Münchens Kunstinitiative Various Others (V.O.) hat das Ziel, derart spannende Eröffnungstage hinzulegen, dass Kulturfreunde einer Reise in die Stadt möglichst nicht widerstehen können. Bisher galt dafür der September als bester Zeitpunkt, aber die knappe Spanne zwischen dem Ende der Sommerferien und dem Beginn des Oktoberfests, alle zwei Jahre dazu noch die IAA, schuf Interessenkonflikte und machte Hotelzimmer knapp und teuer. Deshalb vertagte V.O. sich jetzt auf den Mai. Ob das Datum – eine Woche nach dem Berliner Gallery Weekend – geschickt gewählt war, gilt es noch zu analysieren.
Neu ist nicht nur der Termin, sondern auch die Zusammenarbeit mit dem Hotel Bayerischer Hof. Dort wurde das Publikum am vergangenen Wochenende mit einem überbordenden Tag- und Nachtprogramm an Performances, Podiumsdiskussionen, Künstlergesprächen, Musik, Videos und zum Schluss noch Disco in Atem gehalten. Auch deshalb passte es gut, dass nur ein paar der 16 an V.O. teilnehmenden öffentlichen Institutionen neue Ausstellungen eröffneten: Der eigentliche Fokus soll auf den Vernissagen von 16 Galerien und vier Off-Spaces liegen.
Kooperationsmodell im Zentrum von Various Others
Im immer dichter besetzten Kunstquartier im Dunstkreis der Museen dockte der Münchner Neuzugang Kraupa-Tuskany Zeidler mit seiner zweiten Ausstellung bei V.O. an. Gemeinsam mit den Schweizer Galerien Mueller und Oskar Weiss – das internationale Format V.O. setzt auf die Kooperationen mit Partnergalerien – stellt man Plastiken von Klaudia Schifferle vor, die wie aufgeblasene Gummigestalten erscheinen. Tatsächlich handelt es sich um solide Güsse. Dazu zeigt Schifferle wilde Malerei in schrillen Farben.
Ein paar Ecken weiter hat Johannes Sperling neue Räume in einer ehemaligen Druckerei bezeigen. Er präsentiert Malte Zenses, dem ein kürzlich beendeter Gastaufenthalt in Mexiko frische Impulse gab. Neben seinen gesellschaftsbezogenen konzeptuellen Werken, die Zenses mit vielen Materialien und Fundstücken schafft, füllen nun auch schnelle kurze Gesten mit Wasserfarben oder Öl die rohe Leinwand. Entfernt blitzen Assoziationen zu Aztekenkunst oder Murales von Diego Rivera und Kollegen auf (8000 bis 9700 Euro). Die Galerie Pequod Co aus Mexico City, mit der Sperling kooperiert, brachte die Videoarbeit „Protean Haunted Matter“ von Andrew Robert mit, eine digitale Animation mit bizarren Föten und unheimliche Zukunftsvision.
Echt sind hingegen die Wesen im Video „Ziggy and the Starfish“. Die in Berlin lebende Koreanerin Anne Duk Hee Jordan, die Erfahrung als Apnoe-Taucherin hat, widmet es der Sexualität erstaunlicher Meereswesen unter dem Aspekt queerer Ökologie – männliche Seepferdchen tragen die Nachkommen aus, Seegurken vermehren sich ungeschlechtlich et cetera (23.000). Zu sehen ist das Unterwassertreiben bei Max Goelitz, der in Zusammenarbeit mit Alexander Levy (Berlin) eine im weitesten Sinne Natur und Umwelt gewidmete Gruppenausstellung präsentiert. Bildplatten aus Julius von Bismarcks neuer Serie „OOOSB“, für die er konservierte Pflanzen, Tiere und Zivilisationsreste in Grobspanplatten presst, stellen Biologie versus Technologie (ab 30.000), während Haroon Mirza seinen multisensorischen Installationen Sonnenenergie und Gesteinsbrocken zugrunde legt. Bei Anne Rößner spielt Natur ebenfalls die Hauptrolle; in der Galerie Christine Mayer arrangiert sie grüne Bilder und Regale voll grüner Keramik zu Ovids Versen, in denen er die Metamorphose der Daphne beschreibt (Keramik ab 2000; Bilder ab 3200).
Vor Jahren schon organisierte Walter Storms Ausstellungen in Osteuropa, „besonders mochte ich immer die Ungarn“, sagt er, und prompt hatte es ihm auf der jüngsten Venedig-Biennale der ungarische Pavillon besonders angetan. Es bespielte ihn der in New York und Budapest arbeitende Márton Nemes, Storms nahm ihn ins Programm und hängte jetzt die zentrale Venedig-Arbeit in die Galerie: ein dynamischer Hybrid aus Malerei und Maschine, etwa sieben mal drei Meter groß. Bewegliche farbige Lichter überspülen Schichten farbig emaillierter Lasercuts (60.000), und während man das kolossale Relief betrachtet, schallt Musik aus Lautsprechern in kunstummantelten Gehäusen (18.000).
Mehr Kunst aus Osteuropa stellt Magdalena Wisniowska vor. Sie leitet den Off-Space GIG, der im Tiger Room gastiert, wo ihr der Künstler Przemek Sowinski eine Schau mit neun Kunstschaffenden aus Polen kuratierte (Preise zwischen 500 und 12.000). Höhepunkte in der sehenswerten Runde sind tragikomische Sonnen von Dominika Olszowy: Da verhüllt ein diaphaner Schleier aus Epoxidharz einen dicken gelben Himmelsball, als sollte er dessen Hitzestrahlung mildern, und der in einer Raumecke klebende „Sun Clown“ mit zotteligen grauen Strahlen erbricht schwarzes Zeug. Was wohl Various Others für den September einfällt? Einen sang- und klanglosen Saisonstart in den Herbst kann man sich jedenfalls nicht vorstellen.
Various Others, Programm bis 17. Mai, Galerienausstellungen darüber hinaus