Zu seiner zweiten Anhörung im Strafprozess gegen ihn ist Südkoreas Ex-Präsident Yoon Suk-yeol öffentlich vor Gericht aufgetreten. Am Montag gab sich der in Anzug und mit roter Krawatte gekleidete Yoon im Gerichtssaal ungerührt angesichts der Fotografen. Medienvertreter durften die zweite Sitzung mit ihm filmen, bei Yoons erster Anhörung am Montag vergangener Woche war dies noch untersagt gewesen.
Der Präsident hatte Anfang Dezember das Kriegsrecht ausgerufen und Südkorea damit in eine tiefe politische Krise gestürzt. Das Parlament in Seoul stimmte daraufhin für die Absetzung Yoons, was das südkoreanische Verfassungsgericht Anfang April bestätigte.
Yoon hatte die drastische Maßnahme mit einem Haushaltsstreit begründet. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, er habe zu einem Aufstand anstiften wollen, um die »verfassungsmäßige Ordnung« zu stürzen. Bei dieser Anhörung hatte Yoon den Vorwurf zurückgewiesen.
Einer Verhaftung hatte er sich wochenlang widersetzt, indem er sich im Januar, beschützt von loyalen Mitarbeitern seines Sicherheitsdienstes, in der Präsidentenvilla verschanzte. Seine Leibwächter hatten Stacheldraht und Barrikaden rund um die Villa errichtet. Polizisten mussten Leitern benutzen und über Mauern klettern, um in das Gebäude zu gelangen.
Yoon war der erste amtierende Präsident Südkoreas, der von der Polizei verhaftet worden war. Er war jedoch nach einigen Wochen in Haft wegen verfahrenstechnischer Gründe wieder entlassen worden.
Am Mittwoch hatte die Polizei das ehemalige Büro und den Wohnsitz des abgesetzten Präsidenten durchsucht. Dabei seien auch die Büros des Sicherheitsdienstes und das Wohnhaus dessen Leiters durchsucht worden, teilte die Polizei mit. Zudem seien verschlüsselte Handydaten beschlagnahmt worden. Die Durchsuchung sei Teil von Ermittlungen wegen der »mutmaßlichen Behinderung der Vollstreckung eines Haftbefehls« gegen Yoon.
Sollte der 64-jährige Yoon für schuldig befunden werden, wäre er der dritte südkoreanische Präsident, der wegen Aufruhrs verurteilt wird – nach zwei Militärführern im Zusammenhang mit einem Staatsstreich im Jahr 1979. Bei einer Verurteilung droht ihm lebenslange Haft oder sogar die Todesstrafe. Es ist jedoch sehr unwahrscheinlich, dass die Höchststrafe vollstreckt werden würde, da seit 1997 ein inoffizielles Moratorium für Hinrichtungen in Südkorea gilt.