel gezwungen, den sie sich sonst für die Schlussphase aufgespart hätte: Chloe Kelly, die im Halbfinale den Siegtreffer erzielt hatte, betrat in der 41. Minute das Feld. Gerade als Spanien drohte, das Spiel nicht nur zu kontrollieren, sondern mit einem zweiten Treffer zu entscheiden, bereitete Kelly den Ausgleich vor. Ihre Flanke senkte sich perfekt zwischen die spanischen Innenverteidigerinnen und auf den Kopf der rückwärtslaufenden Russo (57.).

Die Verlängerung: Kurz vor Ablauf der regulären Spielzeit machte auch Spaniens Trainerin Tomé von ihrem tiefen Kader Gebrauch. Salma Paralluelo, die neben ihrer Fußballkarriere lange Zeit auch als Sprinterin aktiv war, und Vicky López brachten Geschwindigkeit in das spanische Offensivspiel. Bei den Engländerinnen schleppte sich dagegen Lucy Bronze angeschlagen über das Feld. Die beste Chance in der Verlängerung hatten die Spanierinnen, doch Paralluelo bekam kurz vor dem Tor ihren Fuß nicht mehr an eine flache Hereingabe (105.+2). Spanien schien das Elfmeterschießen verhindern zu wollen, während England einem Remis nach 120 Minuten wohl zu jedem Zeitpunkt dieser Verlängerung dankend zugestimmt hätte.

Trainerin Sarina Wiegman (Mitte) feiert mit ihren Spielerinnen

Trainerin Sarina Wiegman (Mitte) feiert mit ihren Spielerinnen

Foto: Denis Balibouse / REUTERS

Das Elfmeterschießen: begann kurios. Beth Mead rutschte weg und berührte dabei den Ball beim Schuss auch mit ihrem Standbein. Der Ball landete im Tor, doch der Versuch wurde wiederholt: Erst im Juni hatte das International Football Association Board eine Regelanpassung vorgenommen, wonach ein solcher Elfmeter wiederholt wird. Mead verschoss ihren zweiten Versuch. Doch sie war damit nicht allein: Englands Kapitänin Williamson scheiterte ebenfalls, die Spanierinnen bekamen nur einen ihrer vier Versuche im Tor unter. Den entscheidenden Elfmeter verwandelte Kelly mit einem wuchtigen Schuss in den linken Winkel.

Lady Wiegman: Seit acht Jahren stand Wiegman in jedem EM- oder WM-Finale. In Basel gewann sie nun ihren dritten EM-Titel, nachdem sie 2017 mit ihrem Heimatland, den Niederlanden, und 2022 mit den Engländerinnen triumphiert hatte. Wie der »Telegraph« vor dem Finale berichtete, soll Wiegman den Ehrentitel »honorary damehood« erhalten. Mittelfeldspielerin Keira Walsh bezeichnete sie als »eine der besten Trainerinnen, für die ich je gespielt habe, wenn es darum geht, allen das Gefühl zu geben, geliebt zu sein«. Die Spielerinnen schätzen auch ihre ruhige Art an der Seitenlinie, von der nach Abpfiff wenig zu sehen war. Sie umarmte ihre Spielerinnen und küsste sie auf die Wange. Auch beim TV-Interview war sie merklich aufgekrazt. »Es war das chaotischste Turnier«, sagte sie und ergänzte, ehe sie wieder in den Feierlichkeiten verschwand: »Fußball ist Chaos.«

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