Bundespolitik: Merkel: „Insgesamt war ich der Überzeugung, dass Deutschland das stemmen kann“

vor 11 Stunden 1

Zehn Jahre nach „Wir schaffen das“ zieht die frühere Kanzlerin ein Resümee: Deutschland habe vieles bei der Integration von Geflüchteten geschafft. Und die Entscheidung sei heute noch richtig.

Für unseren Liveblog verwenden wir neben eigenen Recherchen Material der Nachrichtenagenturen dpa, Reuters, epd, KNA und Bloomberg. 

Wichtige Updates

Söder contra SPD: Steuern senken, nicht erhöhen

Merz: "Ich bin mit dem, was wir bis jetzt geschafft haben, nicht zufrieden"

Klingbeil „irritiert“ über Bundestagspräsidentin Klöckner

Höhere Steuern für Reiche? Klingbeil bleibt bei Vorschlag  

Gerhard Trabert nimmt Linken-Bundestagsmandat nicht wahr

Dominik Fürst

Merkel: "Insgesamt war ich der Überzeugung, dass Deutschland das stemmen kann"

Zehn Jahre nach ihrem legendären Satz "Wir schaffen das" zur Aufnahme Hunderttausender Flüchtlinge ist Deutschland nach Überzeugung der damaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel bei der Integration von Migranten deutlich vorangekommen. "Das ist ein Prozess. Aber bis jetzt haben wir viel geschafft. Und was noch zu tun ist, muss weiter getan werden", sagte die CDU-Politikerin in einem Interview mit dem Journalisten Ingo Zamperoni. 

Am 31. August 2015 hatte Merkel jene drei Worte gewählt, nachdem gerade bekanntgeworden war, dass für das laufende Jahr 800 000 Flüchtlinge in Deutschland erwartet wurden und Tausende Geflüchtete von Ungarn kommend in Richtung Deutschland unterwegs waren. Merkel sagt heute: "Dass das etwas wirklich Herausforderndes wird, das war mir klar." Zugleich habe es sie auch immer wieder verwundert, "wie sehr mir diese drei Worte 'Wir schaffen das' auch um die Ohren gehauen wurden". Sie habe bloß ausdrücken wollen, dass Deutschland vor einer großen Aufgabe stehe. Dabei habe sie auf die Menschen im Land gehofft. 

Eine Überforderung Deutschlands durch ihre Entscheidung sieht Merkel nicht. "Das glaube ich nicht. Deutschland ist ein starkes Land", sagte sie. Merkel verwies darauf, dass die Alternative gewesen wäre, die geflüchteten Menschen mit Gewalt davon abzuhalten, nach Deutschland zu kommen. "Dazu hätte ich mich nie bereiterklärt." 

Insgesamt war ich der Überzeugung, dass Deutschland das stemmen kann.

Bundeskanzlerin a. D. Angela Merkel

Merkel räumte auch ein, dass ihre Entscheidung zum Aufschwung der AfD beigetragen hat. "Dadurch ist die AfD sicherlich stärker geworden." Das sei aber kein Grund gewesen, eine Entscheidung, die sie für richtig und vernünftig halte, nicht zu treffen. Auch habe ihr Entschluss zu Streit in der Union geführt, der nicht hilfreich dabei gewesen sei, die große Integrationsaufgabe zu bewältigen.

Ein Gespräch mit dem Journalisten Ingo Zamperoni, der Angela Merkel für eine Dokumentation getroffen hat (SZ Plus):

Patrick Wehner

CDU will Wehrpflicht-Automatismus im neuen Wehrdienst-Gesetz

Sollten sich mit dem geplanten freiwilligen Wehrdienst nicht genug neue Bundeswehrsoldaten finden, muss aus Sicht der Union automatisch eine Wehrpflicht folgen. Der CDU-Verteidigungspolitiker Thomas Röwekamp, sagte der Rheinischen Post, es fehlten mehr als 80 000 Berufs- und Zeitsoldaten und 140 000 Reservisten, damit Deutschland sich verteidigen und seine Zusagen an die Nato erfüllen könne. "Ich habe erhebliche Zweifel, dass dies nur mit Freiwilligkeit gelingt."

