Illustration: Kat Menschik
Iida Turpeinen: „Das Wesen des Lebens“. S. Fischer, Frankfurt am Main 2024. 312 S., geb., 24,– €.
Warum wird ein Debütroman über einen ausgestorbenen Klops namens Stellersche Seekuh zur Sensation in Finnland? Weil er Fiktion, Wissenschaftsgeschichte und Trauer über das achtlos zum Verschwinden Gebrachte anmutig und aktuell vereint.
Anne Weber: „Bannmeilen“. Ein Roman in Streifzügen. Matthes & Seitz Verlag, Berlin 2024. 301 S., geb., 25,– €.
Anne Weber macht sich auf die Suche nach Neuem und entdeckt die Welt hinter den Mauern ihrer Stadt: Eine 600 Kilometer lange Expedition durch die Pariser Banlieues – erreichbar per Metro für etwa zwei Euro.
Uwe Grüning: „Unzeitige Heimkehr“. Vignetten und Lebenslandschaften. Radius-Verlag, Stuttgart 2004. 119 S., geb., 16,– €.
Letzter lieferbarer Titel eines leisen und klugen Autors: „So zwischen Schönheit und Abscheulichkeit verteidigen wir unsere winzige Welt.“
Kendrick Lamar: „Not Like Us”, Musikvideo, Regie: Lamar und Dave Free, Choreographie: Charm La’Donna. Kostenlos auf Youtube und allerwege im Netz.
Genierausch des Jahres. Körper, Witz, diabolische Bosheit. Und Text! „The audience not dumb / Shape the stories how you want, hey, Drake, they’re not slow.”
Marion Löhndorf: „Leben im Hotel“. Verlag zu Klampen, Springe 2024. 105 S., geb., 14,– €.
Wohnen als Gast: Ein ortsunabhängiger Reiseführer für moderne Nomaden.
Samantha Harvey: „Umlaufbahnen“. Roman. dtv, München 2024. 224 S., geb., 22,– €.
So preiswert wie in diesem Roman gelangt man mit keinem anderen Vehikel ins Weltall. Die Reise führt mit sechs Astronauten auf eine Raumstation 400 Kilometer über der Erde. Gibt es Worte über die Unermesslichkeit des Universums? Es gibt sie.
„Fallout“, acht Episoden bei Amazon Prime.
Lange lebten wir Videospielfans in dem Glauben, dass sich großartige Spiele einfach nicht in andere Bewegtbildformate übersetzen lassen. Nachdem uns 2023 „The Last of Us“ eines Besseren belehrte, erbringt 2024 „Fallout“ den endgültigen Beweis, dass es doch geht.
Jonas Zorn: „Ökonomisierung des Persönlichen“. Wie der Markt Freundschaft und Liebe erobert. Reclam Verlag, Ditzingen 2024. 96 S., br., 7,– €.
Man sollte sich die besten Bände der Reihe „Was bedeutet das alles“ in jede Tasche stecken, um sie zur Hand zu haben, wenn man sonst aufs Smartphone stiert.
„Die Zweiflers“, sechs Folgen, in der ARD Mediathek.
Diese Serie über eine jüdische Frankfurter Familie ist das Beste, was es im deutschen Fernsehen in diesem Jahr zu sehen gab: Klug, witzig, manchmal skurril und nie vorhersehbar, zeichnet sie ein Bild jüdischen Familienlebens jenseits der Klischees.
André Aciman: „Roman Year“. A Memoir. Faber and Faber, London 2024. 368 S., br., 15,– €.
Nach 30 Jahren knüpft ein überaus einnehmender und gewandter Autor an die Erinnerungen an seine Kindheit in Alexandria an, mit denen er debütierte.
Seishi Yokomizo: „Die rätselhaften Honjin-Morde“. Übersetzt von Ursula Gräfe, Aufbau Verlag, Berlin 2024. 206 S., br., 12,– €.
Wer Agatha Christie und Sherlock Holmes mag, wird Seishi Yokomizo lieben. Und ein bisschen Grusel unter dem Weihnachtsbaum ist ja auch ein guter Kontrast zum Lametta.
Petra Morsbach: „Plötzlich ist es Abend“. Roman. Penguin Verlag, München 2018. 731 S., br., 12,– €.
Kein neues Buch, aber ein zeitloses. Und ein angesichts des Umfangs und der Qualität konkurrenzlos preiswertes. Morsbachs Debütroman von 1995 erzählt von einem russischen Frauenleben im zwanzigsten Jahrhundert – und noch mehr über Russland selbst.
Kirstin Warnke: „Sei nicht so“. Roman. Piper Verlag, München 2024. 336 S., geb., 24,– €.
Schlimme Geschichte, die ohne die beachtliche Komik wohl gar nicht zu ertragen wäre.
@kriegundfreitag: „Das Männchen ohne Eigenschaften“. Reclam Verlag, Ditzingen 2024. 128 S., br., 8,– €.
Ein Büchlein nicht nur für alle, denen Robert Musils „Mann ohne Eigenschaften“ zu dick war: In den Strichmännchen-Cartoons von Tobias Vogel alias @kriegundfreitag kann sich jeder wiedererkennen.
