Russland und die Ukraine wollen jeweils 1.000 Kriegsgefangene freilassen. Beide Seiten haben einander nun Listen mit Kandidaten vorgelegt. Das Liveblog
Aktualisiert am 22. Mai 2025, 17:31 Uhr
Auch Russland hat Liste für Gefangenenaustausch erhalten
Nach Russland hat auch die Ukraine an die Gegenseite eine Liste mit Personen überstellt, die für den geplanten Gefangenenaustausch vorgesehen sind. Das berichten die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf den ukrainischen Militärgeheimdienst und die russische Nachrichtenagentur Interfax unter Verweis auf das Präsidentenbüro in Moskau.
Zuvor hatte die ukrainische Regierung bestätigt, eine Liste der Gefangenen erhalten zu haben, die Russland im Rahmen des Austauschs freilassen wolle. Präsident Wolodymyr Selenskyj kündigte an, die Liste werde derzeit geprüft. Die beiden Länder wollen jeweils 1.000 Kriegsgefangene freilassen. Der Zeitpunkt des geplanten Austauschs steht noch nicht fest.
Ukraine erhält von Russland Liste für geplanten Gefangenenaustausch
Russland hat der Ukraine nach Angaben aus Kyjiw Listen mit Kandidaten für den Gefangenenaustausch vorgelegt, den die beiden Länder vergangene Woche in Istanbul vereinbart hatten. "Wir prüfen die Details für jede Person, die auf den von der russischen Seite vorgelegten Listen steht", schrieb der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj X.
Bei den Gesprächen in Istanbul vergangene Woche hatten sich die ukrainische und die russische Delegation nicht auf eine Waffenruhe einigen können. Allerdings vereinbarten sie einen Austausch von jeweils 1.000 Kriegsgefangenen – laut Selenskyj das "womöglich einzige greifbare Ergebnis" der Gespräche. Es wäre die größte einzelne Austauschaktion seit Kriegsbeginn. Bislang sind in mehr als 60 Austauschaktionen mehr als 4.000 ukrainische Kriegsgefangene in ihre Heimat zurückgekehrt, teils nach dreijähriger Gefangenschaft.
Wie viele Kriegsgefangene die beiden Länder derzeit jeweils haben, ist nicht genau bekannt. In Russland oder auf russisch besetztem Gebiet sind allerdings neben gefangenen Soldaten auch zahlreiche Zivilisten inhaftiert, viele von ihnen ohne Prozess. In Istanbul hatte Russland mitgeteilt, auch Zivilisten und einige aus ihrer Heimat entführte ukrainische Kinder und Jugendliche freilassen zu wollen.
EU-Parlament stimmt Zöllen auf russische Agrarimporte zu
Das EU-Parlament hat zusätzliche Zölle auf Dünger und Nahrungsmittel aus Russland und Belarus auf den Weg gebracht. Eine breite Mehrheit der Abgeordneten stimmte in Brüssel für den Vorschlag der EU-Kommission. Russland solle damit die Finanzierung des Angriffskriegs gegen die Ukraine erschwert werden, heißt es in dem Verordnungsentwurf.
Zölle in Höhe von 6,5 Prozent sollten künftig etwa auf Zucker, Essig, Mehl und Tierfutter sowie Düngemittel auf Stick- und Harnstoffbasis erhoben werden. Damit wären künftig alle Agrarimporte aus Russland mit Abgaben belegt. Die EU-Staaten müssen den Plänen noch zustimmen, bevor die Zölle in Kraft treten.
Die betroffenen Düngemittel machten 2023 den Angaben zufolge 70 Prozent der gesamten Düngenutzung in der EU aus. Ein Viertel davon wurde aus Russland importiert, wobei dessen Marktanteil 2024 weiter anstieg. Diese Abhängigkeit könne für die Nahrungsversorgung in der EU zum Problem werden, sollte Russland die Marktmacht zur Erpressung nutzen, heißt es in der Verordnung.
US-Senat dringt auf neue Sanktionen gegen Russland
Mehr als 80 Senatoren beider Parteien haben sich im US-Senat hinter einen Gesetzentwurf für neue Sanktionen gegen Russland gestellt. "Diese Sanktionen würden erhoben, wenn Russland sich weigert, an Verhandlungen für einen anhaltenden Frieden mit der Ukraine teilzunehmen", teilten die Verfasser mit, der demokratische Senator Richard Blumenthal und der Republikaner Lindsey Graham.
