Afghanistan: Taliban verbieten Schach

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Die islamistischen Taliban haben bis auf Weiteres das Schachspielen in Afghanistan verboten. Das berichten die Nachrichtenagenturen Khaama und AFP unter Berufung auf die von den Taliban geführte Regierung. Die Entscheidung für das Schachverbot sei demnach aufgrund »religiöser Bedenken« getroffen worden. Alle Schachaktivitäten im Land würden gestoppt, der afghanische Schachverband aufgelöst.

»Schach gilt in der Scharia als Glücksspiel«, sagte der Sprecher der afghanischen Sportdirektion, Atal Mashwani, der Nachrichtenagentur AFP. »Es gibt religiöse Bedenken in Bezug auf den Schachsport. Bis diese Bedenken geklärt sind, ist der Schachsport in Afghanistan ausgesetzt«, sagte er.

Schach wurde in Afghanistan bislang nicht nur vom Verband organisiert, sondern auch in Cafés gespielt. Azizullah Gulzada, ein Café-Besitzer aus Kabul, bestreitet, dass Schach dort um Geld gespielt worden sei. Er werde das Verbot respektieren, sagte Gulzada, aber das schade seinem Geschäft und seinen Gästen: »Junge Leute haben heutzutage nicht viel zu tun, deshalb kommen viele jeden Tag hierher«, sagte Gulzada. »Sie trinken eine Tasse Tee und fordern ihre Freunde zu einer Schachpartie heraus.«

Schachbrett in einem Café in Kabul

Schachbrett in einem Café in Kabul

Foto: Wakil Kohsar / AFP

Die Taliban hatten das Schachspiel in Afghanistan bereits kurz nach ihrer Machtübernahme 1996 verboten. Nach dem Sturz der Talibanregierung Anfang der 2000er, wurde Schach erlaubt. Nun verbieten es die Taliban, die zurück an der Macht sind, zumindest vorläufig wieder.

Die Islamisten und ihr »Tugendgesetz«

Die Islamisten haben im August 2024 das »Gesetz zur Förderung der Tugend und Verhütung des Lasters« eingeführt. Das Regelwerk ist Teil eines umfassenden Vorstoßes zur Durchsetzung der Taliban-Interpretation des Scharia-Rechts. Insbesondere Frauen werden gemäß der eigenen, extremen Auslegung des Islam gemaßregelt und unter männliche Kontrolle gestellt.

Wie die Unterstützungsmission der Vereinten Nationen in Afghanistan (Unama) im April mitteilte, geraten inzwischen aber offenbar verstärkt Männer mit dem Gesetz in Konflikt. Sie würden zunehmend wegen unzulässiger Frisuren und kurzer Bartlängen von der Moralpolizei verfolgt.

Das »Tugendgesetz« schreibt unter anderem vor, dass Frauen ihren gesamten Körper einschließlich des Gesichts verhüllen und nicht ohne männliche Begleitung reisen dürfen. Männerbärte müssen mindestens eine Faustlänge messen, Haarschnitte im »westlichen Stil« sind laut Unama verboten. Der Unterstützungsmission zufolge gab es schon zuvor Regeln zur Verhüllung und zu Bartlängen, durch das »Tugendgesetz« wurden diese jedoch kodifiziert, was eine gezieltere Verfolgung ermöglicht.

In der rund 1500 Jahre dauernden Geschichte des Schachs ist das Spiel, insbesondere im Mittelalter, häufig verboten worden. Während der chinesischen Kulturrevolution untersagte zudem Mao Zedong den Menschen das Schach, weil es ein Spiel der Bourgeoisie sei.

2016 machte der oberste islamische Gelehrte Saudi-Arabiens, Großmufti Scheich Abdulaziz Al al-Sheikh Schlagzeilen, als er Schach für mit dem Islam unvereinbar erklärte. Das begründete er damit, dass Schach süchtig machen könnte. Die Spieler könnten ihre Gebete vergessen. »Es ist eine Verschwendung von Zeit und Geld und verursacht Rivalität und Feindschaft«, dozierte der Großmufti. Schach mache reiche Leute arm und arme Leute reich. Zu einem tatsächlichen Schachverbot kam es damals aber nicht.

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