Bundesregierung: Union und SPD prüfen Strompreis-Rabatt für alle Verbraucher

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Auf die Spitzen von Union und SPD wächst der Druck, kurzfristig weitere Entlastungen bei den Strompreisen zu ermöglichen. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung wird es beim Koalitionsausschuss an diesem Mittwoch im Kanzleramt auch darum gehen, ob die Stromsteuer doch noch für alle Verbraucher auf ein Minimum abgesenkt werden könnte. Im von Lars Klingbeil (SPD) geführten Bundesfinanzministerium wird die Maßnahme auf zusätzlich mehr als fünf Milliarden Euro jährlich beziffert. Zu klären wäre dann aber, „welche teuren Wahlgeschenke der Union“ noch gewollt seien und wann diese kommen sollen, hieß es am Montag.

Denn CSU-Chef Markus Söder fordert einerseits Einsparungen bei den Sozialausgaben und im Gegenzug die baldige nächste Stufe der Mütterrente, mithin auch eine Sozialausgabe. Und er will ebenso die versprochene Senkung der Stromsteuer. „Es kann nicht sein, dass wir beim Bürgergeld Rekordausgaben haben und deswegen andere wichtige Anliegen wie Entlastungen bei der Stromsteuer aufschieben müssen“, sagte Söder der Deutschen Presse-Agentur. Er beharrt ferner auf einer raschen Auszahlung der erweiterten Mütterrente. 2028 sei eindeutig zu spät. Dabei sollen Erziehungszeiten auch für vor 1992 geborene Kinder auf drei Jahre verlängert und entsprechend honoriert werden.

In den Genuss der vollständigen Strompreisentlastung durch die deutliche Absenkung der Stromsteuer sollen bisher zunächst nur das produzierende Gewerbe sowie die Landwirte kommen. Bei der Aufstellung des Haushalts war aus Spargründen auf die im Koalitionsvertrag als Sofortmaßnahme versprochene Entlastung für alle Verbraucher verzichtet worden, mit der die Stromsteuer von heute 2,05 Cent je Kilowattstunde auf das EU-Mindestmaß von 0,1 Cent sinken würde. Es geht hier je nach Haushalt und Verbrauch um drei bis acht Euro im Monat.

In der SPD gibt es Verstimmungen, weil der Verzicht zwischen Kanzler Friedrich Merz (CDU) und Finanzminister Klingbeil besprochen war – aber dann führende Unionspolitiker Klingbeil dafür angriffen. Es wurde die Vermutung geäußert, Merz habe seine Leute nicht alle entsprechend informiert. Die Fraktionsvorsitzenden von CDU und CSU in Bund und Ländern erhöhten mit einem Beschluss nun am Montag zusätzlich den Druck. „Die Vorsitzenden der CDU- und CSU-Fraktionen fordern die zügige Absenkung der Stromsteuer auf das europäische Mindestmaß für alle Unternehmen sowie alle Verbraucherinnen und Verbraucher“, heißt es darin.

Auch in der SPD wird eine Korrektur angemahnt, aber zugleich vor nun diskutierten Einsparungen bei der Wärmepumpen-Förderung gewarnt. „Dies ist eine Frage der Verlässlichkeit“, sagte die energiepolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion, Nina Scheer, der SZ. „Niedrige Strompreise sichern Investitionen, begünstigen etwa den Umstieg auf Wärmepumpen und schaffen damit auch Unabhängigkeit von Erdgas.“ Das sei auch eine Sicherheitsfrage.

Die Sozialkassen bräuchten Zuschüsse in Milliardenhöhe, um die Beiträge zu „stabilisieren“

Ebenfalls strittig ist die Frage, was bei Gesundheit und Pflege passiert. Der Koalitionsvertrag verspricht, die Sozialbeiträge dafür zu „stabilisieren“. Dafür bräuchten die Sozialkassen Steuerzuschüsse in Milliardenhöhe. Mit den Regierungsbeschlüssen steigen die Beiträge zwar etwas langsamer, aber sie steigen weiter. Das belastet Unternehmen und Arbeitnehmer, obwohl Schwarz-Rot zugleich versucht, die Wirtschaft anzuschieben. Gesundheit und Pflege werden laut einer Rechnung der DAK zum Jahreswechsel um 0,4 Prozentpunkte teurer, 2027 noch einmal um 0,5 Prozentpunkte. Um das zu verhindern, bräuchten die Kassen rund 15 Milliarden Euro Steuerzuschuss. Die SPD hat gerade bei ihrem Parteitag versprochen, dass man sich auf Politik für die arbeitende Mitte konzentrieren will, die aber besonders von steigenden Beiträgen getroffen würde.

Beim Bürgergeld ist für den Haushalt 2025 jedoch eigentlich nichts zu holen. Denn das Jahr ist schon halb vorbei, das Geld ist ausgegeben. Wie viele Sozialhilfeempfänger es gibt, hängt ohnehin stark von den Flüchtlingszahlen aus der Ukraine und vor allem von der Konjunktur ab. Und die ist derzeit immer noch schlecht. In den vergangenen Jahren reichten die im Haushalt für das Bürgergeld eingeplanten Summen nie aus.

Das Bürgergeld soll reformiert werden, aber das wird dauern. Realistisch sei das nächste Frühjahr, hat CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann gesagt. Um kurzfristig Ausgaben zu sparen, hatte die FDP in der Ampel gefordert, das Bürgergeld um rund zwei Prozent zu kürzen. Es liegt immer noch etwas höher, als es wegen der Inflation sein müsste. Daher wird der Regelsatz 2026 wohl wieder nicht steigen, erwartet wird eine Nullrunde. Doch selbst eine Kürzung würde kaum Geld sparen. Würde der Regelsatz von aktuell 563 Euro um zehn Euro gekürzt, brächte das im Haushalt 2026 weniger als eine Milliarde Euro. Das Geld für andere Ausgabenwünsche muss der Koalitionsausschuss wohl woanders finden.

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