Für unseren Liveblog verwenden wir neben eigenen Recherchen Material der Nachrichtenagenturen dpa, Reuters, epd, KNA und Bloomberg.
Wichtige Updates
Spahn verspricht Unterstützung für neue SPD-Kandidatin fürs Bundesverfassungsgericht
Reiche für Kurswechsel bei der Energiewende
Sinan Selen wird Verfassungsschutz-Chef
Gespräche zu regelmäßigen Rückführungen nach Afghanistan
Spahns Kritik an Vermögensverteilung stößt auf Zustimmung
Der Bundestag startet in die Haushaltswoche
Fast drei Viertel des Jahres sind bereits vorüber, und noch immer hat der Bund keinen Haushaltsplan für 2025 verabschiedet. Das aber soll sich diese Woche ändern: Von heute an berät der Bundestag darüber, am Donnerstag will er das Zahlenwerk final beschließen. Es ist also wieder eine sogenannte Haushaltswoche im Parlament, die traditionell am zweiten Tag in der Debatte über den Etat des Kanzleramts gipfelt. Der ist zwar verhältnismäßig klein und unbedeutend, die Aussprache darüber aber wird zu einer Generaldebatte über die Politik der Bundesregierung. In den Etatberatungen spricht heute zunächst Finanzminister Lars Klingbeil (SPD), dann geht es um sieben Einzelpläne wie die des Wirtschafts-, des Umwelt- und des Verkehrsministeriums.
In einem Haushalt legt der Bundestag fest, wofür die Regierung Geld ausgeben darf. Auch wenn das bisher nicht geschehen ist, war sie seit Januar nicht handlungsunfähig. In diesem Fall gilt nämlich die sogenannte vorläufige Haushaltsführung. Das heißt: Beschlossene Leistungen wie das Kindergeld beispielsweise dürfen ausgezahlt werden, auch bereits zuvor eingegangene Verpflichtungsermächtigungen des Bundes können erfüllt werden, dazu zählt zum Beispiel die Militärhilfe an die Ukraine. Nur bei neuen Programmen oder Ausgabenwünschen würde es kniffliger: Dafür müsste die Bundesregierung nachweisen, dass sie „sachlich und zeitlich unabweisbar“ sind, wie sie selber erläutert. Diese Zeit dürfte dann mit dem Donnerstag vorbei sein.
Kommende Woche ist dann aber schon wieder eine Haushaltswoche: Dann bringt die Bundesregierung ihre Etatpläne für das kommende Jahr in das Parlament ein. Diese werden vier Tage lang im Plenum debattiert, anschließend in den Ausschüssen beraten und schließlich – so der Plan – Ende November endgültig vom Bundestag gebilligt.
Spahn verspricht Unterstützung für neue SPD-Kandidatin fürs Bundesverfassungsgericht
Unions-Fraktionschef Jens Spahn geht davon aus, dass es bei der Wahl von drei Richterinnen und Richtern für das Bundesverfassungsgericht in der kommenden Woche anders als im gescheiterten ersten Anlauf keine Probleme geben wird. Die neue SPD-Kandidatin Sigrid Emmenegger sei ein „hervorragender Vorschlag“ und habe in der Fraktionsführung der CDU/CSU bereits viel Unterstützung erhalten, sagte der CDU-Politiker vor einer Sitzung der Bundestagsfraktion in Berlin. „Ich gehe davon aus, das wird auch gleich in der Fraktionssitzung so sein. Und insofern steht für die Richterwahl am nächsten Donnerstag unsere Unterstützung als Fraktion für alle drei Kandidatinnen und Kandidaten.“
Der Wahlausschuss will die insgesamt drei Kandidatinnen und Kandidaten nun am kommenden Montag offiziell nominieren. Am Donnerstag findet die Wahl im Plenum des Bundestags statt. Es ist eine Zweidrittelmehrheit der abgegebenen Stimmen notwendig. Union und SPD benötigen daher aller Wahrscheinlichkeit nach auch Stimmen aus der Opposition. Bisher ist unklar, wie Grüne und Linke sich bei der Wahl verhalten werden.
Im Juli war die Richterwahl nach massivem Widerstand aus der Unions-Fraktion gegen die SPD-Kandidatin Frauke Brosius-Gersdorf kurzfristig abgesagt worden.
