Mindestens viermal hat ein Polizist auf einen 21-Jährigen in Oldenburg geschossen, der wenig später starb. Das ist das Ergebnis der Obduktion. Der junge Mann war in der Nacht zu Ostersonntag durch die Schüsse lebensgefährlich verletzt worden und im Krankenhaus gestorben.
Aus den nun veröffentlichten Obduktionsergebnissen geht hervor, dass es Schussverletzungen an der Hüfte, am Oberkörper und am Kopf gibt. Drei Schüsse trafen den Getöteten von hinten. Ein vierter Schuss soll ihn am Oberschenkel gestreift haben.
Innenministerin Behrens: »Es gilt die Unschuldsvermutung«
Niedersachsens Innenministerin Daniela Behrens (SPD) sagte: »Die Obduktionsergebnisse werfen schwerwiegende Fragen und verheerende Vorwürfe auf, die im Rahmen der weiteren Ermittlungen schonungslos beantwortet und aufgeklärt werden müssen.« Doch wie in jedem rechtsstaatlichen Verfahren gelte auch in diesem Fall die Unschuldsvermutung.
Nicht nur Angehörige und Freunde des Toten, sondern auch viele Bürgerinnen und Bürger wünschten sich Antworten, sagte der Oldenburger Polizeipräsident Andreas Sagehorn. Das sei emotional verständlich, doch zunächst müssten die Hintergründe lückenlos aufgearbeitet werden. Er habe dabei volles Vertrauen in die Staatsanwaltschaft.
Streit vor Diskothek eskaliert
Zur Aufklärung würden Zeugen befragt und sämtliche Spuren ausgewertet, sagte Sagehorn. »Öffentlich wird sich die Polizei nicht zum laufenden Verfahren äußern, um die sorgfältige und professionelle Ermittlungsarbeit nicht zu gefährden.«
Bevor der Polizist auf den 21-Jährigen schoss, soll der junge Deutsche an der Tür einer Diskothek abgewiesen worden sein. Daraufhin habe er Reizgas versprüht und mehrere Menschen leicht verletzt. Das berichten mehrere Medien übereinstimmend. Danach sei er geflohen, einige Menschen liefen ihm hinterher. Nach Polizeiangaben brachen sie die Verfolgung ab, weil der Mann mit einem Messer gedroht haben soll. Belege dafür, dass der Mann ein Messer bei sich gehabt hat, gibt es bislang keine.
Als Streifenpolizisten den 21-Jährigen stellen wollten, ging er laut Polizei bedrohlich auf die Beamten zu und sprühte Reizgas in ihre Richtung. Dann schoss ein 27-jähriger Polizist mit seiner Dienstwaffe. Den Angaben zufolge wurde der 21-Jährige mehrfach getroffen. Der Polizist sei durch das Reizgas verletzt worden, hieß es.
Der 27-Jährige wurde nach Angaben der Staatsanwaltschaft vom Dienst suspendiert. Dies sei in solchen Fällen üblich, teilte eine Sprecherin mit. Gegen ihn läuft nun ein Verfahren wegen des Verdachts des Totschlags. Auch dies sei in solchen Fällen üblich. Es gehe darum, ob die Verhältnismäßigkeit gewahrt worden sei. Für den Einsatz der Schusswaffe gibt es klare gesetzliche Vorgaben. Sie dürfe in einer Notwehr- oder Nothilfesituation genutzt werden.
Das Verfahren wird von der Staatsanwaltschaft Oldenburg geführt. Aus Neutralitätsgründen ermittelt nicht die Oldenburger Polizei, sondern die Polizei Delmenhorst. Dort war 2021 ebenfalls ein 19-Jähriger in Polizeigewahrsam gestorben.