Blood Incantation: „Absolute Elsewhere“. MP3-Album. Century Media 2024. 10,99 €.
Ja, das ist Death Metal. Ja, mit Schreierei und so. Aber das schließt Synthesizer, Progrock-Passagen, Shoegaze-Akkorde und psychedelische, im Grunde: pinkfloydeske Klanglandschaften überhaupt nicht aus.
Helena Kelly: „The Life & Lies of Charles Dickens“. Icon Books, London 2024. 272 S., br., 11,99 £.
Noch eine Dickens-Biographie? Diese kratzt am Denkmal, das frühere Biographen seit dem neunzehnten Jahrhundert errichtet haben, weist auf Widersprüche und Harmonisierungen hin – und lässt keinen Zweifel an ihrer Liebe zum Autor Dickens.
Carolina Schwarz: „#MeToo“. Reclam Verlag, Ditzingen 2024. 100 S., br., 12,– €.
Was die MeToo-Debatte ist und was sie nicht ist – Carolina Schwarz liefert einen Überblick, zeigt den Einfluss sozialer Medien und versucht sich an einer Zwischenbilanz der Bewegung, die 2017 ihren Anfang nahm.
Sheena Patel: „I’m a Fan”. Hanserblau, 20 Euro.
War in UK ein „Überraschungserfolg“: Junge Frau geht mit verheiratetem Promi ins Bett, stalkt dessen andere Affäre, sinniert über kulturelle Vorherrschaft auf Social Media und die grausame Selbstbezogenheit mancher Männer.
Nächstes Kapitel:
Was weiter hilft
Eva Horn: „Klima“. Eine Wahrnehmungsgeschichte. S. Fischer, Frankfurt am Main 2024. 607 S., geb., 34,– €.
Einst, als Klima noch nicht auf -wandel endete, war das Verhältnis zur Witterung sinnlich und unmittelbar, berichtet Horn. Und folgert in ihrer brillanten Imaginationsgeschichte, dass es das nun wieder werden muss.
Onur Erdur: „Schule des Südens“. Die kolonialen Wurzeln der französischen Theorie. Matthes & Seitz Verlag, Berlin 2024. 335 S., geb., 28,– €.
Pierre Bourdieu in Algerien, Roland Barthes in Marokko, Michel Foucault in Tunesien – die Geschichte der „french theory“ von Süden aus erzählt. Augenöffnend.
Hansjörg Küster: „Das Watt“. Wiege des Lebens“. C. H. Beck Verlag, München 2024. 239 S., geb., 26,– €.
Vermächtnis eines einzigartigen Wissenschaftlers, der für Gerüche, Geräusche und Gefühle empfänglich war, durch die Natur erst zur Landschaft wird.
Emily Tesh: „Die letzte Heldin“. Roman. Aus dem Englischen von Nina Lieke. Heyne, München 2024. 557 S., br., 18,– €
Erst liebt sie den Kampf, dann kämpft sie mit der Liebe, dann gewinnt die Liebe. Das Buch macht mürbe, wütend, verzweifelt und endlich froh.
Ernst Strouhal: „Über kurz oder lang“. Essays und Reportagen. Czernin Verlag, Wien 2024. 461 S., geb., 28,– €.
Aus Wien zu kommen hilft so gut wie immer weiter. Fabelhafte Texte des derzeit phantasievollsten Autors österreichischer Sprache.
Iida Turpeinen: „Das Wesen des Lebens“. Roman. S. Fischer Verlag, Frankfurt 2024. 320 S., geb., 24,– €.
Die Entdeckung der Stellerschen Seekuh 1741 führte augenblicklich zu ihrer Ausrottung. Die Art überlebte ihre Bekanntschaft mit dem Menschen nur 30 Jahre. Der Roman macht das wundersame Tier wenigstens in der Erinnerung wieder lebendig.
Ein Digital-Abonnement von FAZ+ für 2,95 € pro Woche.
Das hilft nicht nur Ihnen, sondern auch uns weiter – und eignet sich hervorragend für kluge Köpfe und alle, die es noch werden wollen, unterm Weihnachtsbaum.
John von Düffel: „Ich möchte lieber nichts“. Eine Geschichte vom Konsumverzicht. DuMont, Köln 2024. 208 S., geb., 24,– €.
Ein Mann um die fünfzig reist mit seinen Fragen zum richtigen Leben dorthin, wo er früher die wichtigsten Impulse seines Lebens erhielt. Und lernt, am damals sicher Geglaubten zu zweifeln.
Suzanne Heywood: „Wavewalker“, DuMont Reiseverlag, Ostfildern 2024, 440 S., br., 19,95 €.
Autobiographie über eine Reise der besonderen Art: Als Suzanne Heywood sieben Jahre alt ist, verwirklichen die Eltern ihren Traum und brechen zu einer Weltumseglung auf, die zehn Jahre dauern und zum Albtraum ihrer Kinder werden wird.
Levent Tezcan: „Alles Rassismus?“ Ressentiment in der Einwanderungsgesellschaft. Konstanz University Press, Konstanz 2024. 184 S., geb., 24,– €.
