Jugendschutz und Vielfalt: EU-Staaten wollen strengere Regeln für YouTube & Co.

vor 6 Stunden 1

EU-weite Vorschriften für Fernsehen und Dienste für Video auf Abruf müssen der sich rasch verändernden Landschaft der audiovisuellen Medien Rechnung tragen. Das ist die Kernbotschaft, die der EU-Ministerrat im Vorfeld der im Jahr 2026 anstehenden Novelle der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste (AVMD) von 2018 an die EU-Kommission sendet. Die Reform soll laut den Vertretern der Mitgliedsstaaten vor allem auch den Aufstieg von Influencern, die Verbreitung von Desinformation und die zunehmende Nutzung Künstlicher Intelligenz (KI) in den Blick nehmen.

In seinen Schlussfolgerungen betont der Rat die entscheidende Rolle der AVMD-Richtlinie, um einen angemessenen Rechtsrahmen zur Wahrung und Förderung eines "vielfältigen, fairen, sicheren, vertrauenswürdigen und wettbewerbsfähigen Marktes für audiovisuelle Medien in der EU" bereitzustellen.

Die Vorgaben trügen etwa mit ihrer "Netflix-Quote" auch dazu bei, unabhängige, vertrauenswürdige und kulturell vielfältige audiovisuelle Inhalte zu gewährleisten. Der Rat betont, dass der Anwendungsbereich der Richtlinie breit, klar und anpassungsfähig genug sein sollte, um alle relevanten Arten einschlägiger Inhalte abzudecken.

Influencer und professionelle Content-Entwickler seien heutzutage etablierte Akteure auf dem Markt für audiovisuelle Medien, die großen Einfluss auf die öffentliche Meinung hätten, begründen die Regierungsvertreter ihre Initiative. Deren Dienste würden häufig von Kindern und Jugendlichen in Anspruch genommen. Dennoch würden diese Player im Binnenmarkt bislang uneinheitlich als Anbieter im Sinne der Richtlinie eingestuft.

Der Rat betont, dass die Vorschriften ein hohes Maß an Schutz für Kinder und Jugendliche gewährleisten und dabei den internationalen Charakter der am häufigsten genutzten Abrufdienste berücksichtigen sollten. Die Bestimmungen für Plattformen zum Teilen von Videos wie YouTube und TikTok sollten robust genug sein, "um die Öffentlichkeit vor Schäden und anderen gesellschaftlichen Risiken" zu bewahren. Um Desinformation zu bekämpfen, müsste die Nutzung zuverlässiger, pluralistischer Medien gefördert und verstärkt werden.

Betreiber von Video-Portalen trügen zwar keine redaktionelle Verantwortung für die Inhalte, die über ihre Dienste zugänglich sind, erläutert der EU-Rat. Sie übten aber entscheidenden Einfluss auf die Aufbereitung, Präsentation und Sichtbarkeit der Beiträge aus und fungierten teils als "Gatekeeper". Dies könnte "erhebliche Auswirkungen auf die öffentliche Meinungsbildung haben". Angesichts ihres Einflusses komme ihnen wichtige Bedeutung beim Schutz der Öffentlichkeit in diesem Umfeld zu.

Das wachsende Problem von Desinformation, Informationsmanipulation und Einflussnahme aus dem Ausland stellt dem Papier zufolge "nach wie vor eine der größten Herausforderungen dar, die europäische Demokratien bewältigen müssen". Globale Online-Plattformen hätten Geschäftsmodelle, "die bisweilen den Zugang zu Mediendiensten und deren Nutzung unterbinden", was zur Verstärkung von polarisierenden Inhalten führen könne. Der Rat erachtet daher eine stärkere Sichtbarkeit von Inhalten, die im Einklang mit journalistischen Standards erstellt wurden, als potenziell wirksames Instrument im Kampf gegen "Fake News" und Propaganda.

Die verstärkte Bedeutung von Online-Plattformen und Videodiensten hat zu einem Rückgang der Werbeeinnahmen von traditionellen Medien geführt. Gleiche Wettbewerbsbedingungen könnten laut Rat so dazu beitragen, "dass Mediendiensteanbieter ihre Inhalte im Kontext des digitalen Wandels ausreichend monetarisieren". Eine Option sei es auch, Produzenten, die journalistische Standards einhalten, strukturell zu unterstützen.

Die Mitgliedsstaaten werben zudem für einen weiteren, breiten Zugang zu Veranstaltungen von kultureller Bedeutung wie großen Sportereignissen. Bisher gälten entsprechende Auflagen nur für TV-Sender. Gerade Sportevents würden aber nicht mehr ausschließlich über lineare Dienste konsumiert, sondern vermehrt über Online-Services "mit eingeschränktem und bezahltem Zugang zur Verfügung gestellt". De facto könnte so einem großen Teil der nationalen Öffentlichkeit die "kostenlose" Teilhabe aus der Ferne vorenthalten werden.

(wpl)

Gesamten Artikel lesen