Urteil des Europäischen Gerichtshofes: Schweizer Gericht gab Caster Semenya keine faire Anhörung

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Die Südafrikanerin Caster Semanya hat vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gegen die Schweiz gewonnen. Die Große Kammer, bestehend aus 17 Richterinnen und Richtern, entschied, dass Semenya keine faire Anhörung bekommen habe. Die Überprüfung eines Urteils des Sportgerichtshofs (Cas) durch das Schweizer Bundesgericht sei ungenügend gewesen.

Das Urteil betrifft nicht die Testosteronregel des Leichtathletik-Weltverbands. Das Gericht lehnte eine entsprechende Beschwerde Semenyas wegen Diskriminierung mit 13 zu 4 Stimmen ab, da diese Beschwerde nicht unter die Gerichtsbarkeit der Schweiz falle. Die Regel wird also weiterhin Bestand haben können.

Anders sieht es in juristischen Fragen aus: Das Gericht erklärte Semenyas Beschwerde hinsichtlich des Rechts auf ein faires Verfahren für zulässig. Der Fall könnte nun an die Schweizer Gerichte zurückgehen und dort erneut verhandelt werden.

Der Verband hatte als Reaktion auf den Fall Semenya eine Testosterongrenze eingeführt. Die Regularien besagen, dass Athletinnen mit DSD ihren Testosteronspiegel im Blut von fünf auf unter 2,5 Nanomol pro Liter senken und zwei Jahre lang unter diesem Wert bleiben müssen, um international in der Frauenklasse starten zu können.

Jahrelanger Rechtsstreit

Diese Regel gilt mittlerweile für alle Disziplinen und nicht mehr wie bisher für die Laufstrecken von 400 Meter bis zu einer Meile. Semenya geht seit Jahren juristisch gegen die Regel vor. Vor dem in Lausanne sitzenden Sportgerichtshof Cas und dem Schweizer Bundesgericht verlor sie zunächst. Nun hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Fragen der Gerichtsbarkeit zu ihren Gunsten entschieden, die Regel bleibt davon jedoch unberührt.

World Athletics hatte die Regel eingeführt, weil ein erhöhter Testosteronspiegel einen sportlichen Vorteil verschaffen kann. »Wir tragen Verantwortung dafür, den Wettbewerb der Frauen zu schützen«, hatte Präsident Sebastian Coe in einem SPIEGEL-Interview gesagt (das gesamte Interview können Sie hier lesen ).

Semenya war letztmals 2019 international angetreten. Sie war die dominierende Läuferin in ihrer Lieblingsdisziplin, den 800 Metern. 2012 und 2016 gewann sie Olympia-Gold über 800 Meter. Sie hatte mehr als 30 Rennen in Folge gewonnen, als die Regeln sie ausschlossen. Heute ist Semanya 34 Jahre alt und arbeitet als Trainerin. Kürzlich sagte sie, dass ihr anhaltender Rechtsstreit nicht mehr um ihre eigene Karriere gehe, die vermutlich vorbei sei, sondern um ein Prinzip.

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