Eine überzeugend nüchterne und bündige Analyse der Tendenz zur Überbeanspruchung von Rassismuskritik.
Daniela Krien: „Mein drittes Leben“. Diogenes Verlag, Zürich 2024. 304 S., geb., 26,– €.
Eine Frau verliert ihre Tochter und droht an dem Schmerz zu zerbrechen. Sie sucht die Stille und rettet sich selbst. Jede Zeile schmerzt. Und trotzdem überwiegt die Hoffnung. Ein Kunststück.
Raquel Erdtmann: „Joseph Süßkind Oppenheimer“. Ein Justizmord. Steidl Verlag, Göttingen 2024. 272 S., Abb., geb., 24,– €.
Wer wissen will, was aus Antisemitismus folgt, der sollte dieses Buch lesen. Erdtmann erzählt den Weg zur Hinrichtung des jüdischen Finanzmanns im Jahr 1738 als blendend recherchierte Fallstudie des Hasses.
Frank Schulz: „Amor gegen Goliath“. Roman. Verlag Galiani, Berlin 2024. 752 S., geb., 32,– €.
Einfach gewaltig, der totale Roman. So geht Literatur.
Thomas Schlesser: „Monas Augen“. Eine Reise zu den schönsten Kunstwerken der Zeit. Aus dem Französischen von Nicola Denis. Piper Verlag, München 2024. 486 S., geb., 26,– €.
Weniger als eine halbe Minute verweilen Museumsbesucher im Schnitt vor einem Kunstwerk. Dieser Roman ist eine Einladung, das zu ändern.
Jens Beckert: „Verkaufte Zukunft“. Suhrkamp Verlag, Berlin 2024. 238 S., geb., 28,– €.
Viele Bücher über den Klimawandel sind, wir formulieren jetzt mit aller Vorsicht: sehr doof. Eindimensional, unterinformiert, raunend. Jens Beckert dagegen sagt nüchtern und pointiert, was der Fall ist.
Klaus Böldl: „Odin“. Der dunkle Gott und seine Geschichte. Verlag C. H. Beck, München 2024. 315 S., Abb., geb., 28,– €.
Weil man die nordische Mythologie nicht denen überlassen sollte, die sie nicht verstehen und gerade deshalb für ihre wirre Weltsicht missbrauchen.
Bell Hooks: „Bone Black“. Erinnerungen an eine Kindheit. Aus dem Amerikanischen von Marion Kraft. Elisabeth Sandmann Verlag, München 2024. 176 S., geb., 24,– €.
Die Erinnerungen der 2021 verstorbenen afroamerikanischen Dichterin, die davon erzählt, wie das Schreiben ihr Zuhause wurde.
Carlo Levi: „Die doppelte Nacht“. Eine Deutschlandreise im Jahr 1958. Aus dem Italienischen von Martin Hallmannsecker. Nachwort von Bernd Roeck. Verlag C. H. Beck, München 2024. 176 S., geb., 20,– €.
Wie Carlo Levi 1958 zwischen Hofbräuhaus und Dachau, Tübingen und Berlin die Deutschen sah. Eine wichtige Wiederentdeckung.
Nächstes Kapitel:
Klassiker
Léonie d’Aunet: „Reise einer Frau in die Arktis“. Mare Verlag, Hamburg 2024. 352 S., geb., 34,– €.
„Voyage d’UNE FEMME au Spitzberg“ war 1854 der Buchtitel, mit Großbuchstaben. Weil es ja auch UNERHÖRT war: Eine Frau reist Richtung Nordpol! Der Reisebericht der unerschrockenen Neunzehnjährigen in gebührend prächtiger Aufmachung.
Michael Ende: „Der satanarchäolügenialkohöllische Wunschpunsch“. Hörspiel mit Jens Wawrczeck, Anja Topf u. a. Silberfisch Verlag, Hamburg 2024. 2 CDs, 137 Min., 13,– €.
Eine Silvestergeschichte in einer Inszenierung, die gurgelt, blubbert, pfeift, zischt, pufft und brodelt. Wunderbares Ohrensausen für alle.
Felix Mendelssohn Bartholdy/ William Shakespeare: „Ein Sommernachtstraum“. Le Concert des Nations u. a., Jordi Savall. Alia Vox 2024. 4 CDs im Buch, 307 S., geb., 37,– €.
Mendelssohns komplette Bühnenmusik zu Shakespeares Schauspiel im englischen Original wie in der Tieck-Schlegel-Übersetzung.
Alan Moore: „Jerusalem“. Roman. Aus dem Englischen von Hannes Riffel und Andreas Fliedner in Zusammenarbeit mit Alexander W. Müller und Ralf Gnosa. Carcosa/Memoranda, Berlin 2024. 1445 S., geb., 78,– €.
Alles. Im Ernst. Und auch noch lustig.
Friederike Mayröcker: „Gesammelte Gedichte 2004–2021“. Suhrkamp Verlag, Berlin 2024. 560 S., geb., 38,– €.
„Durch Briefe mach ich mich / lebhaft zum / Anbeten . . .“ Durch Gedichte machte sie sich auch dazu.
