Bayerns Unzulänglichkeiten - und die Abhängigkeit vom Superduo

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Das ging gerade nochmal gut für den FC Bayern. Das Ziel, erstmals seit 2020 wieder ins Pokalfinale in Berlin einzuziehen, lebt. Weil die Blamage in letzter Minute abgewandt wurde. Allerdings erinnerte der Auftritt beim 3:2 in Wiesbaden an die Unzulänglichkeiten der Vorsaison.

 Harry Kane.

Erlöste die Bayern spät: Harry Kane. FC Bayern via Getty Images

In den meisten Fällen ist das Wie eines Weiterkommens im DFB-Pokal egal. Es geht allein um den Einzug in die nächste Runde. Das 3:2 der Bayern in Wiesbaden aber erinnert an die Unzulänglichkeiten der vergangenen Saison.

Ja, die Münchner hatten ein enormes Ballbesitz-Plus. Ja, der FCB hatte genügend Möglichkeiten, um frühzeitig für klare Verhältnisse zu sorgen. Und ja, der Deutsche Meister führte verdient mit 2:0. Doch was dann folgte, ist eben auch ein Teil des FC Bayern unter Trainer Vincent Kompany, der offensichtlich nicht abgelegt werden kann. Zwei Unaufmerksamkeiten reichen, um den Gegner, wohlgemerkt - bei höchstem Respekt - einen Drittligisten, zurück ins Spiel kommen zu lassen.

Binnen sechs Minuten war die Partie ausgeglichen. "Wir sind zweimal bestraft worden, das wird aufgearbeitet", sagt Sportdirektor Christoph Freund: "Es macht mir keine Sorgen, aber es ist unnötig." Darüber hinaus vergab Harry Kane, nachdem er bereits einen Strafstoß zum 1:0 versenkt hatte, seinen zweiten Strafstoß im Spiel und ersten Elfmeter in einem Bayern-Pflichtspiel.

Kane und Olise erzielten neun der elf Pflichtspieltore

Er war es aber auch, der die Münchner in der Nachspielzeit mit seinem Kopfball zum 3:2 vor einer Blamage bewahrte. Gemeinsam mit Michael Olise rettete er die Bayern. Schließlich erzielte das bayerische Superduo in den ersten drei Pflichtspielen dieser Saison neun der elf Münchner Treffer. Kane und Olise machen den Unterschied. Sonst gäbe es vermutlich ernsthafte Diskussionen an der Säbener Straße.

Joshua Kimmich, der Kapitän in Abwesenheit des rotgesperrten Manuel Neuer, hatte Probleme im Mittelfeld. Jonathan Tah pennte beim Ausgleichstreffer. Raphael Guerreiro und Sacha Boey lassen zu oft Bayern-Niveau vermissen. Und Luis Diaz vergab zahlreiche aussichtsreiche Möglichkeiten.

"Wir müssen das Spiel früher entscheiden", weiß auch Kimmich: "Die Vielzahl an Chancen - das war schon extrem. Ich bin froh, dass wir geduldig geblieben sind." Und Sportdirektor Freund sagt: "Wir müssen eigentlich 4:0 oder 5:0 führen. Dann haben wir zweimal nicht aufgepasst, einen Gang zurückgeschaltet - und dann kommt der Anschlusstreffer, dann weiß man eh, was passiert in solchen Spielen."

Kompanys Rotations-Experiment blieb folgenlos

Ganz egal dürfte das Wie dieses Weiterkommens nun doch nicht sein. Ob sich Chefcoach Kompany mit seinen sechs Startelf-Wechseln einen Gefallen getan hat - fraglich, auch wenn eine 1b-Bayern-Mannschaft einem Drittligisten zu jeder Zeit überlegen ist. Wichtig für den Belgier, um von Vorwürfen verschont zu bleiben, dass seine Rotation folgenlos blieb. Denn grundsätzlich sind solche personellen Experimente in der bayerischen Führungsetage ungern gesehen - schon gar nicht in K.-o.-Spielen.

"Im Endeffekt ist es ganz wichtig, dass wir weiter sind", sagt Sportdirektor Freund: "Wir müssen etwas unterscheiden zwischen dem Ergebnis und der Leistung. Aber natürlich dürfen wir ein 2:0 gegen einen Drittligisten nicht hergeben. Gegen Leipzig haben wir fast jede Chance reingehauen, das ist uns heute nicht gelungen."

Verschmerzbar für die Münchner, solange es reicht. Trotzdem ist dieses 3:2 ein Auftritt, der - vielleicht zur rechten Zeit - die Sinne schärfen dürfte. Um nicht in Fahrwasser der jüngeren Vergangenheit zu geraten.

Georg Holzner

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