Vor 60 Jahren haben Israel und Deutschland diplomatische Beziehungen aufgenommen. Doch ein Weiter-so ist unmöglich geworden.
Shimon Stein war Israels Botschafter in Deutschland (2001–2007) und ist zurzeit Senior Fellow am Institut für Nationale Sicherheitsstudien (INSS) an der Universität Tel Aviv. Moshe Zimmermann ist Professor emeritus an der Hebräischen Universität Jerusalem.
Weiter so, oder? 60 Jahre sind seit der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Israel und der Bundesrepublik Deutschland am 12. Mai 1965 vergangen, und auf beiden Seiten bereitet man sich wie gewohnt auf die Festlichkeiten vor. Die Präsidenten beider Staaten planen Besuche im jeweils anderen Land, um zu gedenken und zu feiern. Doch die üblichen Floskeln, der Rückgriff auf Worte wie "Wunder", "Geschenk" oder "historisch", wie noch vor zehn, zwanzig oder dreißig Jahren üblich, überzeugt nicht mehr. Das alles klingt heute hohl. Zu viel ist geschehen, der Kontext hat sich im vergangenen Jahrzehnt grundsätzlich verändert, und auch wenn Politiker und Diplomaten die alten Sprüche wiederzubeleben versuchen, die meist an die Naziherrschaft und an die Schoah anknüpfen – im Hinterkopf schweben zunehmend Begriffe, die früher höchstens am Rande verwendet wurden. Worte wie "Kriegsverbrechen", "Kolonialismus", "Apartheid". Es nimmt nicht wunder, dass diesmal, anders als noch vor zehn Jahren, auf beiden Seiten keine Begeisterung zu spüren ist.