Jürgen Kaube: „Sherlock Holmes“. Reclam Verlag, Leipzig 2024. 100 S., br., 12,– €.
Sherlock Holmes gehört zu den bekanntesten Figuren der Literaturgeschichte. Doch selbst wer alle vier Romane plus die 56 Kurzgeschichten von Arthur Conan Doyle gelesen hat, wird in diesem Buch noch immer auf seine Kosten kommen.
Franz Kafka: „Der Process“. Roman. Wallstein Verlag, Göttingen 2024. 397 S., geb., 34,– €.
Die von Reiner Stach kommentierte Ausgabe zeichnet nach, wie es Kafka seinerzeit gelang, ein derart dichtes Geflecht aus Bürokratie, Schuld und existenzieller Verzweiflung zu knüpfen, das bis heute nichts von seiner Gespenstigkeit einbüßt.
„Travelling Songs“. Marc Mauillon (Gesang), Christian Rivet (Laute), Les Joueurs de Traverse. Incises 2024. CD, 19,99 €.
Eine musikalische Reise durch das Europa der Renaissance, Werke von Dowland, Praetorius, Frescobaldi und anderen, getragen von Traversflöten. Schlagwerk passte wohl nicht mehr ins Gepäck.
Jean Améry: „Der neue Antisemitismus“. Klett Cotta, Stuttgart 2024, 128 S., br., 18,– €.
Amérys Essays darüber, wie viel Antisemitismus im Antizionismus steckt, lesen sich erschreckend aktuell. Obwohl vor fünfzig Jahren geschrieben, ist keine Zeile dieser hellsichtigen Analyse veraltet.
Roger Caillois: „Leitfaden durch das 15. Arrondissement für Phantome“. Aus dem Französischen von Peter Geble. Brinkmann & Bose Verlag, Berlin 2024. 59 S., br., 22,– €.
Ein kleiner Text für fortgeschrittene Paris-Spaziergänger, der überdies zu einem Film führt, der nur im ersten Arrondissement zu sehen ist.
Thomas Mann: „Der Zauberberg“. Geschenkausgabe in Leinen. Fischer Verlag, Frankfurt 2024. 1120 S., geb., 58,– €.
Susan Sontag hat den „Zauberberg“ schon als Teenager gelesen, sogar mehrfach. Man muss ihr nicht nacheifern, auch ein einmaliges Lesen beglückt.
Ivan Gončarov: „Die Schwere Not“. Aus dem Russischen von Peter Urban. Nachwort von Kior Janev. Friedenauer Presse, Berlin 2024. 140 S., br., 20,– €.
Faul waren die Figuren des russischen Klassikers Iwan Gontscharow schon vor dessen legendärem „Oblomow“. Das früheste Zeugnis dafür ist diese grandiose Erzählung von 1838.
Heinz Strunk: „Zauberberg 2“. Roman. Rowohlt, Hamburg 2024. 288 S., geb., 25,– €.
Strunk wurde schon gefragt, ob er denn jetzt auch mit dem Nobelpreis rechne. Selbst wenn – es wäre ja keine Katastrophe. Und sagt man nicht: Frechheit siegt?
Karin Seeber: „Hinter den Gärten die Welt“. Die Reisen der Marie Luise Gothein. Schöffling & Co., Frankfurt am Main 2024. 272 S., geb., 28,– €.
Die erste umfassende Geschichte der Gartenkunst publizierte 1914 eine Frau, deren Leben Stoff für einen Roman abgäbe. Fast so liest sich diese Biographie über sie.
Die Ärzte: „40 Songtexte aus Berlin“. Kommentiert von Michael Loesl. Reclam Verlag, Ditzingen 2024. 128 S., br., 8,– €.
Kurzer Vergleich. Die Ärzte früher: „Weil duhuhuhu ein Scheißtyp bist“. Die Ärzte heute: „Demokratie ist kein Fußballspiel, bei dem du nur Zuschauer bist“. Aus Berlin (auuuus Berlin). Alles ist Punk!
Peter Kurzeck: „Frankfurt Paris Frankfurt“. Roman. Schöffling Verlag, Frankfurt 2024. 288 S., geb., 28,– €.
Mit einiger Verspätung kommt aus Kurzecks Nachlass ein scharfsichtiger, lebendiger Roman zur Ankunft des Autors in Frankfurt im Deutschen Herbst von 1977. Was sollte aus jener Zeit bleiben, wenn nicht dieses Buch?
George Sand: „Gabriel“. Roman. Aus dem Französischen von Elsbeth Ranke. Reclam Verlag, Ditzingen 2024. 171 S., br.,12,– €.
Passen Liebe und Emanzipation zusammen? Freiheit und Treue? Der Dialog-Roman von1839 über das Leben jenseits binärer Geschlechtergrenzen macht auch heute noch Spaß.
Wolf Haas: „Eigentum“. Roman. Hanser Verlag, München 2023. 160 S., geb., 22,– €.
