Bildaktion in England: Donald Trump am Pranger von Windsor

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Wieder einmal bestätigt sich dieser Tage die Weisheit, ein Bild sage mehr als tausend Worte. Und gleich mehrere Bildbelege für eine umstrittene Beziehung sprechen eine entsprechend noch klarere Sprache. Am Vorabend des Staatsbesuchs von Donald Trump haben Aktivisten, wohl der Gruppe „Everyone Hates Elon“, die zuvor schon ein riesiges Banner mit Epstein und Trump im Park vor Schloss Windsor ausgerollt hatten, eine Dia- und Filmschau mit mehreren Bildern des US-Präsidenten zusammen mit dem verurteilten Sexualstraftäter Jeffrey Epstein auf einen Eckturm des Schlosses projiziert.

Klischeemäßig gelten die Diashows der Urlaubsfotos von Onkel Herbert als wenig aufregend, diese jedoch hatte es in sich. Bei der Projektion der Köpfe von Trump und Epstein auf den wohl nicht von ungefähr ausgewählten, freudianisch-phallisch aufragenden Rundturm – und eben nicht auf die glatt-bildparallele Mauer-Fassade von Schloss Windsor – fielen zwei Dinge sofort ins Auge: Anhand der stark farbigen und stilistisch (pink!) aus mindestens drei Jahrzehnten stammenden Krawatten um Trumps Hals handelt es sich um mehrere Szenen über längere Zeiträume hinweg. Und die Köpfe beider sind auf den Bildern freundschaftlich vertraut und ohne jede Individualdistanz eng aneinandergerückt, beide tanzen zusammen, auf mehreren davon lächeln Trump und Epstein maliziös. Mehr mediale Aufmerksamkeit auf die Affäre und die so lange wie enge Beziehung zwischen beiden konnte die Gruppe daher gar nicht erzielen als kurz vor Trumps Staatsbesuch auf dem Schloss der ebenfalls in die Epstein-Affäre involvierten Windsors.

Diese Bilder werden Trump noch lange verfolgen

Zumindest unterbewusst bedienten die Aktivisten mit ihrer Bilderschau aber auch geschickt einen alten Mechanismus in den Köpfen vieler Menschen. Schloss Windsor wurde ab 1070 von Wilhelm dem Eroberer erbaut und ist somit im Kern eine mittelalterliche Burg; im Klischeevorrat des Mittelalters weit oben liegt der Pranger. Die Gruppe aber hat nichts anderes bewerkstelligt, als einen weithin sichtbaren Pranger zu errichten, an dem Trump, der sich wie ein unumschränkt herrschender König Amerikas geriert, als enger Freund und Verbündeter eines moralisch noch verderbteren Machtmissbrauchers weltöffentlich vorgeführt wird.

 Vor der Diashow auf den Eckturm von Windsor hatte die Gruppe „Everyone Hates Elon“ schon ein riesiges Banner mit Epstein und Trump im Park des Schlosses ausgerollt.Giganten des Machtmissbrauchs: Vor der Diashow auf den Eckturm von Windsor hatte die Gruppe „Everyone Hates Elon“ schon ein riesiges Banner mit Epstein und Trump im Park des Schlosses ausgerollt.AFP

Im Mittelalter wurde die Anklage häufig über ein Bild geführt, so der Verurteilte abwesend war oder man seiner nicht habhaft werden konnte. Cranach stellt in Luthers Auftrag den Papst in mehreren Bildern im fernen Rom als apokalyptisches Biest und sittlich verlotterte Sau an den Pranger, an den Rathäusern wurden nicht selten Bilder inkriminierter Unholde angebracht, bespuckt oder mit Steinen beworfen. Und selbst noch in der Renaissance malte Botticelli die gehängten Anhänger der Pazzi-Verschwörung gegen die Medici in Florenz in deren Auftrag groß an die Wand des Rathauses, zur Abschreckung. Auch diese wurden noch postum ausgebuht. Sei es Zufall oder nicht: Die bildbewussten Aktivisten von „Everyone hates Elon“ konnten sogar die beiden schmalen und dunklen Schießscharten des mittelalterlichen Turms zur Anklage nutzen, indem sie Epsteins Gesichts genau so auf das Schloss richteten, dass seine Nase durch eine Art Schweinerüssel überblendet scheint.

Gefälscht sind die in der Diaschau präsentierten Bildzeugen tatsächlich nicht, da es sich um verifizierte Pressefotos und Filmausschnitte handelt. Sie finden sich auch auf den Sammeltassen und Tellern wieder, die  offenbar von den Aktivisten in den Museumsshop  des Schlosses geschmuggelt und dort wie gängige Ware ausgestellt wurden. Ein Video der Aktion teilten sie in den sozialen Medien. Die Prangerbilder von Windsor werden Trump jedenfalls noch lange verfolgen.

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