Reiche für Kurswechsel bei der Energiewende
Wirtschafts- und Energieministerin Katherina Reiche hat sich für einen Kurswechsel bei der Energiewende ausgesprochen. Diese stehe an einem Scheidepunkt, sagte die CDU-Politikerin in Berlin bei der Vorstellung eines Monitoringberichts und plädierte für eine Kostensenkung. Damit die Energiewende ein Erfolgsmodell bleibe, müssten Verlässlichkeit, Versorgungssicherheit, Bezahlbarkeit und Kostentragfähigkeit des Energiesystems für den Wirtschaftsstandort ins Zentrum rücken.
Auf Grundlage des Berichts schlägt Reiche zehn "Schlüsselmaßnahmen" mit konkreten Vorschlägen vor. So sollen erneuerbare Energien weiter gefördert werden – die bisherige fixe Einspeisevergütung für Neuanlagen aber soll abgeschafft werden. Subventionen sollten systematisch gesenkt werden. Das Stromsystem müsse außerdem digitaler werden.
Reiche hatte bereits deutlich gemacht, dass sie vor dem Hintergrund der schwachen Konjunktur in der Energiepolitik einen stärkeren Fokus auf die Kosten und die Versorgungssicherheit legen will. Ihr Vorgänger Robert Habeck (Grüne) hatte mit verschiedenen Maßnahmen den Ausbau des Ökostroms vor allem aus Wind und Sonne vorangetrieben. Es muss aber zunehmend ins Netz eingegriffen werden, damit dieses nicht überlastet wird. Diese Eingriffe kosten viel Geld und erhöhen die Netzentgelte als Bestandteil des Strompreises.
Sinan Selen wird Verfassungsschutz-Chef
Sinan Selen soll das Bundesamt für Verfassungsschutz leiten. Darauf hat sich die schwarz-rote Koalition geeinigt - ein entsprechender Bericht von Table-Media deckt sich mit Informationen der Süddeutschen Zeitung. Wenn das Kabinett der Personalie zustimmt, rückt damit der bisherige Vize zum Chef des Inlandsgeheimdienstes auf.
Selen ist Jurist und hat eine Karriere in diversen Behörden hinter sich, die für innere Sicherheit zuständig sind. Seit 2019 ist er Vizepräsident des Bundesverfassungsschutzes. Zusammen mit Vizepräsidentin Silke Willems leitet er die Behörde kommissarisch, seit dessen Präsident Thomas Haldenwang im November 2024 das Amt niederlegte, weil er – letztlich erfolglos – für den Bundestag kandidierte.
Selen wäre der erste Chef des Bundesverfassungsschutzes, der nicht in Deutschland geboren ist. Selen ist in der Türkei geboren, im Alter von vier Jahren kam er mit seinen Eltern nach Deutschland. Er wuchs in Köln auf. Auf seinen Antrag hin wurde er aus der türkischen Staatsbürgerschaft entlassen.
Markus Balser aus dem SZ-Hauptstadtbüro über Sinan Selen und die Hintergründe der Entscheidung:
Gespräche zu regelmäßigen Rückführungen nach Afghanistan
Um mehr Menschen nach Afghanistan abschieben zu können, will das Bundesinnenministerium praktische Hürden aus dem Weg räumen. „Wir wollen reguläre und regelmäßige Rückführungen nach Afghanistan ermöglichen“, sagte Bundesinnenminister Alexander Dobrindt der Deutschen Presse-Agentur. „Dazu gibt es Gespräche auf technischer Ebene mit afghanischen Vertretern“, so Dobrindt. Er gehe davon aus, dass es bald auch Gespräche in der afghanischen Hauptstadt Kabul geben werde.
Zuvor hatte die Bild berichtet, Anfang September habe sich eine Delegation aus dem Bundesinnenministerium mit den Afghanen in Katar getroffen, um einen regulären Abschiebe-Mechanismus zu etablieren. Aktuell werde eine Entsendung deutscher Vertreter in Afghanistans Hauptstadt Kabul organisiert, um die Gespräche vor Ort fortzusetzen. Vertreter Katars seien dabei als Vermittler tätig. Das Ministerium machte dazu keine Angaben.
Die Bundesregierung unterhält keine diplomatischen Beziehungen zu den islamistischen Taliban, die seit August 2021 wieder in Afghanistan an der Macht sind. Daran soll sich laut dem Bundesinnenminister auch nichts ändern.
