Donald Trump, US-Präsident:
»Das goldene Zeitalter von Amerika beginnt genau jetzt.«
Donald Trumps Versprechen hätten größer kaum sein können. Genau wie die Warnungen vor seiner erneuten Präsidentschaft.
Joe Biden, ehemaliger US-Präsident:
»Es formt sich eine Oligarchie in Amerika, mit extrem viel Macht und Einfluss, die unsere gesamte Demokratie bedroht.«
Jetzt geht Trumps zweite Zeit im Oval Office auf die 100-Tage-Marke zu. Und es ist viel passiert. Zeit für ein Zwischenfazit.
Was ist diesmal anders?
Roland Nelles, DER SPIEGEL:
»Der größte Unterschied ist, dass Trump jetzt überhaupt keine Leute mehr um sich herum hat, die ihn irgendwie einhegen oder ihm auch mal kritische Widerworte geben. Und das ist genau das Problem: Er lebt eben seine sämtlichen Fantasien aus, seine Vorstellungen und Ideen. Und deshalb erleben wir jetzt auch noch mehr Chaos, noch mehr Durcheinander.«
Besonders gut zeigt sich das bei Trumps Schlingerkurs in der Zollpolitik.
Donald Trump, US-Präsident:
»25 Prozent für Mexiko und Kanada.«
»Wir haben uns bei den Zöllen noch nicht geeinigt.«
»Wechselseitige Zölle für Länder in der ganzen Welt!«
»Ich habe eine 90-tägige Pause angeordnet für alle, die keine Vergeltungszölle verhängt haben.«
Dann ist da Trumps Hang zum Imperialismus. Er hat den Golf von Mexiko umbenannt. Er will, dass Grönland Teil der USA wird, der Panamakanal genauso und sogar Kanada. Und wer für ihn Freund oder Feind ist, scheint sich ständig zu ändern.
Donald Trump, US-Präsident:
»Ein Diktator ohne Wahlen – Selenskyj sollte sich beeilen, bevor er kein Land mehr hat.«
»Habe ich das gesagt? Ich kann nicht glauben, dass ich das gesagt habe.«
»Sie riskieren den dritten Weltkrieg.«
Roland Nelles, DER SPIEGEL:
»Das alles sind Dinge, die im Grunde komplett impulsgesteuert sind, mit denen er seine Trump-Basis, seine Anhänger versucht aufzuheizen und zufriedenzustellen. Aber im Grunde genommen sorgt er damit eigentlich nur dafür, dass die USA immer unbeliebter werden in der Welt und dass es im Grunde kaum noch Freunde, sondern nur noch Gegner gibt.«
Wie reagieren die Wähler?
Dass Trump extrem polarisiert, ist nicht neu. Das hat auch sein zweiter Wahlkampf wieder gezeigt.
Trump-Anhänger:
»Präsident Trump, ich glaube, Sie wurden wirklich von Gott entsandt.«
Trump-Gegnerin:
»Er ist kein Erlöser, er ist der Teufel.«
Und nach der Wahl?
Bei seinen Fans kommt auch Trump 2.0 gut an, seine Personalentscheidungen, sein hartes Durchgreifen gegen Migranten, seine nationalistischen Töne. Wie aber wirkt seine Politik auf diejenigen, deren Stimmen ihn zurück ins Weiße Haus gebracht haben, zum Beispiel auf moderate Republikaner?
Roland Nelles, DER SPIEGEL:
»Ich glaube, es vergrault viele Wählerinnen und Wähler der Mitte, die ihn jetzt gewählt haben, weil die sich von ihm eine Verbesserung der Wirtschaftslage erhofft haben, einen Rückgang der Inflation. Und diese Wähler sind jetzt abgeschreckt, weil eben genau diese Wünsche und Hoffnungen bisher überhaupt nicht in Erfüllung gehen. Im Gegenteil: Es wird eigentlich unter Trump im Augenblick in der Wirtschaft eher schlimmer als besser.«
Lebensmittel- und Lebenshaltungskosten sind weiter sehr hoch. Und: Trumps Zollpolitik hat ein ziemliches Chaos an der Wall Street angerichtet, die Kurse brachen teils katastrophal ein. Der Präsident spielte das herunter, gab praktisch denjenigen die Schuld, die ihre Aktien aus Angst vor weiteren Verlusten abgestoßen hatten.
Donald Trump, US-Präsident:
»Ich glaube, die Leute sind ein bisschen aus der Reihe getanzt. Sie waren etwas aufgeregt, hatten ein bisschen Angst.«
Aber: Gerade schlechte Börsenkurse könnten für Trump und die Republikaner ein ernstes Problem werden, weil viele Amerikanerinnen und Amerikaner ihre Rentengelder an der Wall Street angelegt haben.
Roland Nelles, DER SPIEGEL:
»Und wenn die nun sehen, dass ihre Renten an Wert verlieren, ist das natürlich ein Problem. Und die Republikaner und auch Trump müssen sehr aufpassen, dass nicht bei den Midterms, bei den Kongresswahlen im nächsten Jahr, ihre Partei abgestraft wird von den Wählerinnen und Wählern, weil die Leute eben doch enttäuscht sind über die bisherige Performance der Republikaner.«
Überlebt die Demokratie in den USA?
Und was ist nun dran an all den Warnungen, Trump würde die USA in eine Autokratie verwandeln? Wie sehr hat er die Demokratie schon beschädigt?
Roland Nelles, DER SPIEGEL:
»Es ist noch keine Verfassungskrise, aber es bewegt sich in diese Richtung. Trump testet die Grenzen der präsidialen Macht. Es gibt also sehr, sehr bedenkliche Entwicklungen.«
Nur einige Beispiele: Trumps Regierung ignoriert teilweise Gerichtsurteile. Der Präsident hat Universitäten wie Harvard den Kampf angesagt und versucht, die Freiheit der Lehre einzuschränken. Menschen werden selbst mit offiziellem Visum verhaftet, um abgeschoben zu werden. Selbst US-Amerikaner sollen in das berüchtigte Gefängnis in El Salvador gebracht werden können. Auch die Pressefreiheit attackiert Trump wieder bei jeder Gelegenheit. All das ist typisch für Autokraten. Der wahre Test aber steht noch aus.
Roland Nelles, DER SPIEGEL:
»Die Frage ist halt, was macht er wirklich, wenn es deutlich wird, dass sich die Wählerinnen und Wähler von ihm abwenden und er stecken bleibt mit seinen Projekten – was passiert dann? Und was passiert auch bei der nächsten Präsidentenwahl? Er selbst hat ja schon angedeutet, dass er sich vorstellen könnte, eine dritte Amtszeit zu machen. Also was passiert, wenn ein neuer Präsident gewählt wird und er sich einfach weigern würde, abzutreten?«
Wie standhaft die amerikanische Demokratie wirklich ist, muss sich erst noch zeigen. Deutlicher werden dürfte die Entwicklung bei den Kongresswahlen im Herbst 2026 – und bei allem, was Trump und seine Anhänger aus ihnen machen. Gerade im Fall einer Niederlage.