Sieben EU-Staaten befürchten durch Klimastrafen Nachteile für die ohnehin angeschlagene europäische Autoindustrie. »Solche Strafen würden die Fähigkeit der Industrie, in Innovation und Entwicklung zu investieren, stark einschränken und damit die Wettbewerbsfähigkeit Europas auf der Weltbühne beeinträchtigen«, heißt es in dem von Italien, Polen, Österreich, Bulgarien, Tschechien, Rumänien und der Slowakei unterstützten Papier. Es bedürfe dringend einer neuen Bewertung der Vorgaben.
Nach derzeitiger EU-Gesetzeslage drohen Geldbußen für Autohersteller, wenn sie die sogenannten Flottengrenzwerte für den CO₂-Ausstoß überschreiten. Die Grenzwerte sollen 2025 strenger werden. Für zu viel ausgestoßenes CO₂ müssen Hersteller Strafe zahlen. In dem Papier der sieben EU-Staaten wird auf einen »pragmatischen Zeitplan für die Umsetzung« gedrängt.
Habeck offen für anderen Umgang mit Strafen
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sagte jüngst, er könne sich vorstellen, dass mögliche Strafzahlungen im Jahr 2025 mit einer Übererfüllung der CO₂-Quoten der Automobilkonzerne in den Jahren 2026 und 2027 verrechnet werden könnten.
FDP-Fraktionschef Christian Dürr sieht in Habecks Vorschlag eine Scheinlösung, da die Flottengrenzwerte auch in den kommenden Jahren nicht eingehalten würden.
Auf die Frage, warum Deutschland das Schreiben nicht ebenfalls unterstützt, sagte Staatssekretär Bernhard Kluttig am Rande eines EU-Wirtschaftsministertreffens in Brüssel: Es sei wichtig, dass die Automobilindustrie die Ziele auch erreiche. Der CSU-Europaabgeordnete und EVP-Fraktionschef Manfred Weber sagte dem »Focus«: »Wenn Jobs wackeln, so wie jetzt, kann der Staat die Konzerne nicht erheblich zur Kasse bitten.«
Angesichts trüber Aussichten auf dem EU-Automobilmarkt hatten im September bereits die Hersteller Lockerungen bei den CO₂-Grenzwerten gefordert. Der europäische Dachverband Acea verlangte in seiner Mitteilung »dringende« Unterstützung von der EU-Kommission. Acea vertritt 15 Autohersteller in der EU, darunter die BMW Group, die Volkswagen Group, Mercedes-Benz und Daimler Trucks.
Die Flottengrenzwerte legen einen Grenzwert für den CO₂-Ausstoß von Autos fest. Im Durchschnitt aller in der EU in einem Jahr zugelassenen Fahrzeuge darf dieser nicht überschritten werden. Derzeit liegt dieser Wert bei 115,1 Gramm CO₂ pro Kilometer pro Fahrzeug – gemessen anhand des sogenannten WLTP-Testverfahrens. Er soll 2025 auf 93,6 Gramm und 2030 auf 49,5 Gramm sinken. Für zu viel ausgestoßenes CO₂ müssen Hersteller entsprechend Strafen zahlen.