Die Taliban sind wegen ihrer Missachtung von Menschen- und vor allem Frauenrechten international isoliert. Seit ihrer Machtübernahme im August 2021 kam es zweimal zu Abschiebungen von Afghanen aus Deutschland. Im August 2024 wurden 28 verurteilte Straftäter in die afghanische Hauptstadt gebracht. Im Juli dieses Jahres brachte ein Flugzeug 81 Männer nach Afghanistan, die nach Angaben der Länder unter anderem mit Tötungsdelikten, Sexualstraftaten, Gewalttaten und Drogendelikten strafrechtlich in Erscheinung getreten waren.
Sein Ziel sei es, Abschiebungen nach Afghanistan künftig per Linienflug und ohne Unterstützung von Katar zu ermöglichen, sagte Dobrindt.
Spahns Kritik an Vermögensverteilung stößt auf Zustimmung
Die Bereitschaft von Unionsfraktionschef Jens Spahn (CDU), aus der ungleichen Verteilung von Vermögen in Deutschland politische Konsequenzen zu ziehen, ist im eigenen Regierungslager auf ein positives Echo gestoßen. SPD-Generalsekretär Tim Klüssendorf sagte der Rheinischen Post: "Wir haben in Deutschland eine extreme Ungerechtigkeit, was die Verteilung von Vermögen angeht. Jedes Jahr werden 400 Milliarden Euro in diesem Land vererbt, von denen nur ein ganz kleiner Teil überhaupt steuerpflichtig ist. Das sorgt für eine massive Schieflage, die wir seit Jahren anprangern."
Der Vorsitzende der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA), Dennis Radtke, sagte der Neuen Osnabrücker Zeitung (NOZ): "Bei der Erbschaftssteuer werden jedes Jahr Milliardenbeträge verschenkt, weil es Ausnahmetatbestände gibt, die sie den Normalverdienern nicht mehr erklären können. Deshalb sollten wir nicht die Sätze ändern, wohl aber ungerechtfertigte Ausnahmen streichen." Spahn hatte darauf verwiesen, dass ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Erbschaftsteuer erwartet werde und die Koalition die Steuer dann möglicherweise neu regeln werde.
Mit dem Fraktionschef hatte erstmals ein konservativer Spitzenpolitiker eine Privilegierung Vermögender eingeräumt.
Im Fokus der Diskussion steht derzeit die Erbschaftsteuer, bei der Änderungen leichter umzusetzen sind als die Wiedereinführung einer Vermögensteuer. Kritik kam von der nicht mehr im Bundestag vertretenen FDP. Generalsekretärin Nicole Büttner sagte: "Eine Erhöhung der Erbschaftsteuer würde nicht nur die Probleme unserer Wettbewerbsfähigkeit verschärfen, sie träfe auch die Unternehmensnachfolgen und belastete damit gerade die nächste Generation an Arbeitsplätzen." Spahns Bereitschaft zu solchen Steuererhöhungen offenbare "die vollständige Absage des angekündigten Politikwechsels".
Klüssendorf betonte, bei einer Reform der Erbschaftsteuer gehe es nicht - wie vom politischen Gegner behauptet - um das einfache Familienheim. "Dann heißt es schnell von konservativer Seite, wir würden ja an das vererbte Haus der Oma ran. Das ist Quatsch. Es geht ausdrücklich nicht um die gesellschaftliche Mitte", sagte der SPD-Politiker der Rheinischen Post. Es wäre nur gerecht, wenn Milliardäre Verantwortung übernehmen und sich an den Kosten für das Gemeinwesen beteiligen würden. "Dass nun auch Jens Spahn in diese Richtung argumentiert, lässt mich hoffen, dass wir gemeinsam etwas hinbekommen für mehr Steuergerechtigkeit in diesem Land."
Klöckner reagiert auf Kritik von Habeck und Lang
Bundestagspräsidentin Julia Klöckner lässt Kritik von den ehemaligen grünen Spitzenpolitikern Robert Habeck und Ricarda Lang an sich abprallen. "Ich weiß ja selbst, wie es ist, nicht mehr in der Regierung zu sitzen, sondern Opposition zu sein. Ich empfehle, das mit Würde und konstruktiv zu ertragen", sagte die CDU-Politikerin der Augsburger Allgemeinen. "Manchmal sagen Botschaften ja mehr über den Absender etwas aus als über den, den es treffen soll."
