Sandhausen taumelt Richtung Bedeutungslosigkeit

vor 2 Stunden 1

Nach der Pleite gegen Schlusslicht Balingen steckt der SV Sandhausen tiefer denn je in der Krise. Der Rückstand auf Platz 1 wächst, die Spielidee greift nicht - und Fans fürchten bereits den Fall in die Oberliga. Trainer Janßen bleibt dennoch kämpferisch.

 Sandhausen rutscht gefährlich nahe an den Abgrund.

Enttäuschung nach dem 1:2 gegen Balingen: Sandhausen rutscht gefährlich nahe an den Abgrund. IMAGO/foto2press

"Abenteuerlich", sagt Olaf Janßen, "abenteuerlich" sei die Vorstellung, der SV Sandhausen könnte bereits in dieser Saison die Drittliga-Rückkehr schaffen. Durch die 1:2-Niederlage gegen die TSG Balingen ist der Rückstand zum SGV Freiberg auf 14 Punkte angewachsen. Zwölf weitere Mannschaften stehen zwischen dem Tabellenführer und dem ehemaligen Zweitligisten. Schon reden die Fans, deren Gefühle - wie man weiß - stark schwanken, von der Oberliga. Es ist die Klasse, der der Verein die längste Zeit seiner 109-jährigen Geschichte angehörte.

Der renommierte Trainer läuft Gefahr den anfänglichen Status als Heilsbringer zu verlieren. Es gibt Kritik am System. Sandhausen, das mit Dreierkette verteidigt, musste in sieben Spielen bereits 16 Gegentore hinnehmen.

Tatsache ist: Die Regionalliga wurde unterschätzt. Nur beim 3:1 beim Bahlinger SC konnten die Kurpfälzer den von ihrem Trainer verordneten Ballbesitz-Fußball durchsetzen. Das 0:4 beim Nachbarn FC-Astoria Walldorf war eine Demütigung. Gegen die TSG Balingen wurde es noch schlimmer. Die Schwaben, als Letzter angereist, hatten nach einem Platzverweis für Torwart Elvin Kovac über eine Stunde lang einen Spieler weniger auf dem Rasen.

Ihr Erfolgsrezept war verblüffend einfach: Spielerisch ebenbürtig, investierten die "Amateure" - die meisten gehen noch einem Beruf nach - gegen die Profis mehr Einsatz. Es gab - natürlich - Pfiffe von den immerhin noch knapp 2.000 Zuschauern. Doch Janßen verbat sich entschieden den naheliegenden Verdacht, die Einstellung habe nicht gestimmt.

Wir kommen kaum zum Trainieren. Dabei wäre das bei der neuen Mannschaft wichtig

Auch Pascal Testroet, schwört Stein und Bein, dass es nicht am fehlenden guten Willen liegt. Der 34-jährige Kapitän, mit vier Saisontoren im Soll, beklagt die große Belastung. 15 Spiele stehen für den SV Sandhausen zwischen Anfang August und Anfang Oktober auf dem Programm. Der badische Pokal, wo Rekord-Gewinner Sandhausen seinen 15. Titel anstrebt, beschert zahlreiche "englische Wochen". "Wir kommen kaum zum Trainieren. Dabei wäre das bei der neuen Mannschaft wichtig", sagt Testroet.

Mit dem 31 Jahre alten, 115-maligen Zweitliga-Profi Robin Krauße von Eintracht Braunschweig und dem 23-jährigen Torwart Lukas Schneller vom FC Bayern München II kamen kurz vor Transferschluss die Neuzugänge 24 und 25. Die Absicht, die Konkurrenz-Situation zu verschärfen, war gut gemeint. Doch prompt machte die Nummer 1 Arthur Lyska einen Fehler, der zum spielentscheidenden 0:2 führte.

Zudem setzte sich das Verletzungspech fort. Dennis Pfaffenroth erlitt durch die Kamikaze-Attacke von Torwart Kovac einen Mittelfußbruch und fällt lange aus. Zeitweise standen Janßen nur 14 Feldspieler zur Verfügung.

Janßen wäre nicht Janßen, würde er nicht auch Positives sehen. Rückschläge seien auch heilsam. Jeder müsse nun kapieren, wie schwer es werden würde. Aber das Projekt sei langfristig angelegt. Über seine Vertragsdauer will der 58 Jahre alte Fußballlehrer keine Auskunft geben. Auch Testroet, der Kopf der Mannschaft, verweigert konkrete Einblicke. Nur so viel: "Ich liebe es, in Sandhausen zu sein." Manchmal wird Liebe auf eine harte Probe gestellt.

Wolfgang Brück

Gesamten Artikel lesen