Miron Muslic will, dass seine Mannschaft im Sinne eines aggressiven Pressings hoch steht, das aber kann schnell nach hinten losgehen. Schalkes neuer Trainer erklärt, wie er darüber denkt.

Timo Becker ist eine zentrale Figur in der Abwehr von Trainer Miron Muslic (re). IMAGO/RHR-Foto
Schon in der Vorsaison hatte sich bei Schalkes Gegnern das Rezept schnell herumgesprochen: Mit langen Bällen in die Schnittstellen hatte die Verteidigung enorme Schwierigkeiten, auf diese Weise fielen regelmäßig Tore - unterm Strich 60 Gegentreffer waren es in der Saison 2023/24, sogar 62 in der darauffolgenden Spielzeit. Weder Karel Geraerts noch sein Nachfolger Kees van Wonderen fanden probate Mittel gegen diese ebenso simple wie effiziente Vorgehensweise der Konkurrenz.
FC Sevilla war "kein Gradmesser"
Miron Muslic ist es bislang nicht gelungen, das Problem in den Griff zu bekommen, das wurde vor allem beim 2:4 gegen den FC Sevilla deutlich. Wobei der Coach zur Verteidigung seines Teams anmerkte, dass der spielstarke spanische Erstligist für ihn "kein Gradmesser" gewesen sei: "Zum Glück werden wir nicht jede Woche gegen Sevilla spielen."
Er betonte, dass seine Mannschaft "in der ersten Hälfte zu viel Respekt gezeigt" habe. In der Pause hätte man sich daran erinnert, "dass wir das viel mutiger angehen können" - mit dem Resultat, dass Muslic "die Reaktion gut gefallen" hat.
Fakt ist: Der Spielstil unter dem neuen Trainer lädt die Gegner sogar noch mehr dazu ein, die letzte Schalker Reihe mit langen Bällen zu übertölpeln. Denn Muslic fordert von seinem Team ausdrücklich eine hohe Linie - im Sinne eines aggressiven Pressings. Gelingt der Ballgewinn aber nicht, wird es schnell gefährlich. Nach eigener Aussage betrachtet der Coach die noch bestehenden Probleme "sehr entspannt".
Mit Blick auf die verpatzte Generalprobe gegen Sevilla verwies der 42-Jährige darauf, dass Schalke "ein paar Stunden vor dem Anpfiff" und dann sogar noch einmal im Verlauf der Partie "die komplette Defensivstruktur ändern" musste: Vitalie Becker und Mertcan Ayhan standen gegen den FC Sevilla - nach offiziellen Angaben aus Gründen der Belastungssteuerung - von vornherein nicht zur Verfügung.
Keine Gehirnerschütterung bei Katic
Nikola Katic verletzte sich im ersten Durchgang am Kopf, er verließ wenige Augenblicke vor dem Pausenpfiff das Feld, der Anfangsverdacht einer Gehirnerschütterung bestätigte sich über Nacht nicht. Sein Einsatz am Freitag gegen Hertha BSC scheint aktuell ebenso möglich wie der von Timo Becker, der gegen Sevilla trotz Knöchelproblemen Verantwortung übernahm.
Grundsätzlich jedoch gilt festzuhalten: Die Dreierabwehrkette, die Muslic vom ersten Tag an einstudieren lässt, scheint in ihren Abläufen noch nicht gefestigt genug. Wie auch: Mit den Sommerzugängen Becker und Katic sind zwei Drittel des Dreierverbunds erst seit wenigen Wochen im Verein, links besteht weiterhin eine personelle Lücke, in den vergangenen Wochen hauptsächlich gefüllt von Talent Mertcan Ayhan.
Kader muss weiter verkleinert werden
Schalke sucht nach Zuwachs für diese Position, die Kaderverantwortlichen können aber so lange nicht tätig werden, bis weitere Spieler den Klub verlassen haben. Der Kader ist derzeit zu groß, um zusätzliche Kräfte aufnehmen zu können, vor allem aber muss erst einmal wieder Budget freiwerden.
Toni Lieto