Uerdingens "drohende Zahlungsunfähigkeit": Happy End nach chaotischen Wochen?

vor 19 Stunden 1

Der KFC Uerdingen 05 hat nach vielen Turbulenzen einen neuen Vorstand vorgestellt. Die vergangenen Wochen sind nicht spurlos am Verein vorbeigegangen. Und dann wären da ja noch die Altlasten aus längst vergangenen Tagen - ein analysierender Überblick.

 Uerdingens Vorsitzender Thomas Platzer

Bittet alle Beteiligten um Geduld: Uerdingens Vorsitzender Thomas Platzer IMAGO/DeFodi

Es gibt positive Nachrichten beim KFC Uerdingen - zumindest auf den ersten Blick. Der vom Vorsitzenden Thomas Platzer vorgeschlagene Vorstand wurde durch den Verwaltungsrat bestätigt. Während Sebastian Thißen und Andreas Scholten das zuvor kommissarisch arbeitende Gremium verlassen müssen, zieht sich auch Sportvorstand Adalet Güner zurück - Peter Kahstein und Dirk Röthig stoßen neu dazu.

Einen besonderen Fokus will Platzer, der seit Juli im Amt ist, in der Zukunft auf die Professionalisierung des Regionalligisten legen und erklärt: "Wir wissen, dass wir auf Herausforderungen stoßen werden, die nicht von heute auf morgen zu lösen sind. Doch wir sind zuversichtlich und arbeiten intensiv daran, einvernehmliche Lösungen für alle zu finden. Schon jetzt bitte ich alle, uns etwas Geduld entgegenzubringen."

Aufgeheizte Menge

Der 9. Spieltag war für den KFC Uerdingen mit einem 2:1-Sieg über Eintracht Hohkeppel gerade beendet, da ereigneten sich im Schatten der Grotenburg bereits Szenen, die in jedem Bereich symptomatisch die Probleme des Vereins aufzeigen. So versammelten sich an jenem 28. September die Ultras vor dem VIP-Zelt des Traditionsvereins und forderten die Anwesenheit des Vorsitzenden, ein Austausch war trotz dessen Bereitschaft nicht möglich. Zu gewaltsamen Übergriffen kam es nicht und doch wurde Platzer unter anderem als "Lügner" beschimpft - in erster Reihe der aufgeheizten Menge befanden sich der Fanbeauftragte sowie die Vorstände Thißen und Scholten. Ein Fanbeauftragter, der als Bindeglied zwischen Verein und Fans fungieren sollte, in diesem Fall aber lieber seiner Tätigkeit als Wortführer der Ultras nachging, und zwei Vorstände, die sich offen gegen den eigenen Vorsitzenden positionieren - die Spaltung in Verein und Vorstand wurde sichtbar.

Uns steht das Wasser bis zu den Ohrmuscheln.

Thomas Platzer, Vorsitzender des KFC, zur Lage seines Klubs

Während die Fraktion um Thißen und Scholten im Hintergrund an einer Ablösung Platzers arbeitete, im Zuge eines Fan-Treffens Teile der Fanszene mobilisierte und zudem nach kicker-Informationen auch einen wegen Betrugs verurteilten Ex-Vorsitzenden als Lösungsmöglichkeit in Betracht zog, gab Platzer drei Tage vor besagtem Vorfall am VIP-Zelt eine - gelinde ausgedrückt - überhastete Pressekonferenz. "Uns steht das Wasser bis zu den Ohrmuscheln", räumte der Vorsitzende in seiner authentisch-bayerischen Art schwere Probleme ein und stellte das neue Vorstandsmitglied Peter Kahstein vor - nur ein Beispiel der irreführenden Kommunikation.

Was zu diesem Zeitpunkt als Aufbruchssignal im Nebel der Negativ-Schlagzeilen dienen sollte, wurde durch den Verwaltungsrat erst anderthalb Wochen später bestätigt. Ähnlich auskunftsfreudig präsentierte Platzer am 29. September der Westdeutschen Zeitung sein Unternehmen "Gangbild" als neuen Trikotsponsor und verkündete damit eine Sponsoringsumme in Höhe von 300.000 Euro für die aktuelle Saison. Angesichts einer vom Verwaltungsrat bescheinigten "drohenden Zahlungsunfähigkeit" dringend benötigte finanzielle Mittel, doch offiziell verkündet hat der Verein diesen Schritt auch anderthalb Wochen später nicht. So würden schlicht die Unterschriften unter den Verträgen fehlen, erläutert Medienbeauftragter Kai Murek.

Schaden für die Glaubwürdigkeit

Platzers Kommunikationsverhalten schafft eine Angriffsfläche. Großspurige Ankündigungen aus naher und ferner Vergangenheit stehen wortkargen Antworten auf kritische Nachfragen gegenüber. Bereits seit Ende August ist Michél Dinzey nicht mehr der Sportliche Leiter des KFC, eine Bestätigung folgte Ende September widerwillig auf Nachfrage: "Warum sieht man jemanden nicht mehr, weil er nicht mehr kommt", erklärte Platzer und fügte hinzu, dass er die Freistellung nicht offiziell kommunizieren müsse.

So habe sich Dinzey nicht mehr wohlgefühlt, was dem ehemaligen Bundesliga-Spieler nur Minuten später eine ironische Reaktion in den sozialen Medien entlockte. Einvernehmlich war die Trennung nach kicker-Informationen nicht, zudem erklärte Dinzey auf Instagram im Gespräch mit Schiedsrichter Patrick Ittrich nur fünf Tage vor Platzers-Ausführungen trotz seiner Freistellung, dass ihm sein Job beim KFC nach wie vor großen Spaß bereite.

Angesichts großer Altlasten dürfte die Personalie Dinzey zwar schnell wieder vom Radar verschwunden sein, die Glaubwürdigkeit Platzers stärkt sie aber nicht. Vertrauen in den neu berufenen Vorstand, das dringend notwendig wäre, könnte verloren gehen. So schilderte Kahstein bei seiner Ankunft: "Wir haben die Bücher geöffnet und sind rückwärts umgefallen, als wir gesehen haben, was hier seit 15 Jahren läuft." Zur Abberufung Thißens und Scholtens, die bereits seit Jahren in verschiedenen Funktionen im Verein tätig waren, erklärt Platzer in diesem Zusammenhang nur kryptisch, dass sich die Vorwürfe bestätigt hätten.

Sportlich geht es für den Aufsteiger am Samstag mit einem Heimspiel gegen den SC Paderborn II weiter, abseits des Platzes werden die kommenden Wochen die Nachhaltigkeit Platzers Äußerungen zeigen - der KFC Uerdingen steht wieder einmal vor einem Neuanfang.

Tobias Parzonka

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