Warum setzt ihr euch nicht dazu? Ein Abend im Café Nilus in der Allenby Street von Tel Aviv © Amit Elkayam für DIE ZEIT
Das Café Nilus in Tel Aviv ist einer der liebsten Orte von Schriftstellern, Models und anderen Kettenrauchern. Der Fisch dort ist ungenießbar, aber der Aufenthalt interessant.
Aus der ZEIT Nr. 39/2025 Aktualisiert am 14. September 2025, 19:45 Uhr
Die schönste Bar, die ich kenne, liegt nicht in der Stadt, in der ich lebe, sondern in der Stadt, in der ich vielleicht einmal leben werde. Immer wenn ich alle paar Jahre dort bin, im Nilus auf der Allenby Street, erzähle ich den Leuten, die aneinandergereiht neben mir an kleinen Tischen sitzen, dass ich mir gut vorstellen kann, eines Tages nach Tel Aviv zu ziehen, weil mir das Leben, Denken und Reden unter nervösen, herzlichen Israelis in der nahöstlichen Hitze einfach mehr Spaß macht als unter kühlen Berlinern. Viele der Leute im Nilus schauen mich dann erschrocken an. Denn für sie – überwiegend linke Schauspieler, Musiker, Schriftsteller, die sich hier, in der Bar der Tel Aviver Boheme, treffen, um ihre Politiker und deren Entscheidungen wutentbrannt zu kritisieren – ist es oft genau umgekehrt: Sie denken darüber nach, wie es wäre, nicht mehr hier zu leben. Sie lieben ihr Land, träumen aber insgeheim vom alten und absolut unprovinziellen Westen, von London, Los Angeles, New York oder Paris.