Homeoffice-Mitarbeiter gründen häufiger eigene Unternehmen als Angestellte im Büro. Laut einer Studie des National Bureau of Economic Research (NBER) in Massachusetts machten sich während der Corona-Pandemie mehr Menschen selbstständig, wenn sie in Unternehmen mit hohem Homeoffice-Anteil arbeiteten. Mindestens 11,6 Prozent des Anstiegs von Neugründungen nach der Pandemie lasse sich mit der Arbeit von zu Hause aus erklären, schrieben die Autoren in ihrer Studie.
Erfahrene Mitarbeiter gründen häufiger
Insgesamt stieg während der Corona-Pandemie die Wahrscheinlichkeit, dass sich Angestellte selbstständig machen, um etwa sieben Prozent. Besonders viele Neugründungen von Start-ups gab es bei Mitarbeitern von kleinen und jungen Unternehmen. Hohe Homeoffice-Anteile vor der Pandemie begünstigten ebenfalls die Wahrscheinlichkeit neuer Unternehmen. Auch die Eigenschaften des Personals wirkte sich darauf aus. So wechselten Mitarbeiter mit geringerer Betriebszugehörigkeit, höherem Bildungsgrad, Dienstalter und Gehalt sowie Gründungserfahrung häufiger in die Selbstständigkeit.
Die Studienautoren identifizierten unterschiedliche Motivationen für die gestiegene Zahl der Neugründungen. So habe es Angestellte gegeben, die aufgrund der zusätzlichen Flexibilität im Homeoffice die Selbstständigkeit ausprobieren wollten. Andere hätten sich hingegen bereits dauerhaft für eine eigene Firma entschieden. Als mögliche Gründe nannten die Forscher etwa die gestiegene Freizeit, weil kein Pendeln zwischen Wohn- und Arbeitsort nötig war. Ebenfalls sei es möglich gewesen, in Pausen an eigenen Projekten zu arbeiten, ohne von Arbeitgeber und Kollegen bemerkt zu werden. Außerdem habe die bestehende Festanstellung zusätzlich Sicherheit gegeben.
Allerdings gaben die Studienautoren auch zu bedenken, dass Entlassungen in der Corona-Pandemie eine weitere Motivation für die Gründung eines eigenen Unternehmens gewesen sei. Jedoch sei es wahrscheinlicher, dass Angestellte freiwillig kündigten, als sie wieder ins Büro zurückkehren sollten.
Forscher: Homeoffice könnte Unternehmen schaden
Für ihre Untersuchung analysierten die Forscher Informationen aus LinkedIn-Profilen. Dazu betrachteten sie Änderungen beim Jobtitel und Anstellungsverhältnis, die auf einen Wechsel vom Angestellten zum Firmeninhaber hindeuteten. Ebenfalls nutzten sie IP-Adressdaten, mit denen sich auf das Anstellungsverhältnis schließen lässt, etwa durch die Nutzung einer VPN-Verbindung zu einem Unternehmensnetzwerk. Aus beiden Datensätzen ermittelten sie einen Zusammenhang zwischen Mitarbeitern im Homeoffice und Menschen, die neue Unternehmen gründeten.
Angesichts ihrer Ergebnisse empfehlen die Autoren der Studie, dass Unternehmen ihr Homeoffice-Angebot überdenken sollen, da es ihnen langfristig schaden könnte. Gesamtwirtschaftlich könne die Arbeit im Homeoffice zur Gründung von Start-ups führen, die langfristige neue Jobs schaffen und eine zusätzliche Konkurrenz auf dem Markt darstellen.
Allerdings scheint der Zusammenhang zwischen Homeoffice und Gründung auch nicht so eindeutig. Andere Forscher des NBER kamen in einer Studie aus dem Jahr 2024 zum gegenteiligen Ergebnis – nämlich, dass Homeoffice hemmend auf Gründungen wirke. So sei die Anzahl der Neugründungen rückläufig gewesen, da es keinen Bedarf an zusätzlicher Flexibilität gegeben habe. Dieser sei bereits durch die Arbeit im Homeoffice gedeckt gewesen. Diese Studie setzte aber auf ein öffentliches Unternehmensregister statt auf Linkedin als Datenbasis.
Bislang lässt sich kein eindeutiger Trend im Umgang mit Heimarbeit erkennen. Große Unternehmen wie Dell rufen ihre Angestellten zurück ins Büro, während es in Deutschland wieder mehr Stellenanzeigen mit der Option auf Homeoffice gibt.
(sfe)