Röwekamp äußerte sich zum Gesetzentwurf für einen neuen Wehrdienst, den Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) in Kürze im Bundeskabinett vorlegen will. Dieser müsse erstens verbindlich festlegen, wie die Zahl der Soldaten Jahr für Jahr wachsen solle. "Und zweitens brauchen wir in dem Gesetz schon jetzt einen Automatismus hin zu einer verpflichtenden Heranziehung, wenn wir diese Schritte nicht erreichen", sagte der CDU-Politiker, der den Verteidigungsausschuss des Bundestags leitet.

Das geplante Gesetz soll nach Pistorius' Willen möglichst zu Jahresbeginn 2026 in Kraft treten. Der SPD-Politiker setzt auf Freiwilligkeit und finanzielle Anreize. Er hat mehrfach deutlich gemacht, dass die vereinbarte Freiwilligkeit nur gilt, wenn der Bedarf an Soldaten auf diesem Weg gedeckt werden kann. Auch ein Mechanismus für eine Rückkehr zur Wehrpflicht werde vorbereitet.

Patrick Wehner

Sozialdemokraten wollen Merz-Reform-Ansage nicht überbewerten

Der Ruf von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) nach harten Sozialreformen wird in der SPD öffentlich nicht überbewertet und lediglich als Zugeständnis an die eigene Parteibasis eingestuft. "Merz' Aussagen zum Sozialstaat scheinen mir mehr Pflichtelement einer CDU-Parteitagsrede zu sein als alles andere", sagte SPD-Generalsekretär Tim Klüssendorf der Stuttgarter Zeitung und den Stuttgarter Nachrichten. "In Wirklichkeit weiß auch er: Unser Sozialstaat ist eine zentrale Errungenschaft unserer Demokratie und das Fundament jener sozialen Marktwirtschaft, die Deutschland stark gemacht hat." Richtig sei, dass Deutschland wieder wirtschaftliches Wachstum brauche.

Ähnlich ordnete es der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Dirk Wiese ein. Er sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland, Merz und er hätten bei einer Veranstaltung im Sauerland zusammen die Gemeinsamkeiten der Koalition betont. "Denn die außen- und innenpolitischen Aufgaben sind groß. Daran arbeiten wir permanent und wollen die Taktzahl in unserem Arbeitsmodus im Herbst noch weiter erhöhen."

Merz hatte am Samstag beim CDU-Landesparteitag in Osnabrück gesagt: "Der Sozialstaat, wie wir ihn heute haben, ist mit dem, was wir volkswirtschaftlich leisten, nicht mehr finanzierbar." Und: "Ich werde mich durch Worte wie Sozialabbau und Kahlschlag und was da alles kommt nicht irritieren lassen." Er mache es den Sozialdemokraten bewusst nicht leicht. "Aber der Appell richtet sich an uns alle: Lasst uns zusammen zeigen, dass Veränderungen möglich sind, dass Reformen möglich sind."  

Juri Auel

Söder contra SPD: Steuern senken, nicht erhöhen

Trotz der angespannten Finanzlage und der Milliardenlücken im Bundeshaushalt 2027 schließt CSU-Chef Markus Söder Steuererhöhungen kategorisch aus - er fordert stattdessen eine breite Senkung von Steuern und Abgaben. „Wir müssen endlich anfangen, die Steuern zu senken“, sagte Söder im Sommerinterview der ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“. „Wir haben uns eigentlich vorgenommen, die Einkommenssteuer zu reduzieren. Das wäre unser Ziel - gerade auch für den Mittelstand, gerade für die Fleißigen, für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.“