Das Jahr begann mit diesem außergewöhnlichen Buch, und am Ende muss man feststellen, von welch bleibender Qualität es ist. Perfekte Sätze, die so leicht wirken, so schwer erkämpft sein müssen auf der Kippe zwischen Weinen und Lachen.
Nächstes Kapitel:
Kindersachen
Doctor Döblingers geschmackvolles Kasperltheater: „Kasperl und der Purzelprinz“. CD und MP3-Download, Verlag Antje Kunstmann, München 2024. 14,– €.
Es gibt noch beruhigende Nachrichten. Etwa, dass das phantastische Kasperl-Modernisierungs-Duo eine neue Folge produziert hat, im dreißigsten Jahr seiner Zusammenarbeit.
R. J. Palacio: „Pony“. Wenn die Reise deines Lebens lockt, mach dich auf den Weg. Aus dem Englischen von André Mumot. Hanser Verlag, München 2024. 303 S., geb., 19,– €. Ab 12 J.
Beginnt als Abenteuergeschichte in Wildwest, weitet sich zu einer Reise durch Raum und Zeit: ein Meisterwerk über Zuversicht und Zutrauen.
Oscar Wilde: „Das Gespenst von Canterville“. Christian Brückner & Das wilde Jazzorchester. Sauerländer Audio 2024. 1 CD, 14,– €. Ab 9 J.
Durch Doktor Pinkertons Universalfleckenentferner wird die Welt zwar sauberer, aber nicht unbedingt schöner.
In eigener Phantasiesprache plappern.
Kann man nicht kaufen, kennt kein Computer.
Javier Cáceres: „Tore wie gemalt“. Insel Verlag, Berlin 2024. 317 S., geb., 22,– €.
Berühmte Fußballspieler erzählen und zeichnen ihre schönsten Tore. Nicht nur für Buben.
Saša Stanišić: „Möchte die Witwe angesprochen werden, platziert sie auf dem Grab die Gießkanne mit dem Ausguss nach vorne“. Luchterhand Literaturverlag, München 2024. 256 S., geb., 24,– €.
Die kürzeste Short Story stammt von Hemingway: „For sale: baby shoes, never worn.“ Saša Stanišić macht ihm mit seinem Titel Konkurrenz.
„The Legend of Zelda: Echoes of Wisdom“. Videospiel, Nintendo Switch 2024. 47,99 €.
Erstmals seit Beginn der Reihe schlüpfen die Spieler in die Rolle der namensgebenden Prinzessin. Neben Kindern kommen auch Videospielveteranen auf ihre Kosten – denn stilistisch erinnert das Game stark an seine Anfänge in den Achtzigern.
Jörg Mühle: „Morgen bestimme ich!“. Moritz Verlag, Frankfurt 2024. 32 S., Abb., geb., 14,– €. Ab 4 Jahre.
Wenn zwei sich streiten, hat der Dritte keine Lust mehr und geht: Jörg Mühles Bildergeschichte aus dem Tierkinderwald ist eine Geschichte aus dem richtigen Leben.
Suzanne Collins: „Die Tribute von Panem 1 – Tödliche Spiele“. Illustrationen von Nico Delort, Verlagsgruppe Oetinger, Hamburg 2024, 368 S., geb., 34,– €.
Der dystopische Jugendbuchklassiker neu aufgelegt mit eindringlichen Schwarz-Weiß-Illustrationen. Unbedingt zuerst lesen, bevor man sich die Filme anschaut!
Simon Puttock & Daniel Egnéus: „Das Dings“. Aus dem Englischen von F. Pfeiffer. Carlsen Verlag, Hamburg 2023. 32 S., geb., 15,– €. Ab 3 Jahren.
Das Dings bleibt das Dings, solange Flick, Purzel, Brummel und Romp auch rätseln. Aber so kommt man eben ins Gespräch.
Veronika Wiggert: „Maschas leuchtende Jahre“. Illustriert von Marie Geissler. Tulipan Verlag, München 2024. 48 S., geb., 22,– €.
Worte kann man leider nicht radieren – umso wichtiger, sie achtsam zu verwenden. Auch daran erinnert dieses bezaubernde biographische Bilderbuch über Mascha Kaléko.
Maya Tatsukawa: „Maulwurf ist nicht allein“. Aus dem Englischen von Leena Flegler. Gerstenberg Verlag, Hildesheim 2024. 36 S., Abb., geb., 15,– €. Ab 4 J.
Ein Bilderbuch wie aus dem Bilderbuch: lustig, freundlich, lehrreich. Ein schüchterner Maulwurf tut sich schwer, einer Einladung Folge zu leisten. Hinreißend inszeniert.
„Planet der Affen: New Kingdom“. DVD oder Blu-ray. 145 Min. Walt Disney/LEONINE. 14,99 oder 16,99 €. Ab 12 Jahre.
Auf die Story kommt es bei solchen Filmen ja nur am Rande an; aber wie natürlich das durch und durch Künstliche hier wirkt, ist sagenhaft.
Laurence Anholt: „Kleine Geschichten von großen Künstlern“. Taschen Verlag, Köln 2024. 336 S., Abb., geb., 30,– €.
