Fahrbericht Opel Grandland Electric​: Schnell, nicht rasant

vor 19 Stunden 1

Mit dem Grandland ist nun auch der letzte Pkw im Angebot von Opel mit einem batterieelektrischen Antrieb zu haben. Opel lässt den Kunden vorerst die Wahl. Ungewiss ist, wie lange noch. Ab 2028, so der ursprüngliche Plan, wollte die Marke in Europa nur noch Elektroautos anbieten. In einem Interview mit der Automobilwoche zeigt sich Opel-Chef Huettl im September in dieser Frage jedoch flexibel. Was das bedeutet, zeigt der Grandland, der als Mild- und Plug-in-Hybrid sowie als Elektroauto auf den Markt kommt. Wir konnten mit dem batterieelektrischen Modell schon eine Proberunde drehen.

Der Grandland hat mit dem Modellwechsel mächtig zugelegt. Mit 4,65 m ist er rund 20 cm länger als sein Vorgänger. Ähnlich lang sind beispielsweise Skoda Enyaq oder Mercedes GLB. Ein Peugeot 3008, der auf der gleichen technischen Plattform (STLA-Medium) steht, ist etwa 10 cm kürzer. Das Platzangebot ist großzügiger als im alten Grandland, der Kofferraum fasst 550 bis 1645 Liter. Unverändert sehr bequem sind die optionalen Sitze mit dem Logo der "Aktion gesunder Rücken", die gegen Zuzahlung auch mit Lederbezügen, Belüftung und Massage geordert werden können. Lieferbar ist das nur für die teurere von zwei Ausstattungslinien, und mit 3200 Euro ist das wahrlich selbstbewusst kalkuliert.

Opel Grandland Electric Innenraum (3 Bilder)

Das Interieur setzt die Kanten der Karosserie fort. Wozu so ein großer Tunnel nötig ist, erschließt sich nicht. Das Auto würde auch ohne funktionieren, dann aber mehr Freiraum bieten. (Bild:

Opel

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Gelungen erscheint auf der ersten Proberunde auch die Abstimmung von Fahrwerk und Dämpfern, die je nach angewähltem Fahrprogramm aktiv angesteuert werden können und den Fahrer nicht mit zahllosen Wahlmöglichkeiten irritieren, die ohnehin niemand in der Realität nutzt. Auch bei der Dämmung hat Opel nachgelegt, der Grandland ist ein leises Auto.

Problemlos abzulesen ist das kleine Kombiinstrument, das wirklich nur die wichtigsten Informationen liefert. Die Oberfläche des Bildschirms in der Mitte lässt sich wunschgemäß konfigurieren, was immer eine gute Idee ist. Arbeitsgeschwindigkeit und Sprachsteuerung gehören nicht zur Spitzenklasse, was vorrangig natürlich dann auffällig, wenn man direkt umsteigt. Auch die App gehört weiterhin zu den schlechten. Der Anmeldeprozess ist umständlich, die Verbindung zäh – diese Codebasis ist reif für den Ruhestand. Das im Basismodell aufpreispflichtige Navigationssystem ist ohne Zusatzkosten nur in den ersten sechs Monaten online. Danach will Opel dafür 120 Euro im Jahr haben. Android Auto und Apple CarPlay lassen sich immer kabellos einbinden.

Die erste Preisliste des neuen Grandland zeigt, dass Opel nicht alle alten Zöpfe angeschnitten hat. Wer den Plug-in-Hybrid ordert, bekommt weiterhin serienmäßig ein Ladegerät mit 3,7 kW. Gegen eine Zuzahlung von 500 Euro kann die Batterie mit einem Energiegehalt von 17,9 kWh auch mit 7,4 kW geladen werden. Allerdings bleibt das einphasig, an einer 11-kW-Wallbox ändert sich also nichts. In den meisten üblichen Konfigurationen der Garagenausstattung bleibt es mit dem Grandland PHEV bei 3,7 kW. Angesichts dessen, was die Konkurrenz in aktuellen Plug-in-Hybriden in dieser Hinsicht auffährt, ist das schon arg rückständig.

Opel Grandland Electric außen (7 Bilder)

Beim Grandland lässt Opel den Kunden die Wahl zwischen Verbrenner, PHEV oder Elektroantrieb. (Bild:

Opel

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Vielleicht rechnet man bei Opel einfach damit, dass die meisten Kunden ohnehin gleich zu einem der batterieelektrischen Antriebe greifen. Zunächst wird ein 157-kW-Motor mit zwei verschiedenen Batterien angeboten, deren Energiegehalt bei 73 und 82,2 kWh liegt. Geladen werden kann mit bis zu 160 kW. Wir hatten den Peugeot e-3008 im Sommer in der Redaktion und waren von der Ladekurve eher enttäuscht. Nach einem sehr kurzen Hoch ging es rasch abwärts. Stellantis hatte damals angekündigt, eine Vorkonditionierung der Batterie nachzureichen. Der Grandland könnte sie von Anfang an bekommen. Das würde das Laden im Winter beschleunigen. Die Reichweite gibt Opel mit bis zu 523 bzw. 585 km im WLTP an. Wer mehr haben will, kann ab 2025 auf eine Version mit 98 kWh zurückgreifen. Hier dürfte auch die Ladeleistung nochmals etwas höher liegen.

Unterwegs fällt auf, dass der Grandland Electric kraftvoll beschleunigen kann. Der mächtige Punch, den viele E-Autos mitbringen, fehlt ihm aber. Kein Wunder, denn 157 kW und 345 Nm bekommen es schon ohne weitere Zuladung mit 2120 kg zu tun. Für den Alltag ist auch dieses E-SUV weit mehr als nur ausreichend gerüstet, für noch höhere Ansprüche bleibt nur der Wechsel zur Konkurrenz. Mit maximal 170 km/h ist der Grandland so schnell wie der elektrische Astra. Für den Grandland mit der großen Batterie nennt Opel einen Verbrauch von 17,7 bis 18,5 kWh im WLTP.

Der Grandland kostet mit dem 100 kW 1,2-Liter-Hybrid mindestens 36.400 Euro, was für ein Auto dieser Größe inzwischen vergleichsweise fair ist. Der Plug-in-Hybrid wird ab 40.150 Euro angeboten, mit dem E-Antrieb sind wenigstens 46.750 Euro fällig. In der ersten Preisliste wird allerdings darauf hingewiesen, dass diese Version "exklusiv der Erstausstattung des Grandland Electric vorbehalten und nicht frei bestellbar" ist. Der Kunde muss sich allerdings nicht grämen, denn die Version mit 82-kWh-Batterie kostet nur 1000 Euro mehr.

Ärgern dürfte sich so manch ein Kunde auch bei diesem Hersteller über die Paket-Politik. Im Basismodell ist eine Sitzheizung nur im Verbund mit anderen Extras für 1400 Euro zu haben. Auch das induktive Laden von Smartphones ist nur im Paket mit weiteren Dingen für 1100 Euro erhältlich. Matrix-Licht und ein Schiebedach können nur Käufer des Topmodells zusätzlich ordern. Dass es eine Kindersitzbefestigung auf dem Beifahrersitz ebenfalls nur in der teuersten Ausstattungslinie gibt, hat fast schon skurrile Züge.

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(mfz)

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