Mit der CSU werde es „definitiv keine Steuererhöhungen“ geben. Das sei „erstens immer ein Rohrkrepierer, zweitens der falsche Weg, und würde doch jetzt, nachdem wir gerade Steuern gesenkt haben, alles wieder kaputt machen". Man habe dies „im Koalitionsvertrag ausführlich besprochen, dass es das nicht gibt“. Außerdem fügte Söder hinzu: „X SPD-Vorsitzende in den letzten 20 Jahren kommen immer wieder dann, wenn sie glauben, sie bräuchten bessere Umfragen, mit Steuererhöhungen.“ Das habe noch nie funktioniert. Bundesfinanzminister und SPD-Chef Lars Klingbeil hatte höhere Steuern für Spitzenverdiener und Vermögende nicht ausgeschlossen - und dafür Unterstützung vieler SPD-Politiker bekommen. Die Union lehnt dies ab.

Söder äußerte sich positiv über die bisherige Regierungsarbeit - nachdem Kanzler Friedrich Merz (CDU) am Samstag gesagt hatte, er selbst sei nicht zufrieden. „Wir sind als CSU nicht unzufrieden mit der bisherigen Regierungsarbeit. Wir haben sehr viele Dinge eingebracht, umgesetzt“, sagte Söder, räumte aber ein, man habe mit der Stromsteuer-Debatte und dem Streit über die Richterwahl „ein paar blöde Tore kassiert, die die Stimmung natürlich verunsichert haben“. Sein Verhältnis zu Merz nannte Söder „super“ - auch wenn dieser ihn nicht vorab in seine Entscheidung zum teilweisen Stopp der Rüstungsexporte nach Israel eingebunden hatte. „Das war eine Richtlinienentscheidung, die er getroffen hat. Die haben wir dann im Endeffekt zu respektieren.“ Insgesamt gab er Merz außenpolitischem Auftritt „eine Eins mit Stern im ersten Halbjahr“.

Nadja Tausche

Merz: "Ich bin mit dem, was wir bis jetzt geschafft haben, nicht zufrieden"

Bundskanzler Friedrich Merz (CDU) äußert sich kritisch über die bisherige Regierungsarbeit von Schwarz-Rot. Zwar seien eine neue Migrationspolitik und Impulse für eine wirtschaftliche Wende angestoßen worden. Aber: „Ich bin mit dem, was wir bis jetzt geschafft haben, nicht zufrieden. Das muss mehr werden“, sagte der Bundeskanzler auf einem Parteitag der CDU Niedersachsen in Osnabrück. An den Koalitionspartner richtete er Forderungen: Um zu zeigen, dass Deutschland erfolgreich aus der Mitte heraus regiert werden könne, wünsche er sich eine SPD, die den gemeinsamen Weg „migrationskritisch und industriefreundlich“ fortsetzt. Zudem müsse die Kommunikation der Koalition besser werden. Sowohl die SPD als auch die eigene Partei rief der CDU-Chef auf, nicht übereinander, sondern miteinander zu reden.

Merz bekräftigte auch, es brauche eine Neuausrichtung der Sozialpolitik. „Ich werde mich durch Worte wie Sozialabbau und Kahlschlag und was da alles kommt nicht irritieren lassen“, sagte er. „Der Sozialstaat, wie wir ihn heute haben, ist mit dem, was wir volkswirtschaftlich leisten, nicht mehr finanzierbar.“ Er mache es den Sozialdemokraten bewusst nicht leicht, so Merz. „Aber der Appell richtet sich an uns alle: Lasst uns zusammen zeigen, dass Veränderungen möglich sind, dass Reformen möglich sind.“ 

Mit dieser Bundesregierung unter meiner Führung wird es eine Erhöhung der Einkommenssteuer für die mittelständischen Unternehmen in Deutschland nicht geben.

