Kommt die postkoloniale Sittenstrenge an ihr Ende? Die Berlin Biennale für Gegenwartskunst überrascht mit großer Heiterkeit.
Kaum zu glauben, doch mitten in Berlin, gleich hinterm Hauptbahnhof, kreuzt ein Fuchs meinen Weg, am helllichten Tag. Hält inne, schaut herüber, schaut mich an aus bernsteinfarbenen Augen. Und hat dann natürlich Wichtigeres vor, als sich mit mir aufzuhalten, huscht hinter den nächsten Bauzaun, die Zunge hängt ihm aus dem Maul.
Gerade war ich unterwegs auf der Berlin Biennale, deren Kuratorin Zasha Colah von einer ganz ähnlichen Begegnung erzählt: wie sie auf einen Fuchs traf, scheu und hurtig, der ihr dennoch unverwandt ins Gesicht sah – als wären sie seelenverwandt. Damals beschloss Colah, den Fuchs als Symbol auf ihre Biennale zu holen, als Leittier einer Kunst, die unverhoffte Wege einschlägt. Weil sie auftaucht wie die vielen Füchse Berlins: auf stille Weise unbeherrscht.