Habeck und Lang hatten Klöckner, die nach dem Erfolg der Union bei der Bundestagswahl seit März das zweithöchste Staatsamt bekleidet, für ihre Amtsführung kritisiert.
CSU-Landesgruppenchef Hoffmann: Die AfD ist der „Erzfeind“
CSU-Landesgruppenchef Alexander Hoffmann hat angesichts hoher Umfragewerte für die AfD in Sachsen-Anhalt die Partei als „Erzfeind der Union" bezeichnet. „Die AfD will uns zerstören. Sie ist der Erzfeind der Union und damit ist die Union der Erzfeind der AfD. Es kann keine Zusammenarbeit mit der AfD geben“, sagte Hoffmann dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Es werde der Union aber „völlig ohne Grund“ immer wieder unterstellt, sie könnte mit der AfD kooperieren.
Der CSU-Politiker sagte, die jüngste Umfrage mit Blick auf die Landtagswahl in Sachsen-Anhalt im Herbst 2026 „sollte alle Demokraten beunruhigen“. In dem Bundesland kommt die AfD derzeit auf 39 Prozent. In der Sonntagsfrage des Meinungsforschungsinstituts Infratest dimap im Auftrag von Magdeburger Volksstimme, Mitteldeutsche Zeitung und Mitteldeutschem Rundfunk liegt sie weit vor der CDU mit 27 Prozent. Auf dem dritten Platz folgt demnach die Linke mit 13 Prozent.
Zweiter Anlauf für Wahl der neuen Verfassungsrichter am 25. September
Der Zeitplan für die Wahl der neuen Richterinnen und Richter für das Bundesverfassungsgericht steht. Einem Bericht des Handelsblatt zufolge soll der Bundestag am 25. September über die drei neuen Richter abstimmen. Voraussetzung ist, dass der Wahlausschuss des Parlaments drei Tage vorher am 22. September die von der SPD neu nominierte Kandidatin Sigrid Emmenegger billigt. Das geht aus einem Schreiben des ersten parlamentarischen Geschäftsführers der Unionsfraktion, Steffen Bilger (CDU), an deren Mitglieder hervor, das der Zeitung vorliegt. Eine Sprecherin der Fraktion bestätigte der Deutschen Presse-Agentur die in dem Schreiben genannten Daten.
Am Mittwoch hatten die Fraktionsspitzen von SPD und Union bekanntgegeben, dass Emmenegger die neue Kandidatin der Sozialdemokraten ist. Sie ist seit 2021 Richterin am Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. Emmenegger nimmt den Platz von Frauke Brosius-Gersdorf ein, die sich aus der Besetzungsfrage um das Verfassungsgericht zurückgezogen hatte, nachdem ihr Teile der Unionsfraktion die Unterstützung verwehrt hatten.
Emmenegger muss vom Wahlausschuss mit Zweidrittelmehrheit nominiert werden. Auch bei der Abstimmung im Parlament ist eine Zweidrittelmehrheit der abgegebenen Stimmen erforderlich. Das heißt, die Koalition ist auf Stimmen aus der Opposition - vor allem von Grünen und Linken - angewiesen. Die hatten sich erneut verärgert über mangelnde Einbindung in das Verfahren gezeigt. Eine weitere offene Frage ist, ob der von der CDU/CSU aufgestellte Arbeitsrichter Spinner womöglich nur mit Stimmen der AfD ins Amt kommt.
Linke und Grüne sammeln vertraulich Stimmen für U-Ausschuss
Zur Aufklärung möglicher Milliardenverluste beim Kauf von Corona-Masken wollen Grüne und Linke mit einer vertraulichen Umfrage im Bundestag die nötigen Stimmen für einen Untersuchungsausschuss finden. Das kündigten die Abgeordneten Paula Piechotta (Grüne), Tamara Mazzi und Ates Gürpinar (beide Linke) an. Sie hoffen auf mindestens neun Stimmen aus der Koalition.
Anfang der Woche soll ein Dokument an alle Abgeordneten geschickt werden. Die Unterstützer sollen bei der „Unterschriftensammlung“ zunächst vertraulich ihr Votum ankündigen. Letztlich müssten sie aber öffentlich mit den beiden Oppositionsparteien stimmen, um den Ausschuss einzusetzen.