Was dreißig Jahre lang funktionierte, klappt immer noch, obwohl Laurence Anholts Illustrationsstil etwas in die Jahre gekommen ist: Aus der Perspektive von Kindern, die sie kannten, stellt er acht berühmte Künstler vor.
„Brotbacken Basics“. Mit Lutz Geißler. 33 Lektionen mit über 4 Stunden Videomaterial. www.ploetzblog.de. 39,92 €.
Backeinsteiger, die Orientierung brauchen, sind mit diesem Kurs bestens bedient. Warum steht der Tipp unter „Kindersachen“? Weil das Brotbackbusiness zum Teil wirklich kinderleicht ist.
Oskar Kroon: „Gurke und die Unendlichkeit“. Roman. Thienemann Verlag, Stuttgart 2024. 160 S., geb., 13,– €.
Wenn ein Elternteil krank wird, kommt auf das Kind einiges zu. Oskar Kroons Roman schildert eine Familie in Not und zeigt einen Weg, mit der Welt seinen Frieden zu machen.
Sachiko Kashiwaba: „Sommer in der Tempelgasse“. Aus dem Japanischen von Luise Steggewentz. limbion books, Dießen 2024. 240 S., geb., 20,– €. Ab 10 Jahre.
Kashiwaba erzählt von der Freundschaft von Kazu und dem Geistermädchen Akari, die ein Geheimnis lösen müssen: rasante Fantasy und eine Reise in die japanische Kultur.
The Milk Carton Kids: „Christmas in a Minor Key“. Far Cry/Thirty Tigers. MP3-Album, 7,99 €.
Weihnachten in Moll? Keine Sorge, Kinder, das Folkduo mit dem lustigen Namen fängt lieblich mit „The First Noel“ an. Aber vielleicht findet ihr ja auch das traurige „Coventry Carol“ schön. „That woe is me, poor Child for Thee“. Und jetzt trinkt eure Milch.
Nächstes Kapitel:
Muntermacher
George Steinmetz: „Feed the Planet“. Wie unser Appetit die Erde formt. Knesebeck Verlag, München 2024. 256 S., Abb., geb., 48,– €.
Manchmal braucht man Abstand, um zu begreifen: Diesmal ist der Fotograf George Steinmetz in seinen Gleitschirm gestiegen, um weltweit die Lebensmittelproduktion zu dokumentieren. Für die nötige Klarsicht.
Colombe Schneck: „Paris-Trilogie“. Aus dem Französischen von Claudia Steinitz. Rowohlt Verlag, Reinbek 2024. 206 S., geb., 24,– €.
Ein kühler Blick auf ein privilegiertes Leben an der Pariser rive gauche. Colombe Schneck rüttelt an gesellschaftlichen Hierarchien, nicht von unten, sondern von oben.
Wolfgang Rihm: „Fremde Szenen“. Irvine Arditti (Violine), Gianluca Pirisi (Cello), Roberta Pandolfi (Klavier). Odradek 2024. 1 CD, 14,– €.
Wachsein im Lauschen, Ekstasen im Schrei. Musik, die neu bleibt, weil sie sich vor Romantik nie fürchtete.
„Arcane – League of Legends“. Staffel eins. Plaion Pictures. Erscheint am 12. Dezember. 1 Blue-ray-Disc, 39,99 €.
„Are we … still … sisters?“ „Nothing is ever going to change that.”
Johanna Schumm: „Witz und Fülle oder Was heißt barock?“ Konstanz University Press, Göttingen 2024. 397 S., geb., 38,– €.
Das Buch entwickelt eine wundervolle Theorie der Geistesgegenwart und Lebensdichte. Auf jeder Seite überaus gedankenanregend.
Husch Josten: „Die Gleichzeitigkeit der Dinge“. Roman. Berlin Verlag, Berlin 2024. 224 S., geb., 22,– €.
Kann die Geschichte eines vom Tod besessenen Mannes lustig sein? Bei Husch Josten schon. Ihr Roman über letzte Dinge ist ein Requiem und eine Feier des Lebens, traurig, lebensklug und von einem Humor, wie es ihn wohl nur in Köln gibt.
Miriam Meckel und Léa Steinacker: „Alles überall auf einmal“. Rowohlt Verlag, Hamburg 2024. 400 S., geb., 26,– €.
Was macht das mit uns, wenn wir tagtäglich auf zig Kanälen mit Terabyte an Informationen bombardiert werden? Die Autorinnen haben Antworten und einige weitere Fragen.
Espressotassen-Set mit dem Dekor eines osmanischen Fliesenfelds aus Iznik, 16./17. Jahrhundert. Staatliche Museen Berlin, 24,50 €.
Bei den aparten bläulichen Blüten auf den beiden Tassen braucht es gar keinen Kaffee mehr zum Aufwachen.
Karol G: „Mañana será bonito“. Vinyl. Universal Music 2023. 2 LP, 49,99 €.
Das Album des kolumbianischen Superstars ist zwar schon 2023 erschienen – aber wer möchte dieses Jahr nicht mit der Aussicht beschließen, dass die Zukunft schön werden wird, wie der Albumtitel verspricht?
