"Verboten gut": Der neue kicker-Podcast über die Geschichte des Frauenfußballs

Drei Geschichten, drei Gesichter des deutschen Frauenfußballs: Bärbel Wohlleben, Giulia Gwinn und Silvia Neid. kicker

Als die zehnjährige Bärbel Wohlleben am 4. Juli 1954 in Ingelheim am Rhein vor dem Fernseher sitzt, ahnt sie noch nicht, dass dieser Moment ihr Leben prägen wird. Ein Freund ihres Vaters hat die Nachbarschaft eingeladen. Sie alle sitzen vor dem Fernseher und schauen das Finale der Weltmeisterschaft in der Schweiz zwischen Deutschland und Ungarn.

Episode 01: Das Wunder von Bärbel

Als die Männer 1954 in Bern Fußball-Weltmeister werden, sitzt die zehnjährige Bärbel Wohlleben vor dem Fernseher. Das, was die Männer machen, das will sie jetzt auch: Fußball spielen. Aber Mädchen auf dem Fußballplatz? Das ist in den 50er Jahren unvorstellbar. Doch sie setzt sich durch. Was folgt, ist eine beispiellose Karriere: Das Wunder von Bärbel.

vor 6 Stunden 35:57 Minuten

Der Ausgang ist bekannt: In der 84. Minute schießt sich Helmut Rahn in die Geschichtsbücher - Deutschland ist zum ersten Mal Fußball-Weltmeister! "Wir waren so begeistert, dass wir rumgeschrien haben wie die Bekloppten. Anschließend sind wir in den Garten und haben gebolzt", erinnert sich Bärbel Wohlleben, heute 81, an diesen Moment. Das, was die Männer im Fernsehen machten, das wollte sie auch. "Alleine mit meinen Brüdern im Hof Fußball zu spielen, das war okay. Aber jetzt wollte ich einfach mehr".

Bärbel Wohlleben darf mit ihren Brüdern zum Fußballtraining - und muss sich erst einmal gegen die Jungs behaupten. "Als ich zum ersten Mal da war, musste ich mit den Jungs Ringkämpfe austragen. Das ging ungefähr 50:50 aus", erzählt Bärbel Wohlleben und lacht. Sie ist wohl das einzige Mädchen, das Mitte der 1950er Jahre in Rheinland-Pfalz in einer Jungenmannschaft spielt.

Wohllebens Geschichte ist nur ein Baustein in der faszinierenden und spannenden Chronik des deutschen Frauenfußballs. 1930 wagt die erst 19 Jahre alte Lotte Specht einen revolutionären Schritt. Die Metzgerstochter aus Frankfurt gründet den ersten deutschen Damen-Fußballclub, 1. DDFC. Als großer Fan des FSV Frankfurt denkt sich Specht damals: "Was die Männer können, das können wir auch!". Ihre Annonce in den Frankfurter Nachrichten lockt 40 mutige Frauen an. Die Frauen spielen ohne Tornetze und haben anfangs keine eigenen Trikots. Sie heften sich Stofffetzen mit Sicherheitsnadeln an die Kleidung. Eine Mannschaft rot. Eine Mannschaft schwarz.

Das Echo lässt nicht lange auf sich warten. Frauen, die Fußball spielen? In der Gesellschaft der 1930er Jahre ist das verpönt. Die Spielerinnen werden auf dem Sportplatz sogar mit Kieselsteinen beworfen.  "Das war ganz schlimm. Es gab einen Sturm der Entrüstung unter dem Publikum. Die Presse hat uns verrissen. Die haben uns verglichen mit 'Varieté Damen ohne Unterleib'", erinnert sich Specht bei einem Auftritt im ZDF Sportstudio Ende der 90er Jahre. Lotte Spechts Traum vom Fußball zerplatzt nach nur einem Jahr. Aufgrund der schlechten Presse verbieten viele Eltern den Mädchen das Fußballspielen. Der 1. DDFC wird immer kleiner und schließlich aufgelöst.

Der Sport wird mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten gleichgeschaltet. Der DFB wird vom Fachamt Fußball abgelöst und die neue Behörde hat eine klare Haltung zu Frauen auf dem Spielfeld. Für sie ist Fußball eine männliche Kampfsportart. Frauen haben da nichts zu suchen.

Episode 02: Titel, Tore, Kaffeetassen

Nach der Aufhebung des DFB-Verbots 1970 nimmt der Frauenfußball in Deutschland langsam Formen an. Die Frauen-Nationalmannschaft wird gegründet. Und steht vor ihrer ersten großen Herausforderung: Die Heim-EM 1989.

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Das große Verbot und die Befreiung

Am 30. Juli 1955 erlebt der Frauenfußball seinen vorläufigen Tiefpunkt. Der DFB spricht ein vernichtendes Urteil: Der Frauenfußball wird innerhalb des Verbandes komplett verboten. Die Begründung klingt heute absurd: "Im Kampf um den Ball verschwindet die weibliche Anmut. Körper und Seele erleiden unweigerlich Schaden." 15 Jahre lang bleiben die Trainingsplätze für Frauen verschlossen.