Unter dem damaligen Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU), heute Unionsfraktionschef, hatte sein Ressort 2020 große Mengen Masken zu hohen Preisen beschafft. Aus Rechtsstreitigkeiten mit Unternehmen drohen dem Bund Milliardenrisiken. Es gehe um einen Streitwert von 2,3 Milliarden Euro, sagte Gürpinar. „Da kann man nicht einfach zur Tagesordnung übergehen.“
Wagenknecht will nach Parteiumbenennung nicht aufhören
BSW-Gründerin Sahra Wagenknecht will nach einer Umbenennung ihrer Partei weitermachen. „Das BSW ist mein Herzensprojekt und wird dringend gebraucht. Ich werde mich selbstverständlich auch nach der Umbenennung weiter für die Partei engagieren“, sagte die 56-Jährige der Leipziger Volkszeitung und der Sächsischen Zeitung. Es habe von Anfang an festgestanden, dass der Name Bündnis Sahra Wagenknecht eine Übergangslösung sein sollte. „Er war anfangs notwendig, um das BSW zu etablieren. Das ist gelungen“, sagte Wagenknecht.
Wagenknecht war im Oktober 2023 nach langem Streit aus der Linken ausgetreten und hatte Anfang 2024 das BSW gegründet. In Thüringen und Brandenburg ist die Partei an den Landesregierungen beteiligt. Bei der Bundestagswahl im Februar verpasste das BSW den Einzug in den Bundestag knapp.
Spahn über Vermögen: "Wer schon hatte, hat immer mehr"
Unionsfraktionschef Jens Spahn prangert eine ungerechte Vermögensverteilung in Deutschland an. "Wer schon hatte, hat immer mehr", sagte der CDU-Politiker in der ZDF-Talkshow "Maybrit Illner". "Wir hatten in den letzten Jahren, gerade in der Niedrigzinsphase, die Situation, dass Vermögen eigentlich ohne größeres eigenes Zutun von alleine fast gewachsen ist. Immobilienwerte, Aktienwerte und anderes mehr." Spahn räumte ein: "Es ist ein Problem, die Vermögensverteilung."
Menschen mit vergleichsweise niedrigen Einkommen müssten ebenfalls an der Vermögensbildung beteiligt werden, sagte Spahn. Er forderte zudem, die sozialen Sicherungssysteme an den demografischen Wandel, also die alternde Gesellschaft anzupassen. "Wachstum ist die Voraussetzung auch für funktionierende Sozialsysteme."
Spahn verwies darauf, dass ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Erbschaftssteuer erwartet werde und die Koalition die Steuer dann möglicherweise neu regeln werde. Es könnte sein, dass das Verfassungsgericht die Regierung zu einer Reform der Erbschaftssteuer zwingt.
Die Nachtkritik zur Sendung lesen Sie hier mit SZ Plus:
Reform der Schuldenbremse verzögert sich
Die von Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) eingesetzte Expertenkommission zur Reform der Schuldenbremse wird ihre Empfehlungen erst im Frühjahr kommenden Jahres vorlegen. Angepeilt sei jetzt das erste Quartal 2026, hieß es nach dem ersten Treffen der Fachleute am Donnerstag in Kommissionskreisen. Klingbeil hatte ursprünglich darauf gehofft, dass die Runde noch in diesem Jahr ein Reformkonzept vorschlagen wird. Hintergrund ist, dass in der Haushaltsplanung des Bundes allein für 2027 eine Lücke im Umfang von gut 30 Milliarden Euro klafft. Der Minister will das Loch durch Einsparungen sowie durch zusätzliche Einnahmen schließen und hofft dabei auch auf einen etwas größeren Kreditspielraum, der sich durch eine Modernisierung der Schuldenregel ergeben könnte.
Nach Angaben aus den Kreisen verlief die erste Sitzung der Expertenrunde sehr konstruktiv und ohne Streitereien. Die Befürchtung mancher Beobachter, die von der Union entsandten Kommissionsmitglieder sollten eine Reform eher behindern als befördern, bestätigte sich zumindest vorerst nicht. Klingbeil selbst konnte dem Vernehmen nach krankheitsbedingt nicht an dem Treffen teilnehmen. Er ließ jedoch verlautbaren, Deutschland brauche eine kluge Modernisierung der verfassungsrechtlichen Vorschriften, die einerseits kreditfinanzierte Investitionen ermögliche, zugleich aber die Schuldenlast begrenze.