Jörg Später: „Adornos Erben“. Eine Geschichte der Bundesrepublik. Suhrkamp Verlag, Berlin 2024. 760 S., geb., 40,– €.
Doch, das geht also tatsächlich, eine Geschichte der Kritischen Theorie zu schreiben, die nicht nur lehrreich, sondern auch immer wieder eine muntere Angelegenheit ist.
Barbara Bleisch: „Mitte des Lebens“. Eine Philosophie der besten Jahre. Hanser Verlag, München 2024. 272 S., geb., 25,– €.
Warum zu einem guten Leben die Trauer gehört: ein kluges Buch, in dem endlich einmal nicht vierzig das neue dreißig ist.
„Donald Duck – Die ultimative Chronik“. Hrsg. von Daniel Kothenschulte. Taschen Verlag, Köln 2024. 568 S., Abb., geb., 175,– €.
Rechtzeitig vor Weihnachten erscheint die deutsche Ausgabe eines Prachtbuchs über die größte Persönlichkeit, die der Comic hervorgebracht hat. Zugleich feiert es den größten Autor dieses Metiers: Carl Barks.
Kings of Leon: „Can We Please Have Fun“. LP. Capitol Records 11770142 (Universal Music). Ab 29,99 €.
Die Followill-Sippe ist längst eine Stadion-Band, wirkt aber immer noch so schmuddelig wie ganz am Anfang.
Toni Zimmermann: „Echte Typen: Ansichtssachen“. Ja Schatz?!, Koblenz 2024.109 S., geb., 25,– €.
Die Weltlage ist unüberschaubar. Umso wichtiger, sich und andere mit naheliegenden Kleinigkeiten aufzumuntern: Ein Fotoband voller Aufnahmen aus der Natur, die einen in Steinen schrullige Gesichter erkennen lassen, ist da genau das Richtige.
Yard Act: „Where’s My Utopia?“ Vinyl. Island Records 2024. 27,99 €.
Die Mischung aus Afrobeat, Sprechgesang und Funk verleiht dem zweiten Album der ehemaligen Quasi-Post-Punker einen Sound, der bestens zu den mal selbstironischen, mal matter-of-fact-mäßigen Texten passt.
Richard Thompson: „Ship to Shore“. New West (Bertus). 1 CD, 15,99 €.
Das neunzehnte Soloalbum eines reich beschenkten Künstlers, der bunte Ausweis einer großen stilistischen Bandbreite zwischen Folk, Pop und Avantgarde. „What’s left to loose“ singt der Mittsiebziger im vorletzten Stück der Platte. Eine Menge.
Nicole Seifert: „Einige Herren sagten etwas dazu“. Die Autorinnen der Gruppe 47. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2024. 352 S., geb., 24,– €.
Ein Buch, das Lust darauf macht, die Frauen der deutschen Literatur zum Teil neu zu entdecken – und Hoffnung darauf, dass ihre Geschichte neu geschrieben wird.
Joshua Cohen: „Aufzeichnungen aus der Höhle“. Schöffling & Co., Frankfurt am Main 2024. Aus dem Englischen von Jan Wilm. 320 S., geb., 28,– €.
Wer vor Cohens dicken Romanen Angst hat, obwohl sie etwa „Witz“ heißen, könnte mit diesen Essays auf den Geschmack kommen, die schrullig und abenteuerlich genug sind.
Nächstes Kapitel:
Etwas Extravagantes
Christopher Brown: „A Natural History of Empty Lots“. Field Notes from Urban Edgelands, Back Alleys and Other Wild Places. Timber Press, Portland/Oregon 2024. 320 S., br., 32,– €.
Brown geht an urbane Orte der Verwahrlosung und entdeckt Resilienz und Regenerationskraft der Natur. Zeitgemäßestes Nature Writing.
Nicolas Mathieu: „Le ciel ouvert“. Dessins d’Aline Zalko. Actes Sud, Arles 2024. 123 S., Abb., geb., 18,50 €.
Eine heimliche Affäre, der Öffentlichkeit dargeboten in Prosaminiaturen auf Instagram – und dann als Buch veröffentlicht. Ein Spiel mit Wahrheit und Dichtung vom Allerfeinsten.
Reynaldo Hahn, Gabriel Fauré, Nadia Boulanger: Musik für Klavier und Orchester. William Youn (Klavier), Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin, Valentin Uryupin. Sony 2024. 2 CDs, 13,– €.
Mit dieser Musik verschwanden aus unseren Konzertsälen eine weise Leichtigkeit und postmetaphysische Lebensfreude.
Sich mal fünf Minuten nicht über das Sorgen machen, worüber sich schon alle Sorgen machen, sondern über das, worüber sich alle Sorgen machen sollten.
Nikki Giovanni u. a. (Hrsg.): „Mars“. Photographs from the NASA Archives. Taschen Verlag, Köln 2024. 340 S., geb., 50,– €.
Der Mars ist eindeutig der beste Planet, ein rotes Feuer am Nachthimmel. Hier wird er fabelhaft durch Bilder erschlossen.
Vigdis Hjorth: „Ein falsches Wort“. Roman. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2024. 400 S., geb., 25,– €.
