Die organisierte Kriminalität in Deutschland sorgt weiter für Milliardenschäden und wirbt zunehmend Jugendliche und auch Kinder an. Kriminelle Gruppen rekrutieren sie demnach für Drohungen, Angriffe und auch Tötungen, heißt es in dem am Freitag in Wiesbaden vorgestellten „Bundeslagebild Organisierte Kriminalität 2024“ des Bundeskriminalamtes (BKA).
Gruppierungen bieten häufiger kriminelle Dienstleistungen an
Dies stehe im Zusammenhang mit dem Phänomen des sogenannten „Crime-as-a-Service“. Immer häufiger böten Gruppierungen ihre Handlungen als kriminelle Dienstleistungen an, heißt es im Bundeslagebild. „Die Professionalisierung auf bestimmte Aktivitäten, wie beispielsweise im Bereich der Geldwäsche, stellt zunehmend die Arbeit der Strafverfolgungsbehörden vor Herausforderungen.“
Einerseits erleichtere diese Professionalisierung die Einschleusung von Geld aus kriminellen Aktivitäten in den legalen Wirtschaftskreislauf. Andererseits müssten die Banden den Anbietern der Geldwäsche eine lukrative Provision zahlen. „Crime as a Service“ ist daher laut dem BKA insbesondere in diesem Bereich „für beide Seiten ausgesprochen attraktiv“.
Innenminister Alexander Dobrindt bezeichnete die organisierte Kriminalität als eine der größten Bedrohungen für den Rechtsstaat. „Sie agiert brutal und skrupellos, weltweit – vom Drogenhandel über Geldwäsche bis zur Einflussnahme auf Entscheidungsträger“, sagte er. „Diesen kriminellen Netzwerken muss man den Nährboden entziehen, indem man ihre Geldquellen konsequent austrocknet. Wer innerhalb dieser Strukturen nicht erklären kann, woher sein Vermögen kommt, soll es verlieren. Das ist ein Paradigmenwechsel.“
Der durch Gruppierungen der organisierten Kriminalität verursachte Gesamtschaden lag dem Lagebild zufolge 2024 bei 2,6 Milliarden Euro. Mehr als zwei Drittel davon entfielen auf den Bereich Cybercrime, obwohl diese Gruppen nur vier Prozent der Ermittlungsverfahren ausmachten.
Dobrindt zu Cannabis: „Ein richtiges Scheißgesetz“
Hauptbetätigungsfeld der organisierten Kriminalität bleibe der Rauschgifthandel. Bundesweit wurden im vergangenen Jahr 647 Ermittlungsverfahren geführt, von denen mehr als 70 Prozent einen transnationalen Bezug aufwiesen. In den Vorjahren lag die Zahl der Verfahren ähnlich hoch.
Trotz der Gesetzesänderung mit Teil-Legalisierung von Cannabis registrierten die Behörden fast 100 000 Delikte. Laut BKA wird Cannabis weiterhin illegal in Deutschland angebaut und in großem Umfang eingeschmuggelt. Dobrindt kritisierte das Gesetz der Ampelregierung scharf: „Ein richtiges Scheißgesetz, wenn Sie mich fragen.“ Der kriminelle Bereich sei hier nur statistisch rückläufig, steige in der Realität aber deutlich an, so Dobrindt. „25 Gramm in der Tasche, das war früher ein Händler, wenn wir ihn aufgetroffen haben. Heute ist es immer noch ein Händler, aber wir bearbeiten ihn nicht mehr so.“
Damit habe man dem illegalen und kriminellen Drogenhandel Tür und Tor geöffnet, was die Verfügbarkeit und Nachfrage erhöhe. „Das ist ein richtig schädliches Gesetz für unsere Gesellschaft, für die Kinder, auch für unseren Rechtsstaat.“ Laut Koalitionsvertrag von Union und SPD soll es analysiert und gegebenenfalls geändert werden.
BKA-Präsident Holger Münch erklärte, neben Cannabis habe Kokain mit rund 31000 Delikten den zweitgrößten Anteil. Schmuggler passten ihre Routen an und nutzten vermehrt Häfen in Südwesteuropa. Zudem wachse der Markt mit synthetischen Drogen; 37 Produktionsstätten seien sichergestellt worden. Der Drogenbeauftragte des Bundes, Hendrik Streeck, sagte, die Lage sei der Politik entglitten. „Die Suchthilfe ist überfordert und unterfördert.“ Fentanyl spiele eine zunehmende Rolle. Man stehe vor einer Opioid-Krise.












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