Er ist keiner, der laut ist. Keiner, der für Allüren steht. Vielleicht ist Eric Martel gerade deshalb der passende Kapitän dieser "pflegeleichten" deutschen U 21.

"Die Wahrheit liegt auf dem Platz": U-21-Nationalmannschafts-Kapitän Eric Martel. IMAGO/CTK Photo
Von der U-21-EM in der Slowakei berichten Tim Lüddecke und Michael Pfeifer
Wie es ist, eine Gruppe der ambitioniertesten Fußballer Deutschlands im Alter zwischen 19 und 23 zu orchestrieren, darüber verliert Eric Martel nicht allzu viele Worte. Er macht's einfach. "Ich bin jetzt keiner, der groß auffallen muss", sagt der Kapitän der deutschen U-21-Nationalmannschaft: "Ich versuche, immer mit Leistung voranzugehen und ein gutes Vorbild zu sein."
Dass von ihm keine "großen Reden" zu erwarten sind, wie der Profi des 1. FC Köln ausführt, dem ist sich auch Nationaltrainer Antonio Di Salvo nach eigener Aussage bewusst - dass er ihn trotzdem zu seinem offiziellen Anführer erkoren hat, hat womöglich ja auch damit zu tun, was Martel sonst noch so eben gerade nicht verkörpert: Allüren.
Die "pflegeleichte" deutsche U 21
"Also, ich bin da ganz locker", entgegnet der 23-Jährige, wenn man ihn nach etwaigen Hierarchie-Vorstellungen wie seiner persönlichen Ansprache im Team befragt. Dass er intern als "Capitano" firmieren würde, was es beim DFB ja durchaus schon gegeben haben soll, ist bei Martel gewiss nicht der Fall. Und auch sonst könne man mit ihm "normal reden", was jegliche Form von Anspruchsdenken betrifft.
Ohnehin findet der Mittelfeldspieler, sei es ja gar nicht unbedingt notwendig, dass man diese Ansammlung deutscher Toptalente in Sachen Mannschaftsführung besonders lenken müsste, so Martel: "Ich glaube, dass wir hier ein super harmonischer Haufen sind." Ein "sehr pflegeleichtes" Team. Was ja gut sein kann, wenn darunter der Leistungsgedanke nicht leidet. Und falls doch?
Martels Bedeutung als Anker und bei Standards
Dann würde Martel ja schon mal was sagen. "Egal, wie viel Spaß wir haben", betont er: "Die Wahrheit liegt dann natürlich auf dem Platz." Dort liegt ja auch in erster Linie der Wert Martels, auch in den bisherigen EM-Partien. Beim 4:2-Sieg gegen die Tschechen trat er gar als Torschütze in Erscheinung: Es war sein 3. Länderspieltor im 26. Einsatz für die U 21.
Eigentlich kommt dem Kölner in der deutschen Zentrale die Rolle als defensiver Anker zu, der Stabilität und Gleichgewicht sicherstellt, zum einen im Vergleich zu seinem Mitspieler auf der Doppelsechs, Rocco Reitz (oder alternativ auch Merlin Röhl; denen deutlich mehr an der spielerischen Struktur gelegen ist), und zum anderen zu all den anderen offensiven Könnern, die vor Martel noch so aufgeboten werden: Brajan Gruda, Paul Nebel, Nick Woltemade & Co. Dazu kommt seine Bedeutung für die defensiven und offensiven Standards.
Die "sehr ehrliche Art und Weise" mit Di Salvo
Das nötige Verantwortungsbewusstsein Martels als Gegengewicht bei der Statik des deutschen Spiels indes besteht auch in seiner Rolle als Kapitän. Sollte eben doch nicht alles so laufen wie gedacht, sähe er sich auch in der Pflicht, konkret weiter einzuwirken: "Mit Leistung, mit einer gewissen Körpersprache", oder indem er versucht, "die Jungs zu sensibilisieren, dass man sich einfach mehr konzentrieren soll in gewissen Übungen oder in den Spielsituationen", so Martel: "Um ihnen da einfach weiterzuhelfen."
Allein sei er in dieser Rolle indes nicht. In Reitz, Stammkeeper Noah Atubolu, Abwehrmann Max Rosenfelder und sicherlich auch Woltemade sieht Martel eine "Achse" von Spielern, die "schon eine längere Zeit dabei sind und die die Erfahrung haben, wie es hier abläuft". Auch der Austausch mit Di Salvo findet über diesen erweiterten Führungskreis statt: "Wir suchen das Gespräch mit dem Coach und er mit uns. Wir pflegen eine sehr ehrliche Art und Weise", erklärt der Kölner, der beim FC in sein letztes Vertragsjahr geht. Ein erstes Angebot von Vereinsseite zur Verlängerung liegt nach kicker-Informationen vor.
Martel: "Dann werde ich den Mund aufmachen"
Und trotzdem gebe es ja immer mal wieder auch andere Situationen, wie der Kapitän der DFB-Auswahl anmerkt, "wo vielleicht mal ein kurzer Ton von mir hilfreich ist". Laut werden musste Martel seiner Führungsfunktion bei der U 21 bislang noch nicht. Ausschließen, dass es dazu noch mal kommt, würde er zumindest aber nicht: "Und dann werde ich auch schon mal den Mund aufmachen. So ist es nicht."