Bundeskanzler Merz

Nach dem Vorstoß der SPD für höhere Steuern schließt Merz eine zusätzliche Belastung des Mittelstands aus. Etwas andere hatte Vizekanzler Lars Klingbeil behauptet. Er erwog höhere Steuern für Spitzenverdiener und Vermögende. „Da wird keine Option vom Tisch genommen“, sagte der SPD-Vorsitzende vergangene Woche dem ZDF. Hintergrund sind Milliardenlücken in den kommenden Bundeshaushalten. 

Klingbeil „irritiert“ über Bundestagspräsidentin Klöckner

SPD-Co-Chef Lars Klingbeil hat sich verwundert über Äußerungen von Bundestagspräsidentin Julia Klöckner geäußert. „Ich habe Julia Klöckner gewählt. Aber ich muss schon sagen, dass ich über manches irritiert bin – etwa Nius und die taz in einen Topf zu werfen“, sagte der Vizekanzler und Finanzminister der Funke-Mediengruppe.

Klingbeil spielte auf eine Teilnahme Klöckners am Sommerfest der Koblenzer CDU an – auf dem Firmengelände des Unternehmers Frank Gotthardt. Gotthardt finanziert auch das als rechtspopulistisch kritisierte Onlinemedium Nius. Klöckner verteidigte ihren Auftritt laut Medienberichten in ihrer Rede damit, dass die Methoden von Nius ähnlich denen der linken Tageszeitung taz seien und eine Demokratie dieses Meinungsspektrum aushalten müsse. Dies hatte erneut Kritik ausgelöst, die taz distanzierte sich von der Gleichsetzung.

Es gibt seit Wochen eine Auseinandersetzung um Äußerungen Klöckners als Bundestagspräsidentin. Klingbeil sagte nun, dass er sich nicht vorstellen könne, dass sich der frühere Bundestagspräsident und CDU-Politiker Wolfgang Schäuble so geäußert hätte wie Klöckner.

Auf die Nachfrage, ob er sie wieder zur Bundestagspräsidentin wählen würde, sagte er: „Ich habe einige Fragen, die ich Julia Klöckner aber lieber demnächst in einem Gespräch mal selbst stelle.“

Patrick Wehner

Ex-Außenminister Gabriel: Deutschland muss zur Wehrpflicht zurück 

Der frühere SPD-Chef und Außenminister Sigmar Gabriel spricht sich angesichts der Sicherheitslage für eine Rückkehr zur Wehrpflicht aus. "Anders wird es uns nicht gelingen, die Bundeswehr wieder zu einer Territorialarmee zu machen, die auch über ausreichend Reservisten verfügt", sagte Gabriel dem Tagesspiegel. Man müsse sich vor Augen führen, dass sich die Welt verändert habe und eine gute Abschreckung Voraussetzung für den Frieden sei. "Eine starke Bundeswehr dient nicht dem Krieg, sondern der Kriegsverhinderung", sagte Gabriel, der auch Vorsitzender des Vereins Atlantik-Brücke ist.

Auch der frühere Wehrbeauftragte und SPD-Politiker Hans-Peter Bartels ist für eine Wiedereinführung der Wehrpflicht. "Egal, in welche Richtung sich Russlands Ukraine-Krieg entwickelt, Waffenstillstand oder ewiger Kampf: Für die Bundeswehr bedeutet beides, dass sie schnell zu ihrer geplanten neuen Stärke aufwachsen muss", sagte er der Zeitung. Ohne eine "echte Wehrpflicht" seinen die Zielzahlen der Nato "nie und nimmer erreichbar". Demnach soll die Bundeswehr von heute 180 000 auf 260 000 aktive Soldaten aufwachsen, inklusive Reservisten soll die Armee sogar 460 000 Personen umfassen.  

