Polar-Mission von 1845: Kannibalismus-Opfer der Franklin-Expedition identifiziert

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Die Geschichte der Franklin-Expedition fasziniert viele bis heute: 1845 brach der britische Polarforscher John Franklin mit der HMS »Terror« und der HMS »Erebus« auf, um die damals legendäre Nordwestpassage zu finden. Von den 129 Männern, die zur Expedition aufgebrochen waren, kehrte keiner zurück – doch ihr genaues Schicksal gibt bis heute Rätsel auf.

Mithilfe moderner DNA-Analysen identifizierten kanadische Forscher nun die Skelettüberreste eines Crewmitglieds, des 1. Offiziers auf der HMS »Erebus«, Captain James Fitzjames. Er ist erst die zweite identifizierte Person der Expedition – und laut den Angaben die erste, die nun als sicheres Opfer von Kannibalismus gelten kann. Das Team veröffentlichte seine Erkenntnisse kürzlich in einer Studie  in der Fachzeitschrift »Journal of Archaeological Science«.

Die lange verschollenen Wracks der Expeditionsschiffe waren erst in den vergangenen Jahren gefunden worden: 2014 das Wrack der HMS »Erebus« vor der kanadischen Adelaide-Halbinsel; 2016 wurde das Wrack der HMS »Terror« in einer Bucht der King-William-Insel, gut 250 Kilometer nördlich des Polarkreises, entdeckt. Auf der King-William-Insel und der Adelaide-Halbinsel waren in den vergangenen Jahrzehnten bereits menschliche Skelettüberreste von vielen der Seeleute gefunden worden, die zwischen 1845 und 1848 offenbar vergeblich versuchten, aus der Arktis zu fliehen.

2021 identifizierte das Forschungsteam die erste Person mittels einer DNA-Analyse, den Warrant Officer John Gregory. Nun gelang ihnen das mit derselben Methode ein zweites Mal. Dazu analysierte das Team einen Backenzahn aus einem Unterkiefer aus Funden von der King-William-Insel. Mithilfe von DNA-Proben eines Nachkommen von James Fitzjames konnten die Skelettüberreste ihm zugeordnet werden.

Schon vorher waren am nun zugeordneten Unterkiefer mehrere Schnittspuren festgestellt worden, die auf ein Kannibalisieren des Körpers hinweisen. Dass es unter den ums Überleben kämpfenden Seeleuten zu Kannibalismus gekommen war, war lange bekannt – dem schottischen Arktisforscher John Rae, der Jahre später in der Gegend unterwegs war, hatten Inuit davon berichtet. In der englischen Öffentlichkeit zur Mitte des 19. Jahrhunderts hatte die Nachricht, die Überlebenden der Franklin-Expedition seien zu Kannibalen geworden, für großes Aufsehen gesorgt.

Die jetzigen Erkenntnisse belegten, so die Forscher in der Studie, dass einige der letzten Überlebenden dieser Fundstelle ihr Leben zu retten versuchten, indem sie Teile des Körpers von Fitzjames und Körper von mehreren anderen Seeleuten verzehrten. Dies zeige, »dass in den letzten verzweifelten Tagen der Expedition, als sie um ihr eigenes Leben kämpften, weder Rang noch Status das bestimmende Prinzip waren«.

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