Alfred Brendel: Ein letzter Ton

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Alfred Brendel war einer der ganz großen Pianisten des 20. Jahrhunderts – und ein einschüchternd universell gebildeter Denker und Autor. Nun ist er gestorben. Ein Nachruf

18. Juni 2025, 15:23 Uhr

Alfred Brendel Komponist Nachruf
Alfred Brendel in den Siebzigerjahren in der Royal Festival Hall in London © Neil Libbert/​Getty Images

Der letzte Ton war ein zartes zweigestrichenes a, leise draufgesetzt auf den ohnehin so sanften Schlussakkord. Dieser allmählich verklingende Ton hallte nach im weiten Saal, endlose Sekunden, ein bisschen wehmütig, ein bisschen wissend, lächelnd-melancholisch, aber in einem höheren Sinne fast heiter, ja offen. Es war der letzte Berliner Ton einer märchenhaften Pianistenkarriere: Alfred Brendel war 2008 auf seiner weltweiten Abschiedstournee (die in Wien zu Ende gehen sollte) auch in die Philharmonie gekommen, und die 2.500 Zuhörerinnen und Zuhörer hatten wohl alle gerätselt, was seine allerletzte Zugabe werden würde, in jedem Fall sicherlich klug ausgewählt, wie immer bei diesem Künstler. Es wurde Franz Liszts auf einem Schweizer See in die Abendsonne gleitendes Stück Au lac de Wallenstadt aus dessen Zyklus Années de pèlerinage. Ein kleines, nicht sonderlich berühmtes, sogleich bezauberndes Stück, eine sehr überraschende, natürlich sehr geniale Wahl – und wohl die allermeisten im Saal hatten Tränen in den Augen bei diesem endgültigen Abschiedston.

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