In einem Prüfverfahren wegen wettbewerbsrechtlicher Bedenken gegen den US-Hersteller Corning bittet die Europäische Kommission um Stellungnahmen zu den Verpflichtungszusagen des Unternehmens. Corning mit Sitz in der gleichnamigen Stadt im US-Bundesstaat New York ist ein weltweit führender Hersteller von Alkali-Aluminosilikatglas (Alkali-AS-Glas). Das ist eine spezielle Glasart, die vor allem als Abdeckung für Displays von tragbaren elektronischen Geräten wie Mobiltelefonen, Tablets oder Smartwatches verwendet wird. Corning vermarktet das Deckglas hauptsächlich unter der Marke "Gorilla Glass".
Am 6. November leitete die Kommission ein förmliches Prüfverfahren ein, wegen des Verdachts, "dass Corning den Wettbewerb auf dem Markt für Alkali-AS-Glas verfälscht haben könnte, indem es wettbewerbswidrige Exklusivlieferverträge mit Mobiltelefonherstellern und mit Unternehmen, die Rohglas verarbeiten, geschlossen hat", wie es in einer am Sonntag veröffentlichten Presseerklärung der EU-Kommission heißt. Nach der vorläufigen Beurteilung der Kommission hat Corning seine marktbeherrschende Stellung missbraucht und gegen EU-Recht verstoßen, indem es Wettbewerber von großen Marktsegmenten ausgeschlossen hat. Dadurch sei die Auswahl für die Kunden verringert, die Preise erhöht und Innovation zum Nachteil der Verbraucher unterdrückt worden, so der Vorwurf.
Hersteller bietet Selbstverpflichtungen an
Um die Bedenken der europäischen Wettbewerbshüter auszuräumen, hat Corning mehrere Verpflichtungen angeboten, darunter den Verzicht auf alle Ausschließlichkeitsklauseln in allen seinen derzeitigen und zukünftigen Vereinbarungen mit Mobiltelefonherstellern und Rohglas-Veredlern weltweit. Auch andere Vertragsklauseln, die Unternehmen an Corning binden und verlangen, mehr als 50 Prozent ihrer jeweiligen Nachfrage bei Corning zu kaufen oder ihre Lieferkette dazu veranlassen, diese zu kaufen, sollen demnach aufgeweicht werden. Bei der Durchsetzung seiner Patente im Zusammenhang mit bruchfestem Deckglas will Corning in Zukunft Klagen nur auf Patentverletzung und nicht auf Vertragsbruch stützen. Ferner verspricht das Unternehmen, keine Mechanismen wie Vertragsstrafen einzusetzen, um seine Patentansprüche zu untermauern. Die von Corning angebotenen Verpflichtungen sollen weltweit und für einen Zeitraum von neun Jahren gelten. Die EU-Kommission hat den vollständigen Wortlaut der Verpflichtungszusagen auf der Wettbewerbs-Website der Kommission veröffentlicht und "fordert alle interessierten Parteien auf, innerhalb von sechs Wochen nach Veröffentlichung einer Zusammenfassung der vorgeschlagenen Verpflichtungszusagen im Amtsblatt der EU ihre Stellungnahme abzugeben".
Sollten diese Stellungnahmen ergeben, dass die Verpflichtungen geeignet sind, die Wettbewerbsbedenken der Kommission auszuräumen, kann die Kommission diese Verpflichtungen für Corning rechtsverbindlich festlegen. Das Unternehmen wäre dann rechtlich verpflichtet, die angebotenen Verpflichtungen einzuhalten. Im Falle von Verstößen könnte die Kommission eine Geldbuße von bis zu zehn Prozent des weltweiten Umsatzes des Unternehmens verhängen.
(akn)