Bisher ist die Regel des Grundgesetzes relativ starr und beschränkt die Kreditaufnahme des Bundes in konjunkturell normalen Zeiten auf 0,35 Prozent der Wirtschaftsleistung. Allerdings hatten Bundestag und Bundesrat die Verfassung auf Initiative von Union, SPD und Grünen kurz vor Ende der vergangenen Wahlperiode geändert und Verteidigungsausgaben weitgehend von der Limitierung ausgenommen. Zudem wurde an der Schuldenbremse vorbei ein kreditfinanziertes sogenanntes Sondervermögen im Volumen von 500 Milliarden Euro eingerichtet, aus dem bis 2036 Investitionen in die Infrastruktur und den Klimaschutz bezahlt werden können. Klingbeil strebt über die Ausnahmeregelungen hinaus nun eine flexiblere, verlässliche Langfristlösung an.
Kommission zur Reform der Schuldenbremse beginnt Arbeit
Die von der Bundesregierung eingesetzte Kommission zur Reform der Schuldenbremse beginnt an diesem Donnerstag offiziell mit ihrer Arbeit. An der konstituierenden Sitzung am Vormittag will auch Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) teilnehmen. Die 15-köpfige Arbeitsgruppe soll bis Jahresende Vorschläge für eine Modernisierung der im Grundgesetz verankerten Schuldenregel machen. Diese beschränkt den Spielraum des Bundes, neue Kredite aufzunehmen.
Die Kommission soll nach Angaben des Finanzministeriums dauerhaft zusätzliche Investitionen in Deutschland ermöglichen. Geleitet wird sie vom ehemaligen niedersächsischen Ministerpräsidenten Stephan Weil (SPD), dem früheren niedersächsischen Finanzminister Reinhold Hilbers (CDU) und dem ehemaligen Bildungsstaatssekretär Stefan Müller (CSU).
Vor allem die SPD setzt sich schon lange für eine Reform der Schuldenbremse ein. In der Union gibt es allerdings Zweifel. So hält Unionsfraktionsvize Mathias Middelberg größere Änderungen nicht für notwendig. „Schulden sind auf Dauer, darüber müssen wir uns klar sein, nicht die Lösung“, sagte der Politiker im Podcast von Politico. Aktuell halte er weitere Änderungen an der Schuldenregel nicht für nötig. „Das heißt aber nicht, dass man nicht auch noch in guten Expertengesprächen zu anderen Einschätzungen kommen kann“, sagte Middelberg.
Grüne fordern Sicherheitsoffensive gegen hybride Bedrohungen
Die Grünen im Bundestag fordern eine bessere Vernetzung der Sicherheitsbehörden von Landes-, Bundes- und Europaebene. "Eine echte Sicherheitsoffensive der Bundesregierung gegen hybride Bedrohungen steht aus und bleibt überfällig", sagte der stellvertretende Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion Konstantin von Notz der Deutschen Presse-Agentur in Berlin zum Amtsantritt des neuen BND-Präsidenten Martin Jäger am Nachmittag. Nötig sei zudem ein aktuelles und einheitliches Gesamtlagebild.
Es sei erfreulich, dass der Bundesnachrichtendienst mit Jäger einen erfahrenen und kompetenten neuen Präsidenten bekomme, lobte von Notz, der auch Vize-Vorsitzender des Geheimdienst-Kontrollgremiums des Bundestages (PKGr) ist. Nicht zuletzt durch seinen Dienst als Botschafter in der Ukraine habe Jäger einen sehr klaren Blick auf die sicherheitspolitische Lage und die von Russland und anderen Autokratien ausgehenden Bedrohungen. "Dass es dem Kanzleramt gelungen ist, diese wichtige Personalie - anders als die Leitung des Bundesamts für Verfassungsschutz - zügig und kompetent neu zu besetzen, ist gut und wichtig", fügte er hinzu.
Die Nachrichtendienste stünden weiterhin vor gewaltigen Herausforderungen. Hybride Angriffe aus Russland und anderen autoritären Staaten, Spionage, Sabotage und Desinformationen bedrohten Sicherheit und Freiheit in erheblichem Maße, warnte von Notz. Eine adäquate Antwort der Bundesregierung müsse zwingend eine umfassende und zeitnahe Reform des Nachrichtendienstrechts beinhalten. "Mit ihr muss eine Stärkung der Dienste und der Kontrolle gleichermaßen kommen", verlangte er.