Patrick Wehner

Höhere Steuern für Reiche? Klingbeil bleibt bei Vorschlag 

Auch nach der Kritik aus der Union möchte Bundesfinanzminister Lars Klingbeil Steuererhöhungen nicht ausschließen. Den Zeitungen der Funke-Mediengruppe sagte der SPD-Chef, er habe als sozialdemokratischer Finanzminister und Parteichef eine Grundüberzeugung: „Menschen, die sehr hohe Vermögen und Einkommen haben, sollten ihren Teil dazu beitragen, dass es in dieser Gesellschaft gerechter zugeht. Gerade in diesen extremen Zeiten.“

Wenn CSU-Chef Markus Söder oder Unionsfraktionschef Jens Spahn andere Ideen hätten, wie die Haushaltslücke von 30 Milliarden Euro geschlossen werden könnte, höre er sich diese gerne an, sagte Klingbeil. Zuvor hatte es aus der Union Kritik am Vorstoß des Finanzministers zu Steuererhöhungen für Spitzenverdiener und Vermögende gegeben. Die Kritiker verwiesen auf den Koalitionsvertrag, der keine Steuererhöhungen vorsieht.

CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann bezeichnete die Debatte um Steuererhöhungen in der Neuen Osnabrücker Zeitung als „überflüssig wie ein Kropf“. „Die Menschen schütteln doch mit dem Kopf, wenn wir jetzt nach diesen Wahnsinnsschulden immer noch nicht mit dem Geld auskommen und nach weiteren Einnahmequellen suchen“, sagte Linnemann. Allerdings hatte Linnemann er selbst erst vor wenigen Wochen nach neuen Einnahmequellen gesucht, als er gemeinsam mit dem Bund der Steuerzahler vorschlug, die Zahl der Beamten signifikant zu reduzieren. Dafür wurde Linnemann von Berufsverbänden massiv kritisiert. 

Klingbeil fordert nun auch Strukturreformen bei Gesundheit, Pflege, Bürgergeld und Rente. „Dabei erwarte ich von allen Verantwortlichen mehr Fantasie als einfach nur Leistungskürzungen für die Arbeitnehmer“, sagte der Finanzminister den Funke-Zeitungen. Insbesondere sprach er sich dagegen aus, das Rentenalter an die Lebenserwartung zu koppeln. 

Patrick Wehner

Schnieder zu neuer Bahn-Spitze: "Mann oder Frau ist mir egal" 

Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder will bei der Suche nach einer Nachfolge für Bahnchef Richard Lutz keine Rücksicht auf das Geschlecht nehmen. "Die Geschlechterfrage spielt für mich keine Rolle", sagte der CDU-Politiker der Rheinischen Post. "Es wird allein nach der Qualifikation gehen. Darum, wer am besten die Herausforderungen angehen und lösen kann, die im Moment bei der Bahn anstehen."

Vor einer Woche hatte Schnieder bekanntgegeben, dass Bahnchef Lutz gehen muss. Er wird die Bahn nur noch solange führen, bis ein Nachfolger für ihn gefunden ist. Der Minister will am 22. September eine neue Strategie für den bundeseigenen Konzern vorstellen. In diesem zeitlichen Rahmen solle auch das entsprechende Personal präsentiert werden, so Schnieder. Der Zeitung sagte der Minister, das Ministerium habe sich die Situation bei der Bahn genau angeschaut. "Wir können mit der Entwicklung des Konzerns überhaupt nicht zufrieden sein." CDU, CSU und SPD haben in ihrem Koalitionsvertrag eine Neuaufstellung des Aufsichtsrats und des Bahn-Vorstands angekündigt. 

Patrick Wehner

Klingbeil schreibt Spar-Brief an Kabinettskollegen 

Finanzminister Lars Klingbeil will schon im September mit der Aufstellung des schwierigen Bundeshaushalts für 2027 beginnen. In einem Brief, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, fordert er von seinen Kabinettskollegen eine "gemeinsame Kraftanstrengung". Dabei schließt der Vizekanzler nicht aus, dass zum Stopfen der gewaltigen Finanzierungslücke auch Gesetze geändert und bisherige Ansprüche gestrichen werden müssen.