„"Russland ist der Aggressor. Russland muss dieses Blutbad beenden."“
Republikaner Lindsey GrahamEs ist jedoch unklar, ob der Chef der Republikaner im Senat, John Thune, den Gesetzentwurf zur Abstimmung bringen wird. Er warte auf weitere Anweisungen vom Büro des Präsidenten.
Das Gesetz sieht vor, dass auch Produkte aus Ländern, die Öl, Gas, Uran und andere Waren aus Russland kaufen, mit Zöllen in Höhe von 500 Prozent belegt werden.
Merz sichert Litauen Hilfe bei der Selbstverteidigung zu
Bundeskanzler Friedrich Merz hat Litauen die Unterstützung Deutschlands in einem Verteidigungsfall zugesichert. "Ich will es an die Adresse der Bevölkerung sagen: Liebe Litauerinnen und Litauer, Sie können sich auf uns, Sie können sich auf Deutschland verlassen", sagte Merz beim Besuch der Bundeswehrbrigade, die derzeit in dem baltischen Nato- und EU-Land aufgebaut wird. Bis Ende 2027 soll die Stationierung von derzeit etwa 400 Soldaten auf fast 5.000 ansteigen.
Eine Beteiligung der Bundeswehr an einer möglichen Friedenstruppe in der Ukraine nach einem Waffenstillstand sei derzeit kein Thema, sagte Merz. Deutschland müsse sich "im Augenblick mit der Frage von stationierten Truppenteilen in der Ukraine nicht beschäftigen".
Mehr zum Besuch von Friedrich Merz und Verteidigungsminister Boris Pistorius in Litauen können Sie hier lesen:
Flugverkehr in Moskau wieder aufgenommen, benachbarte Region schränkt Mobilfunk ein
Drei zeitweise für Flüge gesperrte Moskauer Flughäfen sind wieder in Betrieb. Das teilte die russische Flugaufsicht mit. Zuvor war der Flugverkehr wegen ukrainischer Drohnenangriffe unterbrochen worden. Moskaus Bürgermeister Sergej Sobjanin meldete in der Nacht, am Morgen und am Vormittag mehrere abgeschossene Drohnen. Es ist der erste ukrainische Drohnenangriff auf Moskau seit der ersten Maiwoche. Die Attacken hatten vor den Feiertagen um den 9. Mai herum zeitweise zu schweren Störungen im Flugverkehr geführt.
Wie die Flugaufsicht weiter mitteilte, wurde der Flugverkehr in Samara unterbrochen. Die Stadt liegt etwa 800 Kilometer südöstlich Moskaus beziehungsweise knapp 900 Kilometer östlich der ukrainisch-russischen Grenze.
In der Region Orjol südwestlich Moskaus wurde zudem nach Angaben der örtlichen Regierung das mobile Internet abgestellt. Die Entscheidung gehe auf das Militär zurück, teilte Gouverneur Andrej Klytschkow mit. Er sprach dabei von 20 Drohnen, die in der Nacht über der Region abgeschossen worden seien. Orjol liegt auf der Flugroute ukrainischer Drohnen beim Anflug auf Moskau. In den vergangenen Tagen kam es auch zu Einschränkungen des Mobilfunks in den Moskauer Nachbarregionen Wladimir und Tula.
Russland stößt in Region Donezk kilometerweit vor
Russische Truppen sind nördlich von Welyka Nowosilka in der Region Donezk in Richtung einer Schnellstraße vorgedrungen. Das meldet das Institute for the Study of War (ISW) in seinem täglichen Lagebericht (PDF) unter Berufung auf geolokalisierte Videos. Demnach sind die russischen Einheiten mehr als drei Kilometer weit in größtenteils unbewohntes Gebiet vorgerückt.
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Flugverkehr in Moskau wegen Drohnenangriff ausgesetzt
Wegen eines großen ukrainischen Drohnenangriffs auf Moskau ist nach Behördenangaben in der russischen Hauptstadt der Flugverkehr ausgesetzt worden. Russland habe seit Mitternacht mehr als 20 Drohnen abgefangen, die in Richtung Moskau geflogen seien, schrieb Bürgermeister Sergej Sobjanin bei Telegram.
