Robert Habeck steigt aus der Politik aus. Er will ins Offene, ins Freie, seinen Horizont erweitern. In der „taz“ hat er noch einmal mit allem und allen abgerechnet. Mit der Politik und mit Parteien, Strukturen und Personen. Mit zweien insbesondere: Markus Söder lastet er „fetischhafte Wurstfresserei“ an, Julia Klöckner, dass sie dem Amt als Bundestagspräsidentin nicht gewachsen sei, von anderen fordere sie Neutralität, lege selbst aber nach rechts aus.
Bei Markus Lanz am Mittwochabend, so dachte man, würde dieser Robert Habeck, ehemaliger Vizekanzler und Wirtschaftsminister in der Ampelkoalition, nun sein Vermächtnis darlegen. Darauf waren auch die drei anderen in der Runde gespannt – der strebsame Lanz, die stellvertretende „Spiegel“-Chefredakteurin Melanie Amann und Carlo Masala, Politikprofessor an der Universität der Bundeswehr in München.
„Außerhalb des Erwartungsraums agieren“
Doch siehe da: Es kam nichts. Das sei „kein taktischer Abschied“, sagte Habeck. „Für das, wofür ich gewählt werden wollte, bin ich nicht gewählt worden“, deshalb wolle er jetzt „außerhalb des Erwartungsraums agieren“. Platt gesagt heißt das – was Lanz und Amann und Masala, der mehr als eine halbe Stunde lang kein Wort sagte, nicht glauben wollten: Die Menschen waren zu dumm, mich zum Kanzler zu wählen, und es hat sowieso alles keinen Zweck.
Mit den jetzigen Strukturen sei das Land nicht in der Lage, die anstehenden großen Probleme zu lösen; es würden sinn- und gegenstandslose „Kulturkämpfe“ angezettelt (wie etwa über das Gendern, da war Lanz ganz Habecks Meinung), um vom Eigentlichen abzulenken: Krise der Demokratie, Kriege „an allen Ecken und Kanten“. „Das ist doch alles für die Füße“, sagte Habeck mehr als einmal, auch dann, als er auf seinen Anteil an der Misere angesprochen wurde.
Doch darauf hatte Habeck keine Lust. Um mit Giovanni Trapattoni zu sprechen: Der Mann hat fertig. Da mag Lanz es auch im ersten Satz darauf anlegen, Habeck die Zusage zu entlocken, dass er doch wieder in die Politik zurückkehre, und zum Schluss sagen: „Wenn Sie den Wiedereinstieg in die Politik zu verkünden haben – wir sind da.“ Daraus wird nichts, zumindest nicht mit der Einstellung, die Habeck an den Tag legt.
Dass er ausgebrannt ist, wird ihm niemand vorwerfen, aber die Selbstgerechtigkeit, mit der er sich über sein eigenes Werk und das anderer äußert, ist bemerkenswert. Wie wäre es denn – dies nur als Beispiel –, nicht nur zu beklagen, dass die deutsche Wirtschaft, dass das ganze Land international abgehängt ist, sondern als Wirtschaftsminister etwas dagegen getan zu haben?
Stichwort Kulturkampf: Die Grünen ernähren sich davon, sie zwingen anderen ihre Sichtweisen auf und verweigern – wie Angela Merkel es als Kanzlerin 16 Jahre lang eingeübt hat – die Kontroverse. Selbst bei der Frage, auf die hin Habeck als Vater von vier Söhnen erfreulich persönlich wird – Wehrpflicht, deutsche Soldaten in der Ukraine – und sagt, er ginge lieber selbst, als seine Söhne zu schicken (die Einstellung empfehlen wir allen Wortführern Ü40), kommt die Floskel, das sei eine „politische Ordnungsgerechtigkeitsfrage“, die ihm „zu schnell zu klassisch“ beantwortet werde.
Deutschland müsse sich aufraffen, sagt Habeck am Ende. Genau! Mit einem Selbstdementi auf zwei Beinen wie ihm wird das aber nichts. Habe fertig.