Fußball-Bundesliga-Relegation: FC Heidenheim v SV Elversberg - Zwei Zwerge ganz groß

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Relegation zur Fußball-Bundesliga Zwei Zwerge ganz groß

Wird Elversberg zum kleinsten Erstligisten der Bundesligageschichte? Zur Pause im Relegationsspiel sah es so aus, als würde dieses Fußballwunder wahr werden. Dann drehte Heidenheim auf.

22.05.2025, 22.38 Uhr

Heidenheims Paul Wanner im Duell mit Semih Şahin

Heidenheims Paul Wanner im Duell mit Semih Şahin

Foto:

Anna Szilagyi / EPA

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Lust statt Last: In Relegationsspielen ist der Druck, der auf den Fußballern ruht, oft kaum zu übersehen. Aber wer spürt Druck, wenn er eigentlich nur gewinnen kann? So wirkte es zumindest in Hälfte zwei dieses Duells zwischen Erstligist Heidenheim und Zweitligist Elversberg. Zwei Vereine, für die die Bundesliga keine Norm ist, sondern ein Geschenk.

Es vergingen kaum Minuten, ohne dass eine Mannschaft auf den Strafraum der anderen losstürmte. Allein zwischen der 57. und der 65. Minute gab es sechs Großchancen auf beiden Seiten. Und zwei Tore. Die aber nur auf der Seite.

Ergebnis: 2:2 (0:2) endete das Hinspiel der Bundesliga-Relegation. Die beiden Heidenheimer Treffer nach der Pause glichen den überraschend deutlichen Rückstand aus. Wer in der kommenden Saison in der ersten Liga spielt und wer in der zweiten, entscheidet sich am kommenden Montag im Rückspiel in Elversberg.

Eine andere Dimension: Von der »Dorfrelegation« wurde im Vorfeld der Partie gesprochen. Dabei wohnen in der Gemeinde Spiesen-Elversberg knapp 13.000 Menschen, es handelt sich also um eine Kleinstadt. Und Heidenheim ist sogar rund dreimal so groß. Aber es stimmt ja: Giganten sind diese Klubs nicht. Elversberg wäre im Aufstiegsfall sogar der kleinste Bundesligist der Geschichte. Aber: Finanziell trennen die beiden Klubs Welten. Elversbergs Etat beträgt zehn Millionen Euro, das ist kurios wenig für einen Fast-Aufsteiger. Aber Heidenheim hat 80 Millionen Euro zur Verfügung. Was die erste Halbzeit dieses Hinspiels noch eindrücklicher macht.

Das Tor, das niemand kommen sah: Elversbergs erster Treffer deutete sich vorher nicht an, er fiel so plötzlich, dass man beinahe erschrak. Sekunden zuvor ruhte das Spiel, Einwurf für Elversberg, und dann ging es ganz schnell, zwei, drei Kontakte, immer direkt, ohne Schnörkel. Dann: Der Schuss, das Tor. Heidenheim staunte. Der Erstligist lag zu Hause zurück. Man würde doch nicht an diesem größten aller Fußballzwerge scheitern?

 Direkt, ohne Schnörkel

Elversberger Torjubel: Direkt, ohne Schnörkel

Foto: Anna Szilagyi / EPA

Drei gegen fünf: Eigentlich war da gar kein Platz, aber Tom Zimmerschied entdeckte ihn trotzdem. Elversbergs Angreifer war am gegnerischen Strafraum am Ball, fünf Heidenheimer verteidigten dort, Zimmerschied fand aber nur zwei Teamkollegen bei sich. Trotzdem gelang es ihm, den Ball an den Bundesligabeinen vorbei zu Fisnik Asllani zu spielen, der dann aus der Strafraummitte zum 2:0 traf (42.). Elversberg zeichnet manche Stärke aus, der Spielwitz seiner Offensivspieler ist davon eine besondere.

Duell der Schmeichler: Die Trainer beider Teams sind für Profifußballverhältnisse lange im Amt, Horst Steffen in Elversberg seit 2018, Frank Schmidt in Heidenheim sogar seit 2007, und noch etwas haben sie gemeinsam: Sie überschütteten vor dem Spiel ihr Gegenüber mit Lob. Schmidt über Steffen: »Für mich ist er der Trainer des Jahres.« Steffen über Schmidt: »Für mich ist er der Trainer des Jahrzehnts.«

Heidenheimer Antwort

Heidenheimer Antwort

Foto: Thomas Kienzle / AFP

Die verrückte zweite Hälfte: Begann mit der Chance aufs 3:0, das Muhammed Damar verpasste. Und das war erst der Anfang. In der 57. Minute hielt Elversbergs Torhüter Nicolas Kristof einen Schuss von Paul Wanner, in der 59. schoss Teamkollege Mathias Honsak den Ball mit dem Rücken zum aus der Luft an die Latte, in der 60. Minute verfehlte Budu Zivzivadze das Tor. Durchatmen? Nicht in diesem Spiel: Wieder fehlte Elversbergs Damar ein bisschen was zum Tor, dann folgte Heidenheims Doppelschlag: Tim Siersleben staubte ab, nachdem SVE-Torwart Kristof einen Freistoß prallen ließ (62.); drei Minuten danach glich Honsak aus (65.).

Dem Sieg näher: War nach dieser erfolgreichen Aufholjagd nun Heidenheim. Allerdings: Die wirklich großen Chancen wurden nun viel seltener. Was auch daran gelegen haben dürfte, dass Heidenheim nicht durchgängig mit auf dem Energielevel der ersten 20 Minuten dieser Hälfte spielen konnte. Zumal die Saison lang war und Kraft gekostet hat.

Der Europafluch: Am 20. Februar unterlag Heidenheim in den Conference-League-Playoffs dem Kopenhagen, es war das Ende der wundersamen Europatournee. Und dieses Ende bedeutete einen Bruch in Heidenheims Saison: Es ging nun bergauf. Seit jenem 20. Februar holte das Team aus zwölf Ligaspielen 15 Punkte. Das entspricht jenem Punkteschnitt, der den Klub in der Vorsaison in den Europacup führte. Der Verdacht liegt nahe, dass die Belastung durch diese Europa-Teilnahme, physisch wie mental, ihren Tribut gefordert hat. Wie teuer das wird, zeigt sich am Montag, im Rückspiel in Elversberg.

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