Eine Erzählerin will Zeugnis ablegen, ausgerechnet während der Testamentseröffnung. Was daraus folgt, hat in Norwegen eine Literaturdebatte entfacht und etliche Gerichtsprozesse. Denn hier gilt: Entweder du gehörst dazu, oder du bist raus.
Last Dinner Party: „Prelude to Ecstasy“. Vinyl. Vertigo Berlin (Universal Music) 2024. 1 LP, 27,99 €.
Die fünf Sängerinnen, alle Mitte zwanzig, traten 2021 überhaupt zum ersten Mal auf und spielten im Folgejahr bereits im Vorprogramm der Rolling Stones. 2024 folgte das Debütalbum: musikalische Dekadenz!
Briefblock mit 40 Blättern Rössler-Zerkall-Bütten, DIN A4. 32,95 €.
Lesen und Schreiben gehören zusammen. Und wenn man es nicht gerade für das Natürlichste der Welt hält, seine Gedanken handschriftlich zu notieren, kann so ein Briefblock eine willkommene Einladung sein. Andernfalls natürlich auch.
Sabine Arqué, Sebastian Dobson: „British Isles 1900“. A Portrait in Colour. Taschen Verlag, Köln 2024. 608 S., Abb., geb., 150,– €.
Schwelgerei in Photochrome: Mehr als 800 Fotografien, Postkarten und Reiseplakate entführen ins „Königreich am Meer“; die Britischen Inseln um 1900 aus Sicht der Touristen.
Daniel Cordier: „Amateur d’art“. Alias Caracalla 1946–1977. Éditions Gallimard, Paris 2024. 365 S., br., 20,– €.
Für Kunstfreunde: Im letzten Teil der hinterlassenen Autobiographie lernt man den passionierten Sammler und zuletzt ernüchterten Galeristen kennen.
J. W. Rinzler: „Stanley Kubrick’s The Shining“. Hrsg. von Lee Unkrich. Taschen Verlag, Köln 2024. 2 Bd. im Schuber, zus. 1396 S., Abb., geb., 100 – €.
Wer alles über Kubricks Film „The Shining“ und dessen Entstehungsgeschichte wissen möchte, findet es in diesen prächtigen Bänden. Auch hier gilt: Grusel ist garantiert.
„Edward Gorey – Großmeister des Kuriosen“. Vorgestellt von Walter Moers. Aus dem Englischen von Walter Moers. Die Andere Bibliothek, Berlin 2024. 432 S., Abb., geb., 68,– €.
Extravaganter geht es gar nicht. Edward Goreys Zeichen- und Erzählkunst ist ebenso einmalig, wie es seine Selbstinszenierung war.
Father John Misty: „Mahashmashana“. 2 LPs. Bella Union 11968877 (Rough Trade). 37,99 €.
Der Titel ist ungefähr so bescheuert wie damals Elvis Costellos „Momofuku“; aber schon dem Titelstück, einem Pop gewordenen Liebestod, ist man wehrlos ausgeliefert.
„Die Zehn Gebote“. Marmortafel mit Inschrift, Hl. Land, um 300 bis 800 n.Chr., 63,2 Zentimeter hoch. Untertaxe: eine Million $.
Das Original hat Moses zertrümmert, die älteste bekannte Tafel mit den Zehn Geboten versteigert Sotheby’s am 18. Dezember. Vielleicht auch eine Mahnung, an Weihnachten nicht ums Goldene Kalb zu tanzen.
Moccamaster KGB Select. 259,– €.
Kann man hier ernsthaft eine Kaffeemaschine empfehlen? Das ist doch was für Technik und Motor! Sie sehen, man kann. Kaffee ist Kultur, und das Feuilleton darf ohnehin alles. Jedenfalls liefert dieses Gerät Ergebnisse, die von einem Handfilteraufguss kaum zu unterscheiden sind.
Sebastian Dobson, Sabine Arqué: „British Isles 1900“. A Portrait in Colour. Taschen Verlag, Köln 2024. 608 S., Abb., geb., 150,– €.
Schon damals ein Ziel für Touristen aus aller Welt, die prächtigen Farbaufnahmen zeigen trotzdem London wie leer gefegt. Dafür quillt Henley-on-Thames über, wenn Regatta ist. Ein wunderbar erhellendes Buch.
Lea Ruckpaul: „Bye Bye Lolita“. Roman. Voland & Quist Verlag, Berlin 2024. 312 S., geb., 24,– €.
Ruckpaul setzt sich so klug und spielerisch mit der Figur der Lolita auseinander, dass man ihr leicht verzeiht, sich an einem Klassiker vergriffen zu haben.
Barbra Streisand: „Mein Name ist Barbra“. Autobiographie. Aus dem Amerikanischen von Raimund Varga. Luftschacht Verlag, Wien 2024. 1134 S., geb., Abb., 46,– €.
Fast vierzig Jahre lang hat sie sich bitten lassen, dafür ist nun ihre Autobiographie sehr, sehr dick geworden. Das Leben ist halt „kompliziert . . . und irgendwie shakespearehaft“.