Streit mit AfD SPD darf Otto-Wels-Saal behalten
Die AfD hatte Anspruch auf den Otto-Wels-Sitzungssaal der SPD gestellt, diese wollte ihn nicht hergeben. Der Ältestenrat des Parlaments hat den Sozialdemokraten nun recht gegeben. Die AfD sieht sich als Opfer von Schikane.
22.05.2025, 15.33 Uhr

Otto-Wels-Saal im Reichstagsgebäude
Foto: Michael Kappeler / dpaDer monatelange Streit zwischen SPD und AfD um den Otto-Wels-Saal ist entschieden. Der Ältestenrat des Parlaments beschloss in Berlin mit Mehrheitsentscheidung, dass die AfD den ehemaligen Sitzungssaal der FDP-Fraktion bekommt. Die SPD-Fraktion kann ihren bisherigen Sitzungssaal – den Otto-Wels-Saal –, der deutlich größer ist, behalten. Auf ihn hatte die fast auf das Doppelte angewachsene AfD-Fraktion Anspruch erhoben.
Was verwaltungstechnisch klingt, ist in Berlin zu einem Politikum geworden. Die AfD hatte bei der Wahl Ende Februar 20,8 Prozent geholt. Jetzt sitzen 151 AfD-Abgeordnete im Bundestag, vorher waren es 77. Als zweitgrößte Fraktion habe man auch Anspruch auf den zweitgrößten Sitzungssaal im Parlament, argumentierte die Partei und verlangte einen Umzug in den Saal, den bisher die SPD nutzte, die seit der Wahl mit nur noch 120 Abgeordneten im Bundestag vertreten ist.
SPD: Brauchen als Regierungsfraktion den Platz
Die SPD argumentierte dagegen: Als Regierungsfraktion brauche man den Platz für Besucher aus den Ministerien und die direkte Nähe zum Koalitionspartner CDU/CSU – der Saal der Unionsfraktion liegt direkt neben dem SPD-Saal.
Er sei erleichtert über die Entscheidung des Ältestenrats, sagte der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Dirk Wiese. »Die Vorstellung, dass ausgerechnet die gesichert rechtsextreme AfD künftig in diesem Raum tagen sollte, war für meine Fraktion und mich und im Übrigen auch für die Familie von Otto Wels unerträglich.«
Die SPD hat ihren Saal nach SPD-Chef Otto Wels benannt, der im März 1933 in einer historischen Rede das Nein seiner Partei gegen das Ermächtigungsgesetz der Nationalsozialisten begründet hatte, mit dem die Demokratie zerstört und den Nazis alle Macht übertragen wurde.
Wiese habe zudem mit der Großnichte von Otto Wels telefoniert: Sie sei auch erleichtert.
Raum 3 S 001
Im Laufe der Debatte war allerdings auch klar geworden, den historischen Namen hätte die SPD gar nicht hergeben müssen. »Der offizielle Name des Saales lautet 3 S 001, nicht Otto-Wels-Saal«, teilte die Bundestagsverwaltung mit. Die SPD könnte demnach den Namen auch mitnehmen und einen anderen Sitzungssaal so nennen.
Vor wenigen Tagen, als sich abzeichnete, wie der Streit ausgehen würde, setzte sich die AfD-Fraktion medienwirksam probeweise in den ihr voraussichtlich zugewiesenen ehemaligen FDP-Saal, um zu zeigen, wie eng es sei. »T-Online« berichtete über empörte Ausrufe von Abgeordneten wie »Sardinenbüchse«. Es kam die Frage auf, ob Brand- und Arbeitsschutzvorgaben eingehalten würden. Von der Bundestagsverwaltung hieß es auf Nachfrage, der Bestuhlungsplan sei von einem Brandschutzgutachter geprüft und freigegeben worden.
Normalerweise einigen sich die Fraktionen über die Aufteilung der Räume im Bundestag. Weil das dieses Mal nicht passierte, kam es am Ende zur Abstimmung im zuständigen Ältestenrat, einem Gremium erfahrener Abgeordneter, das sich um Organisatorisches und Streitfragen kümmert. Die Sitze dort sind nach dem Stärkeverhältnis der Fraktionen verteilt. Die anderen Parteien entschieden dort mit ihrer Mehrheit gegen den Umzug der AfD in den bisherigen SPD-Sitzungssaal.
Kritik von und an der AfD
Die AfD reagierte mit scharfer Kritik. »Hier wird mit primitivsten Mitteln versucht, die stärkste Partei und größte Opposition zu schikanieren«, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer Stephan Brandner und sprach von einer »Schande für den Parlamentarismus«.
Der AfD-Politiker Bernd Baumann behauptete, der AfD würde die »Fähigkeit zur parlamentarischen Arbeit« genommen werden und stellte zudem eine Klage in Aussicht.
Aus anderen Parteien wurden die Behauptungen der AfD zurückgewiesen: Der von der AfD »inszenierte, überflüssige Raumstreit auf dem Niveau Große Kindergartengruppe« sei nun mit deutlicher Mehrheit endlich entschieden, sagte der Linkenpolitiker Christian Görke. »Für die AfD waren in den vergangenen Wochen Statusfragen um Raumgrößen wichtiger, als sich um die Probleme der Menschen zu kümmern.«
Dass die AfD nun sage, sie sei nicht mehr arbeitsfähig, rechnet der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion Wiese der »Selbstinszenierung der AfD als Opfer« zu. Es sei eine demokratische Entscheidung gewesen.
»Man muss nicht aus jedem Problem eine Opfergeschichte kreieren«, sagte auch Bundestagsvizepräsident Omid Nouripour (Grüne) zu »n-tv«. Der Grünenpolitiker ergänzte: »Für mich ist aber klar: Sollte eine Fraktion tatsächlich Schwierigkeiten mit einem Raum haben, werde ich als Vorsitzender der Bau- und Raumkommission selbstverständlich Lösungen anbieten.«