Für den Frauenfußball in Westdeutschland ist das ein herber und vor allem langwieriger Rückschlag -aber nicht das Ende. Um zu kicken, müssen die Frauen also einen Weg um den DFB herum finden. Und den finden sie. Sie gründen eigene Verbände. Und die Verbände richten sogar Meisterschaften und Länderspiele aus. Am 31. Oktober 1970 schließlich die Wendung: Der DFB hebt das Verbot auf - mit nur zwei Gegenstimmen.

1971 organisiert Hannelore Ratzeburg in Hamburg ein erstes Training - nur für Frauen. "Wir hatten irgendwo eine Halle und haben versucht, Fußball zu spielen. Es ist ganz gut, dass uns keiner gesehen hat, der nicht nett zu uns war. Manche Mädchen kamen mit Gymnastik-Schühchen an", erinnert sich Ratzeburg. In ihrer Studienzeit tritt sie dem SV West Eimsbüttel bei. Das erste Spiel - ein 11 gegen 11 - geht gegen den Nachbarverein, den HSV. "Wir durften endlich auf den Heiligen Rasen. 150, 200 Zuschauer waren da. Überwiegend Männer, die sich die Bäuche gehalten haben vor Lachen. Das war unser erstes Spiel, wir haben uns verhalten wie F-Jugendliche. Am Ende haben wir 0:6 verloren. Für uns war es so: Jetzt erst recht. Wir müssen mehr machen, mehr lernen, besser trainieren", beschreibt Ratzeburg ihre Motivation und die ihrer Mitspielerinnen.

Obwohl sie und ihre Mitspielerinnen ausgelacht werden, lässt sie sich nicht unterkriegen. Beim Hamburger Fußball-Verband erkennt man Ratzeburgs Potential. 1974 wird sie Vorsitzende des Ausschusses "Frauen- und Mädchenfußball".

Im selben Jahr richtet der DFB die erste Meisterschaft der Frauen aus. Bärbel Wohlleben erreicht mit ihrer Mannschaft TuS Wörrstadt das Finale. Gegen Eintracht Erle aus Gelsenkirchen schießt Wohlleben das 3:0. Der TuS Wörrstadt wird nicht nur erster Deutscher Meister im Frauenfußball, auch Bärbel Wohllebens Tor geht in die Geschichtsbücher ein - als erste Frau wird sie mit der Auszeichnung "Tor des Monats" der Sportschau geehrt.

Trailer: Verboten gut - Wie Frauen den Fußball erobern

Frauen und Fußball. Was heute so selbstverständlich ist, war lange Zeit ein Skandal. Vor hundert Jahren warfen Männer mit Steinen auf fußballspielende Frauen - heute sind die Fußballerinnen Superstars und Vorbilder. Wie haben sie es geschafft, diesen Weg zu gehen? Dieser Podcast erzählt ihre Geschichte. Klar, es geht um Erfolge und Niederlagen. Aber auch um Durchhaltevermögen, Mut und Kampfgeist. Es sind Geschichten, die den Wandel der Gesellschaft widerspiegeln - vom Kampf gegen Sexismus bis hin zur Forderung nach echter Gleichberechtigung. Im Podcast kommen die Frauen zu Wort, die trotz aller Widerstände Großes erreicht haben und den Fußball, wie er heute ist, geprägt haben. Pionierinnen, Kämpferinnen, Fußballerinnen - und ihre gemeinsame Leidenschaft: Einfach nur Fußball spielen. "Verboten gut - Wie Frauen den Fußball erobern" ist ein kicker Podcast präsentiert von VW. Ab dem 20. Juni in der kicker App, auf kicker.de und überall, wo es Podcasts gibt.

16.06.25 - 06:00 Uhr 02:36 Minuten

Das Erbe der Pionierinnen

Die Geschichte des deutschen Frauenfußballs ist geprägt von mutigen Frauen, die gesellschaftliche Normen sprengten und für ihren Traum - einfach nur Fußball zu spielen - kämpfen. Von Lotte Spechts ersten Stofffetzen-Trikots über Bärbel Wohllebens Ringkämpfe mit den Jungs bis zu Hannelore Ratzeburgs 45-jährigem Kampf um Gleichstellung - sie alle ebneten den Weg für die heutigen Fußballspielerinnen.

Giulia Gwinn, DFB-Kapitänin, bringt es auf den Punkt: "Als ich angefangen hatte, hatte ich nur Männer als Vorbilder, weil es wenig Sichtbarkeit von Fußballerinnen gab." Das hat sich grundlegend geändert. Der neue kicker Podcast "Verboten gut - Wie Frauen den Fußball erobern", präsentiert von VW, erzählt die Geschichte der Frauen, die sich nicht haben unterkriegen lassen für ihren Traum: Einfach nur Fußball spielen.

Die ersten beiden Folgen sind seit heute online - in der kicker App, auf kicker.de und überall da, wo es Podcasts gibt, unter anderem auf Spotify, Apple Podcast, Amazon Music und Deezer.

isf