Schutz vor Extremwetter in Deutschland: Selbst in der Ampel sieht man noch Defizite

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Überschwemmungen, Tornados, umgestürzte Bäume und Strommasten, Tote: Die Bilder von Hurrikan „Milton“ aus den USA schockieren. Hierzulande schließen Meteorologen Hurrikans wegen kühlerer Wassertemperaturen zwar vorerst aus, doch die Zahl der Extremwetterereignisse wird Experten zufolge auch in Deutschland weiter zunehmen. Die Bundesregierung alarmiert das.

Wie groß der Handlungsbedarf ist, zeigte sich zuletzt nach dem Starkregen und dem darauf folgenden Hochwasser im September, das vor allem in Österreich, Polen, Rumänien und Tschechien große Schäden anrichtete. „Als Folge der Klimaveränderung sind derartige Hochwasser kein Jahrhundertereignis mehr, sie werden zu einer neuen Realität“, heißt es in einem Papier des Umweltministeriums.

Dort hat man deshalb unlängst den Entwurf eines neuen Hochwasserschutzgesetzes vorgelegt. Damit sollen Gemeinden verpflichtet werden, Konzepte zum Schutz vor Starkregen zu erarbeiten. Zudem soll Infrastruktur sicherer und der Bau von Hochwasserschutzanlagen beschleunigt werden. Das Gesetz befindet sich aktuell in der Ressortabstimmung. Im Umweltministerium von Ministerin Steffi Lemke (Grüne) hofft man, dass es vor Ende der Legislaturperiode in Kraft treten kann.

Die Finanzierungsfrage ist bislang völlig unzureichend geklärt.

CDU-Politiker Steffen Bilger kritisiert die Details der Klimaanpassungsstrategie.

Bereits beschlossen hat die Ampel im Sommer das Klimaanpassungsgesetz, das die Bundesländer verpflichtet, sich auf Hitze und Starkregen systematisch vorzubereiten. Ein Entwurf einer Klimaanpassungsstrategie wurde zudem vorgestellt.

Der Opposition geht das nicht schnell genug. Die Anpassung an den Klimawandel müsse auf der politischen Agenda oben stehen, sagt Steffen Bilger, stellvertretender Fraktionsvorsitzender von CDU/CSU. „Unverständlich ist, dass die Ampel das Thema mit so wenig Ehrgeiz angeht und erst Ende des Jahres nach drei Jahren Regierungszeit eine Klimaanpassungsstrategie verabschieden will. Auch die Finanzierungsfrage ist bislang völlig unzureichend geklärt“, sagte er dem Tagesspiegel.

Selbst in der Koalition räumt man Versäumnisse ein: „Deutschland macht sich gerade erst auf den Weg, das Bewusstsein für solche neuen Realitäten zu schärfen“, sagte FDP-Politiker Muhanad Al-Halak, Berichterstatter für Wasserpolitik und Klimaanpassung. Es brauche dringend das neue Hochwasserschutzgesetz, sagte Al-Halak, der jedoch die Idee von Neubau-Verboten in besonderen Gefahrenbereichen ablehnt.

Ein Vorbild beim Schutz vor Starkregen könne die Stadt Göttingen sein, findet Al-Halak. Dort könnten Bürger ihre Grundstücke mithilfe einer Software auf das individuelle Überflutungsrisiko überprüfen lassen. Dabei würden Niederschlagsdaten, Topografie und Schichtenwasser im Untergrund bewertet. „So kann punktgenau errechnet werden, welche Teile des Grundstücks wie heftig von Starkregen und Überschwemmung betroffen sein werden.“

Es gibt also viele Ideen – doch umgesetzt ist davon bislang wenig. Prävention sei immer kostengünstiger als Noteinsätze, Wiederaufbau und Versicherungsschäden, sagt auch Al-Halak. Nur, die Zeit läuft der Ampel davon. Nicht nur politisch.

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