Bundesregierung: 5G hat Mobilfunk-Strahlenbelastung "nicht wesentlich" verstärkt

vor 1 Tag 2

Mit der Einführung des Mobilfunkstandards 5G wachsen bei einigen Menschen die Sorgen vor einer gesundheitlichen Belastung durch elektromagnetische Felder (EMF). Das geht aus dem elften Bericht über Forschungsergebnisse zu Emissionen des Mobilfunks und gesundheitlichen Auswirkungen hervor, in dem die Bundesregierung Entwarnung gibt: "Bisherige Messungen zeigen, dass sich die Exposition gegenüber EMF seit der Einführung von 5G nicht wesentlich verändert hat."

Die Bundesregierung bleibt damit im Kern bei ihrer Einschätzung aus dem zehnten Bericht zur Mobilfunk-Strahlenbelastung von Anfang 2023. Kritiker werfen der Politik vor, eine ernsthafte Auseinandersetzung darüber zu scheuen und vor allem den Produktschutz der Telekommunikationsindustrie gewährleisten zu wollen. Dagegen verweist die Regierung nun etwa auf einen Messbericht des Landesamts für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen vom August 2023.

Messungen an einem handelsüblichen Smartphone, das in ein operatives Mobilfunknetz eingebucht war, ergaben laut der NRW-Analyse auf eine maximale Sendeleistung hochgerechnete Immissionswerte, die nicht als gesundheitsschädlich eingeschätzt würden.

Zudem erinnert die Bundesregierung erneut daran, dass die UMTS-Netze (3G) bis Ende 2021 hierzulande abgeschaltet worden seien. Die bisher dafür genutzten Frequenzbereiche seien den Mobilfunkbetreibern technologieneutral zugeteilt und dürften so auch durch andere Mobilfunkgenerationen wie 4G, 5G und demnächst 6G genutzt werden. Neben der Wirtschaftlichkeit der Frequenznutzungen werde damit auch eine Reduzierung der steigenden Verdichtung der Frequenzbereiche und die Implementierung energiesparender Generationen gefördert.

Ob der fortdauernde Netzausbau angesichts stets wachsender Datenübertragungsmengen auch per WLAN, Bluetooth & Co. insgesamt zu einer höheren Exposition der Bevölkerung führen werde, "bleibt weiterhin zu beobachten", heißt es in dem Bericht. Ziel sei es, gegebenenfalls "rechtzeitig gegensteuern zu können". Ein substanzieller Teil der sich verändernden Exposition gegenüber hochfrequenten elektromagnetischen Feldern (HF EMF) betreffe den Mobilfunk.

Das Bundesverbraucherschutzministerium und das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) "haben deshalb die Informations- und Dialogangebote verstärkt", betont die Regierung. Sie verweist dabei etwa auf das 2020 in Cottbus eingerichtete Kompetenzzentrum elektromagnetische Felder (Kemf). Zur Klärung noch offener Fragen und zum Abbau wissenschaftlicher Unsicherheiten bezüglich Langzeitwirkung intensiver Mobilfunkgerätenutzung, Wirkungen von Millimeterwellen (unter 20 GHz) oder Exposition durch neue Antennentypen gehe das BfS "dem noch bestehenden Forschungsbedarf weiterhin nach".

Die Bundesregierung verweist auf eine Studie der Constructor University Bremen zu Wirkungen auf Zellen der Körperoberfläche bei Expositionen mit Zenti- und Millimeterwellen im Bereich über 20 GHz. Diese Frequenzen sollten künftig für 5G genutzt werden. Für die Untersuchung seien menschliche Hautzellen bei zwei unterschiedlichen Leistungsflussdichten und bei zwei unterschiedlichen Frequenzen (27 GHz und 41 GHz) exponiert worden. Dabei seien keine Effekte auf Zellprozesse beobachtet worden, "die über stochastische Zufallstreffer hinaus gingen". Belege für negative Effekte in diesem Bereich hätten sich so nicht finden lassen.

Maßgeblich für die Beurteilung möglicher gesundheitlicher Auswirkungen von HF-EMF ist dem Bericht zufolge nach dem derzeitigen wissenschaftlichen Kenntnisstand weiterhin die Gewebeerwärmung. Erst wenn sich durch die Einwirkung von HF-EMF die Körper- oder Gewebetemperatur deutlich erhöht habe, "konnten in wissenschaftlichen Untersuchungen gesundheitlich bedeutsame Beeinträchtigungen nachgewiesen werden".

Mittlerweile dreht sich die öffentliche und wissenschaftliche Diskussion laut den Verfassern häufig um die Frage, ob sogenannte nicht-thermische Wirkungen bei niedrigen Intensitäten zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen könnten. Im Bereich niedriger Intensitäten von HF-EMF hätten solche Folgen "in jahrzehntelanger Forschung bisher wissenschaftlich" aber nicht nachgewiesen werden.

Zur "Elektrosensibilität" hat die Regierung wenig neue Erkenntnisse: Dabei geht es um Personen, die möglicherweise besonders empfindlich auf HF-EMF reagieren. Auch die Ergebnisse neuer Studien ändern "nichts an der Einschätzung des BfS, dass ein kausaler Zusammenhang zwischen den Beschwerden der elektrosensiblen Personen und HF-EMF nicht nachweisbar ist". Die aktuelle Datenlage spreche vielmehr dafür, dass ein "Nocebo-Effekt" eine Rolle spiele. Dabei sorge "allein die Erwartung negativer Folgen dafür, dass diese tatsächlich zu spüren sind".

Die Bundesregierung hält es für entscheidend, "dass Fragen in Bezug auf HF-EMF bereits bei der Entwicklung der Technologie konsequent als Rahmenbedingung beachtet werden". Diesen schon bei 5G praktizierten Ansatz nehme sich die Bundesregierung "in der Gigabitstrategie auch für die laufende Entwicklung des 6G-Standards vor". Sie unterstütze weiterhin "energiesparende und immissionsarme Technologien". Das sei bei dem künftigen Mobilfunkstandard besonders wichtig, da dafür die Nutzung höherer Frequenzbereiche auch von über 100 GHz im Gespräch sei.

(vbr)

Gesamten Artikel lesen