Wie die russische Luftfahrtbehörde mitteilte, wurde der Flugverkehr auf mehreren Moskauer Flughäfen eingestellt. Auf dem wichtigsten Hauptflughafen Scheremetjewo sowie auf den Flughäfen Wnukowo, Domodedowo und Schukowskij sei jeweils ein Flugverbot verhängt worden.
Russland meldet 376 abgefangene Drohnen
Nach Angaben des russischen Verteidigungsministeriums hat die russische Luftabwehr gestern mindestens 376 ukrainische Drohnen abgefangen oder zerstört. Die meisten davon hätten sich über den westlichen Regionen Russlands an der Grenze zur Ukraine und über Zentralrussland befunden, schrieb das Ministerium auf Telegram. Einige seien nach Moskau unterwegs gewesen. Allein zwischen 20 Uhr und 23.50 Uhr seien 77 Drohnen abgeschossen worden.
Laut einer Mitteilung des ukrainischen Militärs haben ukrainische Drohnen die Halbleiterfabrik eines Zulieferers für russische Kampfflugzeug- und Raketenhersteller in der Region Oryol getroffen.
Ukraine kämpft laut Selenskyj weiter auf russischem Boden
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat Aussagen des russischen Staatschefs Wladimir Putin widersprochen, wonach das russische Gebiet Kursk vollständig unter Russlands Kontrolle sei. In einer Videobotschaft sagte Selenskyj, ukrainische Einheiten seien weiterhin auf russischem Gebiet aktiv, insbesondere in den Grenzregionen Kursk und Belgorod. Ziel dieser Operationen sei es, die nordostukrainischen Städte Sumy und Charkiw vor Angriffen zu schützen.
Auch ukrainische Militärbeobachter berichteten, dass in der Region Kursk noch einige wenige Quadratkilometer von ukrainischen Kräften gehalten werden. Die Lage in der Region Belgorod ist dagegen unklar. Ukrainische Truppen waren im Sommer 2024 nach Russland vorgestoßen.
Selenskyj sprach in seiner Videobotschaft zudem von schweren Gefechten an der Ostfront, darunter in der seit Monaten umkämpften Stadt Pokrowsk.
Drohnenangriffe stören Flugverkehr in Moskau
Ukrainische Drohnen haben den Flugverkehr in der russischen Hauptstadt Moskau gestört. Wie Bürgermeister Sergei Sobjanin über Telegram mitteilte, seien im Laufe des Tages mehrfach Drohnen im Umland der russischen Hauptstadt abgeschossen worden. Bis zum Abend seien es mehr als 27 Drohnen gewesen. Die Angaben ließen sich nicht unabhängig überprüfen.
Wegen der anhaltenden Gefahr sperrte die russische Luftfahrtbehörde Rossawiazija zeitweise die Flughäfen der Metropole. Besonders betroffen waren der größte Flughafen des Landes, Scheremetjewo, sowie Domodedowo und Schukowski. Laut Daten des Flugverfolgungsdienstes Flightradar24 mussten zahlreiche Maschinen mit Ziel Moskau ausweichen oder in Warteschleifen kreisen.
Merz sieht keine Hinweise auf rasches Ende des Ukrainekrieges
Bundeskanzler Friederich Merz geht nicht davon aus, dass der Krieg in der Ukraine bald enden wird. "Es gibt im Augenblick keine Zeichen dafür, dass dieser Krieg schnell endet", sagte er in Berlin. Man versuche auf diplomatischem Wege alles zu erreichen, was möglich ist. Der Vorschlag, dass der Papst vermitteln solle, sei "die letzte irdische Instanz", sagte der Kanzler. Man könne nur hoffen, dass es wenigstens dort gelinge, die Konfliktparteien zu einem konstruktiven Gespräch zusammenzubringen.
Angesichts der andauernden russischen Angriffe trotz aller diplomatischen Bemühungen sieht Merz aber wenig Grund zu Optimismus. "Das, was wir gegenwärtig in der Ukraine erleben, mit Russland erleben, lässt mich einigermaßen besorgt sein über die nächsten Tage, Wochen und vielleicht Monate", sagte der CDU-Politiker während des Tags der Bauindustrie in Berlin.