Dem Schreiben zufolge klafft in den Etatplänen für 2027 eine Lücke von mehr als 30 Milliarden Euro. "Ich erwarte von allen Ressorts substanzielle Vorschläge zur Konsolidierung des Bundeshaushalts in ihren jeweiligen Einzelplänen", betont der SPD-Chef.

Das erhoffe Wirtschaftswachstum und bisher vereinbarte Einsparungen bei Verwaltung und Förderprogrammen reichten nicht aus, macht Klingbeil in dem Schreiben klar. "Angesichts der großen Herausforderungen müssen auch unsere Antworten größer ausfallen." Jetzt müssten Prioritäten gesetzt werden, nicht alles Wünschenswerte könne auch finanziert werden. Die Staatssekretäre der einzelnen Ministerien sollen sich bereits in der ersten Septemberhälfte treffen, um die weiteren Schritte zu besprechen. Das ist vergleichsweise früh: Normalerweise würde die Arbeit am Etat 2027 so richtig erst im Frühjahr 2026 beginnen.

Annette Reuther

Miersch: SPD hat Ersatz für Brosius-Gersdorf gefunden

Nach der geplatzten Wahl von Verfassungsrichtern im Bundestag hat die SPD einen neuen Kandidaten-Vorschlag. „Wir haben einen Namen – und den werde ich jetzt aber garantiert nicht nennen“, sagte Fraktionschef Matthias Miersch im RTL/ntv-„Frühstart“. Der Vorschlag werde nun mit der Union, aber auch mit Grünen und Linken besprochen – „denn wir brauchen eine Zweidrittelmehrheit“. Miersch geht davon aus, dass die Richterinnen und Richter für Karlsruhe im September gewählt werden. 

Die Wahl im Bundestag war vor der Sommerpause geplatzt, weil Unionsfraktionschef Jens Spahn die Zustimmung seiner Fraktion zum vorab in der Koalition abgestimmten Personaltableau nicht mehr garantieren konnte. Teile seiner Fraktion lehnten die SPD-Kandidatin Frauke Brosius-Gersdorf unter anderem wegen deren Haltung zu Abtreibungen ab. Inzwischen hat Brosius-Gersdorf ihre Kandidatur zurückgezogen, die SPD muss nun einen neuen Vorschlag machen.

Union fordert Einsparungen bei Wärmepumpen-Förderung statt Steuererhöhungen

Im Streit um Milliardenlöcher im Bundeshaushalt 2026 haben Unionspolitiker von Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) deutliche Kürzungen bei der Wärmepumpen-Förderung verlangt. CSU-Generalsekretär Martin Huber sagte am Mittwoch einem Vorabbericht der Bild zufolge, er sehe unter anderem Einsparpotenzial bei den Milliarden für die Wärmepumpen-Förderung. Statt von Steuererhöhungen zu sprechen, solle Klingbeil nach Einsparmöglichkeiten im Bundeshaushalt suchen, so Huber. Die Bundesförderung für energieeffiziente Gebäude sei 2025 mit rund 15,3 Milliarden Euro das größte Förderprogramm des Klima- und Transformationsfonds. Der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Mathias Middelberg, forderte von Klingbeil und Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) zudem mehr Arbeitsanreize für Bürgergeld-Empfänger zu setzen, um eine Arbeit aufzunehmen. Dies gelte auch für Flüchtlinge, die Bürgergeld bezögen.

Dominik Fürst

BSW will sich im Dezember umbenennen 

Das Bündnis Sahra Wagenknecht will sich im Dezember umbenennen. Wie die Partei künftig heißen wird, entscheide sich auf einem Parteitag am 6. und 7. Dezember in Magdeburg, sagte eine Parteisprecherin. Mitglieder und Unterstützer seien aufgerufen, Namensvorschläge zu machen. Die Parteispitze werde diese sichten und einen Vorschlag machen. Die finale Entscheidung träfen dann die Delegierten. Beim Kürzel BSW soll es aber bleiben.

Dass die Anfang 2024 gestartete Partei nicht auf Dauer den Namen der Gründerin tragen soll, ist bereits seit längerem angekündigt. Wagenknecht hatte erklärt, anfangs sei ihr prominenter Name gewählt worden, um die Neugründung auch auf Wahlzetteln erkennbar zu machen. Tatsächlich ist die 56-Jährige aber nicht nur Namensgeberin, sondern auch tragende Figur. Die Umbenennung dürfte deshalb ein Einschnitt für die junge Partei sein. Wie lange Wagenknecht Bundesvorsitzende bleiben will, hat sie offen gelassen.

Das BSW hatte bei der Bundestagswahl im Februar den Einzug ins Parlament sehr knapp verpasst. Sie dringt auf eine Neuauszählung der Stimmen. Derzeit liegt sie in Umfragen bundesweit bei drei bis fünf Prozent.

Gerhard Trabert nimmt Linken-Bundestagsmandat nicht wahr

Der schwer erkrankte Mainzer Sozialmediziner Gerhard Trabert wird sein für die Linke errungenes Bundestagsmandat aus gesundheitlichen Gründen nicht antreten. Dies teilte die Partei in Berlin mit. An Traberts Stelle soll die Kandidatin Lin Lindner ins Parlament nachrücken.

Die Linke verbreitete eine Erklärung von Traberts Familie: „Nachdem unser Vater Gerhard Trabert mehrere schwere Schlaganfälle erlitten hatte, war er mehrere Monate in einer Reha. Diese Zeit endet nun und Gerhard kehrt nach Hause zurück. Trotz einiger kleiner Fortschritte in der Reha muss unser Vater weiterhin mit schweren Einschränkungen leben. Eine Rückkehr in das Leben, wie es bisher gewesen ist – und das vom Einsatz für die Menschen geprägt war – ist nicht möglich.“ 

Die Linken-Vorsitzenden Ines Schwerdtner und Jan van Aken dankten Trabert für seinen Einsatz. Als „Arzt der Armen“ sei er eine moralische und fachliche Autorität und wäre im Bundestag eine starke Stimme gewesen, erklärten sie. Sie wünschten ihm viel Kraft.

Trabert ist parteilos, hatte sich aber mehrfach für die Linke um Mandate beworben. 2022 war er deren Kandidat für das Amt des Bundespräsidenten. Der gebürtige Mainzer engagiert sich in der Landeshauptstadt seit vielen Jahren unter anderem in der Obdachlosenhilfe sowie an vielen Orten der Welt für die Flüchtlingshilfe.

Matthias Becker

Unionspolitiker strikt gegen Steuererhöhungen

Spitzenpolitiker von CDU und CSU haben ablehnend auf einen Vorstoß von Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) zu möglichen Steuererhöhungen für Spitzenverdiener und Vermögende reagiert. Der Koalitionsvertrag sehe keine Steuererhöhungen vor, sondern das Ziel von Steuersenkungen, sagte Kanzleramtsminister Thorsten Frei (CDU) der Rheinischen Post. In der Vereinbarung von CDU, CSU und SPD heißt es zum Thema Steuern unter anderem: "Wir werden die Einkommensteuer für kleine und mittlere Einkommen zur Mitte der Legislatur senken."

Unionsfraktionschef Jens Spahn sagte dem Focus: "Als Fraktion gehen wir derzeit jeden Etat durch und prüfen, wo noch gespart werden kann. Das ist jetzt nicht die Zeit, um über Steuererhöhungen auch nur nachzudenken." Die Koalition müsse mit den vorhandenen Mitteln auskommen. "Ganz zentral ist, dass wir konsolidieren und die Sozialabgaben senken", so Spahn.

Auch CSU-Generalsekretär Martin Huber sprach sich gegen Steuererhöhungen aus. Diese seien mit der CSU nicht machbar, sagte er der Bild.

Was hat Finanzminister Klingbeil konkret vorgeschlagen? Gerog Ismar und Vivien Timmler aus der SZ-Parlamentsredaktion fassen es zusammen

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