Ukraine hindert 50.000 wehrpflichtige Männer an der Flucht
Seit Kriegsbeginn hat der ukrainische Grenzschutz rund 49.000 wehrpflichtige Männer davon abgehalten, das Land zu verlassen. Nach Angaben des Sprechers der Behörde, Andrij Demtschenko, wurden gut 45.000 davon unmittelbar an der grünen Grenze oder bei Vorkontrollen im Grenzgebiet festgenommen. Die Übrigen seien an Grenzübergängen aufgehalten worden.
Zudem sollen fast 900 von Fluchthelfern organisierte Gruppen aufgedeckt worden sein. Nach Angaben von Demtschenko bezahlen die fluchtbereiten Männer umgerechnet zwischen 4.500 bis fast 11.000 Euro für die Hilfe beim Verlassen des Landes.
Nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine Ende Februar 2022 hat die ukrainische Regierung die Mobilmachung angeordnet. Wehrpflichtige Männer im Alter zwischen 18 und 60 Jahren dürfen nur mit einer Genehmigung des Kreiswehrersatzamtes ausreisen. Allein in den EU-Staaten sollen über 800.000 ukrainische Männer im wehrpflichtigen Alter nach ihrer Ausreise einen Schutzstatus erhalten haben.
Russland rückt an der Front bei Torezk vor
Rund um die umkämpfte Stadt Torezk haben russische Streitkräfte Gelände eingenommen. Das geht aus dem täglichen Lagebericht (PDF) des Institute for the Study of War (ISW) hervor. Geolokalisierte Videos zeigen demnach, dass russische Einheiten westlich der Stadt auf einer Schnellstraße und weiter nördlich bei Tschassiw Jar vorgerückt sind.
In der Region Sumy haben russische Truppen Gelände bei Loknja eingenommen. Das belegen geolokalisierte Videos ukrainischer Drohnenangriffe, wie das ISW berichtet.
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"Trump hat seine Verhandlungsposition falsch eingeschätzt"
Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius zufolge hat US-Präsident Donald Trump in den Verhandlungen um eine Beendigung des russischen Angriffskriegs in der Ukraine "seine Wirkmacht" überschätzt. "Er hat seine Verhandlungsposition falsch eingeschätzt, vermute ich", sagte der SPD-Politiker im Deutschlandfunk. Seine ohnehin schon geringen Erwartungen an das Gespräch Trumps mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin seien "unterboten worden", sagte Pistorius. Entscheidend sei nun, dass Trump zu der Erkenntnis komme, "dass es nicht so einfach ist, wie er sich das vorgestellt hat, und dass er möglicherweise auch mit anderen Instrumenten arbeiten muss".
Ob die USA sich jedoch an einem weiteren Sanktionspaket beteiligten, bleibe abzuwarten, sagte der Verteidigungsminister. Ein solches Paket müsse unter anderem auf die Finanzierung des russischen Krieges zielen: "Es fließt immer noch zu viel Geld in die russischen Staatskassen durch Energieverkäufe." Dies zurückzudrängen, könne "eine spürbare Verschlechterung der Situation" für Russland bewirken.
Angesprochen auf die schon jetzt hohen und laut Nato-Plänen weiter steigenden Rüstungsausgaben sagte Pistorius, die Ausgaben seien notwendig, um durch Abschreckung Krieg zu vermeiden. Mit Sozialleistungen und mit Bildung lasse sich Deutschland nicht verteidigen. Zwar könne man Diplomatie betreiben, "aber das kann man nur aus einer Position der Stärke heraus, die es der anderen Seite klarmacht: 'Eine Konfrontation militärischer Art geht für niemanden gut aus, also lass es lieber'", sagte der Minister.
„"Jetzt geht es darum, unsere Streitkräfte abschreckungsfähig zu machen und auch in den Stand zu versetzen, wenn es trotz Abschreckung zu einer militärischen Auseinandersetzung kommt, in dieser zu bestehen."“
Boris PistoriusLesen Sie hier mehr zu diesem Thema: